„Kommunikation und Integration der unterschiedlichen Disziplinen innerhalb eines Unternehmens werden immer wichtiger !“
Peter Ippolito vom Gestaltungsbüro Ippolito Fleitz über Planungsprozesse für eine moderne Arbeitswelt, www.ifgroup.org
DBZ: Als Sie von Schlaich Bergermann und Partner zur Planung der neuen Büroräumlichkeiten beauftragt wurden, gab es von Vermieterseite bereits ein fertiges Gebäudekonzept. Welche Konsequenzen ergaben sich daraus für Sie?
Peter Ippolito: Als wir hinzukamen, war die Fassade ausgeschrieben und vergeben, und auch die Haustechnikplanung war weit fortgeschritten. Also mussten wir uns schnell an die Arbeit machen, um gerade noch rechtzeitig die relevanten Schnittstellen klären zu können. Bis zu diesem Zeitpunkt war außerdem die Aufteilung des Gebäudes in mehrere unabhängige Mieteinheiten geplant, während wir nur für einen Gesamtmieter zu planen hatten.
DBZ: Das Stuttgarter Ingenieurbüro ist bekannt für seine kreative, interdisziplinäre und teambezogene Arbeit – nicht zuletzt auch mit Architekten. Inwiefern haben sich die Ingenieure an der Planung für dieses Gebäude beteiligt?
PI: Die einzige bauliche Beteiligung gab es bei der neuen Eingangstreppe zwischen Erdgeschoss und 1. OG. Nicht zuletzt, weil es sich hierbei um das erste Bauteil handelt, mit dem Besucher in Berührung kommen, war uns schnell klar, dass die Treppe prädestiniert dafür war, von den Ingenieuren selbst geplant zu werden. Daraufhin schrieb das Büro einen internen Wettbewerb aus, der schließlich zu dieser eleganten freischwebenden Treppe geführt hat. Den Raum darum herum haben dann wieder wir geplant.
DBZ: Hatten Sie bei der Innenraumgestaltung freie Hand?
PI: Unsere Entwürfe sind als Prozess angelegt, der in enger Abstimmung mit dem Kunden abläuft. Gerade bei Arbeitswelten nützt der schönste Entwurf nichts, wenn es nicht gelingt, die Mitarbeiter „mitzunehmen“. Das gilt vor allem dann, wenn sie – wie in diesem Fall – aus einer Gründerzeitvilla mit einzelnen Zimmern in ein Gebäude der 1970er-Jahre mit einer eher offenen Bürolandschaft umziehen.
DBZ: Gab es diesbezüglich seitens der Mitarbeiter Vorbehalte?
PI: Bei Veränderungen wie diesen tauchen immer wieder die gleichen Fragen auf: Bietet eine offene Bürolandschaft genügend Privatsphäre? Ist es dort zu laut? Ist es überhaupt möglich, sich zu konzentrieren? Das sind zutiefst menschliche Reaktionen. Gleichzeitig ist aber der Mehrwert einer kommunikativeren Bürogestaltung offensichtlich. Wenn es gelingt, genügend Rückzugsmöglichkeiten und Privatsphäre zu schaffen, steigt durch den Austausch mit Kollegen und die Freiheiten, die Bürolandschaften bieten, letztlich auch das Wohlbefinden der Menschen. Bei diesem Projekt kam noch hinzu, dass es nicht nur um einen Umzug, sondern die Zusammenführung mehrerer Bürostandorte ging. Das zeigt, dass die Kommunikation und die Integration der unterschiedlichen Disziplinen innerhalb eines Unternehmens immer wichtiger werden.
DBZ: Nach welchen Grundsätzen verlief die Planung für den offenen Bereich im 1. OG?
PI: Angesichts der vorhandenen Gebäudestruktur – eine große „Empfangsetage“ und fünf darüber liegende, identische Bürogeschosse – sind wir gemeinsam relativ schnell zum Schluss gekommen, in dieser Ebene einen großen Kommunikations- und Begegnungsort zu schaffen. Aufgabe dieses Ortes ist es, den Austausch nicht nur innerhalb der Projektgruppen, sondern darüber hinaus herzustellen. Es ging also darum, Mitarbeiter, die gar nicht zusammenarbeiten zusammenzubringen – nach dem Grundsatz, dass Menschen in unterschiedlichen Situationen, unterschiedliche Ort aufsuchen. Wer sich mit dem Notebook eine Stunde lang zurückziehen will, setzt sich vielleicht in einen der Ohrensessel. Wer sich in entspannter Atmosphäre in Ruhe mit einem Besucher besprechen möchte, nutzt die Besprechungsinsel. Und wieder andere brauchen nur eine kurze Espressopause mit Kollegen am Stehtisch. Ähnlich wie in der Gastronomie oder Hotellerie stellen wir für unterschiedliche Situation unterschiedliche Raumangebote bereit. Unsere Arbeitswelt hat sich verändert. Standardisierte Arbeitsplätze gehören der Vergangenheit an. Hier kann jeder arbeiten wo er will. Trotzdem hat der Raum die Flexibilität, bei Bedarf informeller oder formeller Veranstaltungsort für 120 Personen zu sein.
DBZ: Gibt es gestalterische Merkmale, die dieses Büro als Ingenieurbüro kennzeichnen?
PI: In erster Linie entspricht unser Konzept den Bedürfnissen des Auftraggebers. Und da spielt Gestaltung zunächst einmal keine Rolle, wenngleich die Ingenieure eine dezidiert lebendige und einladende Atmosphäre als Ziel vor Augen hatten. Wir haben versucht, eine Gestaltungs- und Materialsprache zu entwickeln, die davon erzählt, sich in einem Ingenieurbüro zu befinden. In den Büroetagen stehen die klaren Strukturen der Glaswände, der kreuzförmigen Schränke oder der Akustikdecken aus Aluminium versinnbildlichend für Dinge wie Präzision, Strukturiertheit, Geradlinigkeit, Kreativität oder Querdenken. Und in Bezug auf die Farben dominieren zurückhaltende, eher metallisch konstruktiv anmutende Farbtöne – wie etwa bei der akustisch wirksamen Polsterung der Betonstützen, die durch ihre Lochung ein wenig an den Dachhimmel eines Autos erinnert. Um vordergründiges Repräsentieren ging es jedenfalls zu keinem Zeitpunkt.
DBZ: Welche Herausforderungen gab es in Bezug auf die alte Bausubstanz?
PI: Das Gebäude verfügt über eine Menge von Qualitäten: Es gibt klare konstruktive Strukturen, niedrige Fensterbrüstungen, große Fenster, eine fantastische städtebauliche Lage und einen wunderbaren Blick aus den oberen Geschossen über ganz Stuttgart. Zu kämpfen hatten wir aber um jeden Zentimeter Raumhöhe. So mussten wir auf die Flexibilität eines Hohlraumbodens verzichten, und stattdessen die Lage aller Leitungen sehr genau in Form von Schlitzen im Beton planen. Intensiv beschäftigt haben wir uns mit der Deckengestaltung, um dadurch die Räume optisch höher erscheinen zu lassen – beispielsweise durch die Aluminium-Akustikdecken, deren glänzende Oberflächen einfallendes Tageslicht, aber auch andere weiße Flächen reflektieren und damit die Innenräume aufhellen. Dann gibt es noch das Stützenraster, der für die Gliederung zeitgemäßer Büroflächen nicht gerade ideal ist, und die Tatsache, dass in den Büroebenen sämtliche Versorgungsleitungen in Raummitte verlaufen, was alternative Erschließungskonzepte als den zentralen Mittelgang verhinderte.
DBZ: Stand Ihnen ein „normales“ Budget zur Verfügung oder konnten Sie „aus dem Vollen schöpfen“?
PI: Das Budget befand sich in der Mitte dessen, was wir auch sonst für moderne Arbeitswelten benötigen. Für Kreativagentur könnte man mit ausgefallenen Lösungen vielleicht noch etwas einsparen. Würde man hingegen Parkett statt des verwendeten mineralischen Estrichs oder des Teppichs verwenden, erreichte man gleich ganz andere Preisregionen.