Komplexe Containerstruktur Früchte Farm in Shanghai/ROC
China gerät immer wieder durch verschiedene Lebensmittelskandale in die Medien. Tony Zhang begann als Gründer einer sehr erfolgreichen Restaurantkette, die für seine Essensqualität bekannt war, bevor er sich
auf den biologischen Anbau von Gemüse konzentrierte. Der Direktverkauf an Privatpersonen, Hotels und Restaurants und sein Anspruch die Lebensmittel frisch, noch am Tag der Ernte an seine Kunden liefern zu können ist ein Erfolgsrezept.
Idee Container
In einem Art Bewerbungsverfahren skizzierte Playze die Idee aus recycelten Transportcontainern ein modulares und erweiterbares Gebäude für die Farm zu errichten.
Als Teil eines von Tony Zhang beworbenen Organic Lifestyle-Konzepts, sollte das Ge-bäude selbst aus wiederverwerteten oder wiederverwertbaren Materialien bestehen und die graue Energie des Gebäudes so weit wie möglich reduziert werden. Die ursprüngliche Idee der Verwendung von recycelten Containern musste aber aufgrund deren schlechten Zustandes und dem Mangel an zur Verfügung stehenden Containern fallen gelassen werden. Das Hauptargument gegen recycelte Container war allerdings, dass durch den Umbau und die Anpassungen zu viel Material und Abfall angefallen wäre.
Aus diesen Gründen wurden letztlich die einzelnen Containermodule direkt mit einer Containerfirma produziert.
Das modulare System der Container erwies sich als ausgezeichnete Wahl, da noch zum Zeitpunkt der Ausführung weitere Einheiten hinzugefügt werden konnten, um den räumlichen Notwendigkeiten des schnell wachsenden Unternehmens gerecht zu werden.
Raumkonzept
Das Projekt besteht aus zwei Teilen: einerseits aus einer Gruppe niedriger 20- bzw. 40- Fuß Container unter dem bereits existierenden Hallendach, die die Büroräumlichkeiten für die Verwaltung des Unternehmens bilden und andererseits aus dem Zubau, der mit der höheren Variante, den 20- oder 40- Fuß High Cube-Containern, ausgeführt wurde. Letzterer dient als Rezeption für die Gäste, die in einem der Bungalows auf dem Landwirtschaftsgelände übernachten können. Die beiden Teile sind im Obergeschoss über zwei Brücken und über verschiedene Terrassen, die die Angestellten als erweiterte Arbeitsplätze nutzen, miteinander verbunden.
Fassade
Das Projekt zeichnet sich durch eine Vielzahl und einen Reichtum verschiedenster Con- tainer und Containerbruchstücke aus. Grundsätzlich wurden die Fassaden an den sonnenexponierten Seiten weitestgehend geschlossen ausgeführt, oder mit zu öffnenden Türen aus perforiertem Blech versehen. Das Öffnen dieser Türen spielt in erster Linie für die Reinigung der dahinterliegenden Glasfenster eine Rolle. Die Perforierung basiert auf einer Abstraktion der Firmenlogos.
Der Einbau von raumhohen Glastüren und -fenstern, vornehmlich an den nördlich gelegenen Schmalseiten des Rezeptionsgebäudes, verleiht der Struktur eine großzügige Transparenz und Permeabilität.
Die Unterteilung der Glasfassaden der Längswände in Schiebefenster im oberen Teil und Fixverglasungen im Brüstungsbereich erklärt sich auch aus statischen Gründen. Die gefalteten Seitenwände der Container tragen zur Aussteifung der Struktur bei und nehmen Lasten auf. Ohne diese aussteifenden Wände würden die Träger an den Oberkanten durch ihr Eigengewicht durchhängen. Durch das Aufschneiden der Seitenwände mussten die horizontalen und vertikalen Fensterrahmen als Träger ausgebildet werden.
Bau
Der große Vorteil einer Containerkonstruk- tion liegt vordergründig in der Standardisierung seiner Einzelteile, seiner Flexibilität und der kurzen Bauzeit.
Die Vorfertigung der einzelnen Module erlaubte eine größtmögliche Qualitätskontrolle, eine Kontrolle, die auf den Baustellen durch den Einsatz von oft mangelhaft geschulten Arbeitern schwierig ist. Auch der schnelle und einfach Aufbau durch einen Gabelstapler gehörte zweifellos zu den großen Vorteilen der gewählten Konstruktion. Der gesamte Innenausbau und die Anschlüsse mussten dennoch vor Ort realisiert werden. Laut Pascal Berger, Projektleiter und Mitbegründer von Playze, ist der Innenausbau und die Verlegung der gesamten Installationen aufgrund der sehr geringen Wandstärken zwischen den Hauptstahlträgern bei einer Containerkonstruktion schwieriger und ineffizienter wird als bei einer herkömmlich Konstruktion. Alle Anschlussdetails und der Verlauf der Leitungen mussten speziell entworfen und getestet werden, weil es hierfür keine Standards und nicht genug Erfahrung gab. Viele der Installationen, wie zum Beispiel die Dachentwässerung und die Haustechnik wurden von den Architekten im Mobiliar des Innenausbaus versteckt. Die Räume werden durch eine Bodenheizung unter den Bambusböden erwärmt, für die man aufgrund der geringen konstruktiver Dicke sehr dünne Leitungen verwenden musste.
Podest aus Bambus
Das Ensemble scheint auf einer Platform aus Bambus abgestellt worden zu sein. Der Platz vor der bestehenden Halle, die von den Architekten an dieser Seite aufgeschnitten wurde, war bereits als solide Stahlbetondecke zum Tragen schwerer Lasten ausgeführt und konnte daher ohne Probleme das relativ geringe Gewicht der Container
aufnehmen. Zur besseren Lastverteilung wurden die Module auf
Streifenfundamenten gesetzt. Der so entstandene Hohlraum unter den Containern erlaubte es den Architekten auch alle Installationen wie Wasserzu- und abfuhr unter dem Boden unterzubringen. Um das notwendige Gefälle für die Dachentwässerung zustande zu bringen musste der Dachaufbau erhöht werden, der geschickt hinter der Verdoppelung des Querträgers über den obersten Containern versteckt wurde. Auch die Verdoppelung der Träger rund um das auskragende Volumen über dem Eingang erklärt sich aus einer statischen Notwendigkeit. Neben dem praktischen Aspekt des Podiums sind die Stufen, ebenso wie die überdachten Rundgänge und das Spiel mit den unterschiedlichen Gebäudehöhen und die Abfolge von Containern und Höfen eine Referenz an traditionelle Hofhäuser aus dieser Region.
Konstruktive Möglichkeiten
Der Wunsch die Module von außen als Container sichtbar zu
lassen führte zu einer Reihe von technischen und konstruktiven Zwängen. Die Planungsarbeit nahm dementsprechend einen großen Teil des Projekts ein, da beinahe jeder Container ein Prototyp ist und dementsprechend entworfen und durchgezeichnet werden musste.
So effizient und praktisch Container auch für den Transport von Waren sind, so begrenzt sind ihre Möglichkeiten in der Verwendung für Bauwerke. So konnte zum Beispiel das ausgebreitete Belüftungsystem im Bürobereich mit seiner Luftzu- und abfuhr nur in den Vorsatzwänden integriert werden.
Das Festhalten an der Containerfassade und das konsequente Durcharbeiten des Projekts gemäß diesem Anspruch trotz der technischen und konstruktiven Schwierigkeiten zeigt heute seinen Erfolg. Das Bauwerk ist zum Aushängeschild der Firma und damit zu einem Marketingobjekt geworden.
Michael Koller, Den Haag, Webcode: DBZ3Q85R