Nachhaltig Bauen: Wissen vernetzt

Lernen und vernetzen für die Zukunft

Corona war ein Vorgeschmack darauf, wie globale Krisen unseren Alltag verändern. Viele ahnen schon, dass der Rohstoff- und Fachkräftemangel den Kampf gegen den Klimawandel komplizierter macht, als er ohnehin schon ist. Zeit, aktiv zu werden: Weiterbildung und Wissensmanagement müssen auch von ArchitektInnen und FachplanerInnen neu gedacht werden, um die Transformation effektiv zu gestalten

Jedes Gebäude greift in unsere Ökosysteme ein und verbraucht in seiner Entstehung und im Laufe seines Daseins immense Rohstoff- und Energiemengen. Das Bauen allein verschlingt rund 90 % der mineralischen, nicht nachwachsenden Rohstoffe (Quelle: VDI Zentrum Ressourceneffizienz). Bau und Betrieb von Gebäuden verursachen zusammen etwa 40 % des deutschen CO2-Ausstoßes und 52 % unseres Abfallaufkommens. Zu lange war davon wenig zu hören. Plötzlich überschlagen sich die Meldungen, dank des Superwahljahres in Deutschland, des „Neuen Europäischen Bauhauses“ und nicht zuletzt wegen der internationalen For-Future-Bewegung, die auch vor der deutschen Baubranche nicht Halt macht. Nicht nur der Ruf nach nachhaltigem Bauen wird lauter, auch die Randbedingungen verbessern sich.

Die neue Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG), steigende CO2-Preise und eine europäische Taxonomie, die nicht nachhaltig wirtschaftende Unternehmen identifiziert und Investoren zur Neubewertung der Immobilienportfolios anregt, werden den Motor in Richtung Nachhaltigkeit verstetigen. Die Richtung stimmt, an den Inhalten muss noch gefeilt werden. Und das Tempo wird angezogen – weil es angezogen werden muss, so beschloss es erst kürzlich das Bundesverfassungsgericht.

Ob wir schnell genug sein werden, um das Notwendige rechtzeitig in die Praxis umzusetzen? Dass die Baubranche sich dem Umbruch verwehrt, ist ein häufiger Vorwurf, doch oft stecken dahinter lediglich festgefahrene Routinen. Die Trägheit liegt vor allem daran, dass ein Großteil der Arbeitszeit dafür aufgewendet wird, Standardaufgaben zu erledigen, die längst digitalisiert werden könnten. Neue Wege, so fürchten viele, könnten Umsatz-einbrüche und Haftungsrisiken nach sich ziehen. Das aber wird vor allem dann der Fall sein, wenn künftig nicht nachhaltig gebaut wird. Um dies zu erreichen, wird heute viel recherchiert, nach klimapositiven Projekten, passiven energieeffi­zienten Lösungen oder zertifizierten Produkten mit einfachen Anschlüssen, die im Sinne der C2C-Designphilosophie rückbaubar sind, um Gebäude kommenden Generationen als Rohstoffspeicher überlassen zu können. Es gibt bereits erfolgreiche Beispiele. Wie etwa das eines Herstellers von Bodenbelägen, der in einem innovativen Modell die Nutzungsrechte an seinen Produkten vergibt: Die Bodenbeläge werden geliefert, nach C2C-Designphilosophie schwimmend verlegt, regelmäßig gereinigt und gehen nach einem vorher festgelegten Zeitraum wieder zurück an den Hersteller, der die Materialien zerlegt und neue Bodenbeläge daraus herstellt – so bleiben die Rohstoffe im Kreislauf. Wo erfahren PlanerInnen und ArchitektInnen jedoch von  solchen Lösungen?

Wissen als Schlüssel zur Umsetzung

Obwohl nachhaltiges Bauen längst Marktreife erreicht hat, ist die Suche nach gesundheits- und umweltverträglichen Bauprodukten und allen denkbaren damit verbundenen Informationen nach wie vor schwierig. Architektur- und Ingenieurbüros verbringen viel Zeit mit der Recherche und ist diese letztlich erfolgreich, steuern sie auf das nächste Problem zu: Nicht jedes ausführende Unternehmen möchte die Planung detailliert umsetzen – es kostet zu viel Zeit. Stattdessen werden Baustoffe oft zeitsparend verklebt oder auf anderen Wegen so verbaut, dass die Energieeffizienz des Gebäudes leidet oder sie nicht mehr kreislauf­fähig rückbaubar sind. Nachhaltigkeit mit all ihren Facetten ist eine interdisziplinäre Aufgabe, für die an vielen Stellen das Bewusstsein fehlt und die vernachlässigt wird, wenn die Zeit fehlt.

Ein gemeinsames Handeln und der schnelle Überblick über die nötigen Bausteine zur korrekten Umsetzung nachhaltiger Gebäude würden also Abhilfe schaffen. Hier setzt die vernetzende Informations- und Wissensplattform „ecolearn Infobase“ an, indem sie vorhandene Lösungen an einem gemeinsamen Ort bündelt. Denn für ganzheitlich und nachhaltig geplante Gebäude sind wissensbildende Datenbankanwendungen zielführend: Sie helfen, die technischen Möglichkeiten und nachhaltige Baustoffe nebst umfangreicher verlinkter Informationen im Detail zu erfassen und effizient auszuwählen. Über eine intuitive Benutzeroberfläche schafft sie Zugang zu zielgruppen­bezogenen Lösungen im nachhaltigen Bauen.

Im Zentrum der Plattform steht das Gebäude, dessen Bestandteile aufgegliedert und im Detail fokussiert werden können. Durch Filter und eingearbeitete semantische Verbindungen, auch zu Nachhaltigkeitszertifikaten wie Cradle to Cradle, Blauer Engel etc., findet man für jede Station des Bauprojekts mit wenigen Klicks passende Informationen, Produkte und Baustoffe. Diese können zudem mit vielen weiteren und multimedialen Informationen vernetzt werden – zum Beispiel mit vorliegenden Zertifikaten, mit anwendungstechnischen Informationen oder mit Informationen zu AkteurInnen, die benötigt werden, um im Entscheidungsprozess voranzukommen.

Zu den wähl- und kombinierbaren Filtern für das schnellere Auffinden in der Bauplanung gehören die Lebenszyklusphasen („Phase 0“, Planung, Bau, Betrieb, Recycling), die Anforderungen (Brandschutz, Wärmeschutz, Gesundheit, Ressourceneffizienz etc.) und vieles mehr. Auch Medien, wie Filme, Forschungsberichte, verbundene Quellen im Internet und Lerninhalte (Webinare, Seminare, Tagungen, zusätzlich filterbar nach Ort, Zeit, Kosten) lassen sich einbinden. Verknüpfbar sind zugehörige Werkzeuge (Programme, Apps), Normen (DIN EN ISO sowie Gesetze z. B. GEG, filterbar nach Datum, Thema etc.). Zudem erhalten die NutzerInnen auf Wunsch Empfehlungen zu BaupartnerInnen (Visitenkarten von Hersteller­Innen, Baubeteiligten und sonstigen Akteuren, zusätzlich filterbar z. B. nach Ort). Alle „Wissensbausteine“ sind untereinander logisch vernetzt, so dass sich während der Recherche eine zunehmende Transparenz über die Zusammenhänge und ein breiteres Bewusstsein für das nachhaltige Bauen einstellt.

Die Nutzung der Plattform zur Recherche ist kos-tenlos, sie trägt sich über die Beiträge von HerstellerInnen, die eine Gebühr für das Eintragen genormter Produkte bezahlen. Für den schnelleren Ausbau der Plattform strebt ecolearn eine enge Zusammenarbeit mit unterschiedlichen AkteurInnen an, wie z. B. InvestorInnen, Verlagen, Initiativen und Verbänden.

E-Learning: flexibel, unabhängig, interaktiv

Wissensmanagement ist ein Begriff, mit dem sich auch die Industrie und die Verbände seit vielen Jahren beschäftigen müssen. Welches Wissen ist im Unternehmen vorhanden? Wer gibt es an wen weiter? Wie werden Change-Prozesse ohne Wissensverlust gemanagt? Wie können neue Inhalte effizient und sinnvoll erworben werden? Wie wird Wissen „konserviert“, wenn wichtige WissensträgerInnen das Unternehmen verlassen? Und wie können Betriebe und Verbände die Weiterbildung stärken, wenn die üblichen Abläufe nicht mehr gewährleistet sind? Letzteres ist seit dem Frühjahr 2020 und den Einschränkungen durch die Pandemie ein akutes Problem vieler Verbände und Betriebe, die darum immer häufiger auf orts- und zeitunabhängiges E-Learning umschwenken.

Ecolearn bietet bereits seit 2013 praxisnahe E-Learning-Weiterbildungsangebote für alle Baubeteiligten und setzt auch umfangreiche Projekte um. Für den wissenschaftlichen Background sorgt ein interdisziplinär arbeitendes Team, das auch von der Erfahrung von Prof. Dr. Michael Marmann profitiert, dem Mitgeschäftsführer von ecolearn und Dozent an der Hochschule Düsseldorf. Die Vorteile des E-Learnings liegen vor allem in der Flexibilität: Es ist zeit- und ortsunabhängig und kann nach persönlicher Präferenz genutzt werden – wichtig nicht nur in den durch die Pandemie räumlich stark eingeschränkten Zeiten, sondern generell. Denn nicht nur Interessen, Gewohnheiten und Geschmäcker sind individuell, sondern auch die Biorhythmen von Menschen: Manch einer lernt am besten in den frühen Morgenstunden, andere eher am ruhigen Nachmittag. Weitere Stärken von E-Learning-Angeboten sind die gezielte didaktische Aufbereitung der Medien, eine spielerische und motivierende Interaktivität und die Möglichkeit der individuellen Konfiguration von Lernpfaden. Lerninhalte für ArchitektInnen werden aufgrund der Präferenzen der Berufsgruppe zum Beispiel gern mithilfe von 3D-Darstellungen oder Realfilmen gestaltet. Zudem können die Programme „intelligent“ gestaltet werden, individuelles Feedback geben und in „Blended Learning“- Maßnahmen integriert werden, die die Vorteile von Präsenz- und Onlinelernen zu einem Gesamtkonzept verbinden.

E-Learning eignet sich für alle Berufssparten des Bausektors zur nachträglichen Qualifizierung: für GebäudeenergieberaterInnen, FachplanerInnen, ArchitektInnen, IngenieurInnen und Handwerker-Innen. Breit ist auch die thematische Vielfalt: So werden z. B. von der Deutschen Energie-Agentur (dena) anerkannte Unterrichtseinheiten angeboten, die Themen wie „der Passivhausstandard“, „Luftdichtheit der Gebäudehülle“, „Grundlagen der Lüftungstechnik“ und „Berechnung der Wirtschaftlichkeit“ behandeln. AbsolventInnen erhalten so einen umfassenden Überblick über den Entwurf, die Berechnung und die wirtschaftliche Umsetzung von energieeffizienten Gebäuden. Wichtig bei der Auswahl der Kurse ist zu beachten, dass sie praxisnah und anschaulich abgehalten werden. Gerade die Verwendung von Bild­galerien, Videos, 3D-Modellen und Animationen erleichtert den TeilnehmerInnen das Verständnis der Materie. Hilfreich für die spätere tägliche Arbeit sind Angebote wie Excel-Tools, Checklisten, Exkurse und Normenverweise. Auch hier sollte der Netzwerkgedanke für die Nachhaltigkeit im Fokus stehen: Fachwissen bildet die Grundlage einer Profession, doch erst die Vernetzung mit der Praxis macht es lebendig und breit nutzbar. Insbesondere beim Fachkräftemangel kann E-Learning künftig eine entscheidende Rolle spielen. Für viele „multimedial aufgewachsene“ Jugendliche wird die Ausbildung attraktiver und leichter zugänglich, wenn die Qualität über E-Learning verbessert und effizienter gestaltet wird.

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