Leuchtturm der Stadtkultur
Das Metropolitan Arts Center in Belfast/GB

Mit dem Neubau des Metropolitan Arts Centers in Belfast gelang den Architekten Hackett Hall McKnight Stadtreparatur auf höchstem Niveau. Im Inneren des von den Bürgern begeistert angenommenen Hauses wetteifern Ziegel, Basalt und Beton um die malerischste Materialwirkung.

In Belfast wurde im April 2012 ein multifunktionales Theater- und Kunstzentrum eröffnet. Die von den Bürgern der nordirischen Stadt lange erwartete Eröffnung des Metropolitan Arts Center, kurz MAC, war nicht der erste Meilenstein im Zuge der sich vollziehenden kulturellen Renaissance der Industrie- und Hafenstadt mit ihren 267 000 Einwohnern: Kaum ein Jahr zuvor konnte die Stadt ihr von den Architekten O’Donnell and Tuomey entworfenes Haus für das Lyric Theatre er­öffnen.

Im Fall des MAC hatte das Belfaster Büro Hackett Hall McKnight Architekten 2007 den Wettbewerb gewonnen. Im MAC befinden sich, verteilt auf immerhin sieben Etagen, eine große und eine kleine Bühne, drei Ausstellungssäle, ein Tanzstudio, kleinere Auditorien, dazu ein Café, die Theaterkasse und ein Atelier als temporärer Arbeitsort für Gastkünstler.

„Belfast hat keine starke, gewachsene Architektur-Kultur“, sagt Projektarchitekt Ian McKnight. „Umso mehr beginnen die Leute nach diesen beiden Projekten zu spüren, was gute zeitgenössische Bauten für eine Stadt bedeuten können.“ Belfast, das in den 1970er und 1980er Jahren vor allem durch den IRA-Terror weit über Großbritannien traurige Berühmtheit erlangte und jahrzehntelang unter dem Niedergang von Hafen und Werftindustrie litt, erfindet sich mit Projekten wie diesen gerade regelrecht neu.

Als Bauplatz für das MAC – dieser war nicht im Vorfeld festgelegt – wählten die Architekten eine nur 1 437 m² große Baulücke in dem von engen Gassen und kleinen Plätzen geprägten historischen Zentrum von Belfast. Um das enorme Raumprogramm hier unterzu­bringen, werden die Volumina gestapelt und ineinander geschoben. Kunstvoll sind die Funktionsbereiche horizontal wie vertikal ineinander verschränkt.

Ganz im Sinne dieses passgenauen Einfügens in die zweite Reihe weisen Eingang und Hauptfassade des MAC nicht etwa zum weit­läufigen Platz um die Kathedrale, sondern zum kleinen St. Anne‘s Square im Blockinneren, der an eine italienische Piazetta erinnert und mit dem MAC wieder eine vierte Platzseite erhält. Das Zentrum ist also nur durch schmale Gassen und Durchgänge zu erreichen. Steht der Besucher schließlich davor, ist die Wirkung der monumentalen Turmfassade umso überwältigender.

Dieser 32 m hohe Turm ist aus dunkelgrau schimmerndem, unweit von Belfast abgebautem Basalt, der spiegelglatt poliert wurde und dadurch das Licht matt reflektiert: ein Material von frappierender Oberflächenwirkung – glatt und dennoch tief und haptisch. Gekrönt wird der Eingangsbau von einem asymmetrisch auf den Hauptbaukörper gesetzten kleineren Turm in Gestalt einer hohen Laterne, deren satiniertes Glas bei Dunkelheit aus schlanken, schwarzen Stahlrahmen leuchtet: ein kultureller Leuchtturm im buchstäblichen Sinn.

Anders als der Turm sind die links und rechts angrenzenden Hauptbaukörper mit rauen, roten Ziegeln verkleidet. Diese sorgfältig ausgearbeitete Ziegelhülle bestimmt in der Kombination mit Sichtbeton auch die mehrere Geschosse hohe Foyerhalle im Inneren. Beinahe etwas zu viele verschiedene Materialien und etwas zu viel kunstvoll zele­brierte Materialästhetik, ist der erste Eindruck. Doch Architekt Ian McKnight erklärt das Zusammenspiel von Ziegel, Basalt und Beton aus der Baugeschichte Belfasts: Aus Ziegeln sind die Geschäfts- und Lagerhäuser des historischen Marktdistrikts rund um die Kathe-drale erbaut. Sie sind das traditionelle Bau­material Belfasts, während Beton für die Gegenwart steht. Der unweit der Stadt abgebaute Basalt wird hier seit Jahrhunderten für repräsentative Fassaden verwendet. Die Architekten verstehen den Innenraum des Kunstzentrums, der mit jedem Schritt die Treppen hinauf neue Ausblicke eröffnet, als Fortsetzung der verwinkelten Gassen, Plätze und Höfe des Quartiers im Kleinen. Folglich ist auch der Innenraum voll überraschender Dramaturgie.

Durch den beinah unscheinbaren Haupteingang und ein schmales Entree gelangt der Besucher ins Hauptfoyer, das sich nach wenigen Metern zu den Dimensionen eines Kirchenschiffs aufweitet, jedoch auf trapezförmigem Grundriss. Die nördliche, in Sichtbeton ausgeführte Foyerwand erinnert mit ihren geschossweise gegeneinander versetzten, unterschiedlich breiten Vertikalstreifen an überdimensionale Barcodes, ist jedoch plastisch: Beim Gießen des Ortbetons befestigte man vor der Schalung massive, gut 2 cm dicke Holzplanken unterschiedlicher Breite, die so als Aussparungen ihren Abdruck hinterließen.

Die perfekt ausgeführte Betonschale und die im Foyer gegenüberliegende, präzise gemauerte Ziegelwand könnten gegensätzlicher nicht sein. Und doch bilden sie in ihrer ästhetischen Vollkommenheit eine Einheit, vor allem, wenn das Licht der Nachmittagssonne in breiten Streifen über die Wände wandert, Schatten in das Relief der Betonwand zaubert und jeden einzelnen Ziegel schimmern lässt.

Hackett Hall McKnight scheinen den Nerv dafür getroffen zu haben, was ihren Mitbürgern so lange fehlte. Jedenfalls schließt der Bericht einer örtlichen Zeitung zur Eröffnung mit den Worten: „Man merkt dem Gebäude die Liebe an, die die Architekten für ihre Stadt empfinden.“

Baudaten

Objekt: The Metropolitan Arts Center, Belfast/GB

Standort: Belfast, Nord Irland/Großbritannien

Architekt: Hacket HallMc Knight (heute: Hall McKnight), Belfast/GB, www.hhmck.com

Planungs- und Bauzeit: 2 Jahre


Fachplaner

Tragwerksplanung: Buro Happold, London/GB, www.burohappold.com

Lichtplanung: Buro Happold, London/GB, www.burohappold.com

Heizung/Elektrik: Buro Happold, London/GB, www.burohappold.com und AEM Electric Company, London


Projektdaten

Grundstücksgröße: 1 500 m²

Gesamtfläche: 6 260 m²


Baukosten

Gesamt brutto: 15,5 Mio. €

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 12/2008

Oldfashioned: Die besten Jüngsten YAYA-Award geht an Hackett Hall McKnight

Der „Young Architect of the Year Award“ YAYA, der jährlich an das vielversprechendste Architekturbüro geht, dessen Inhaber jünger als 40 Jahre sind, geht in 2008 an das nord-irische Büro Hackett...

mehr

aif architektur im foyer

Solarlux lädt am 22./23. September auf den Solarlux Campus ins Foyer nach Melle/Osnabrück

Die Veranstaltung hat Tradition und konnte auch - wegen luftiger Weite im Foyer - in den ersten Corona-Zeiten durchgeführt werden: das "aif architektur im foyer" bei Solarlux. Immer schon auf zwei...

mehr
Ausgabe 7/8/2019

Serpentine Pavillon, London

In diesem Jahr wird es in Kensington Garden, London, poetisch: Der diesjährige Serpentin Pavillon des japanischen Architekten Junya Ishigami möchte Natur und traditionelle architektonische...

mehr
Ausgabe 11/2022

Vierte Auflage von „architektur im foyer“ ­geglückt

Irgendwo südlich von Osnabrück und sehr nahe der A30 hat die Firma Solarlux ihren Standort. Der Hersteller von Wintergärten, Terrassendächern, Glas-Faltwänden und Fassadenlösungen nutzt diese...

mehr
Ausgabe 12/2020

Musée Cantonal des Beaux-Arts, Lausanne/CH

Eigentlich hätte das „Musée Cantonal des Beaux-Arts de Lausanne“ direkt am Ufer des Genfer Sees errichtet werden sollen. Stattdessen aber hatte sich die Stadt 2011 dazu entschieden, ein schon...

mehr