Liebe Leserinnen und Leser,

ganz am Ende dieses so besonderen Jahres etwas zum Heftthema „Mauerwerk“ zu schreiben, fällt nicht leicht. Andere Dinge, viele, sehr viele Gespräche über ein Virus und seine Auswirkungen haben die letzten Wochen und Monate gefüllt, nicht selten Gespräche virtueller Art. Und auch das Telefonieren ist zu größeren Ehren gekommen als einem lieb ist, jedenfalls dann, wenn man es gewohnt war, mit seinen Partnern im Büro zu sitzen, auf der Baustelle herumzulaufen, den behelmten Kopf meist im Nacken. Was kommt im kommenden Jahr? Wie werden wir alle weitermachen? Was werden wir beenden, was wir immer schon beenden wollten?

Dass wir mit unserem Heftpartner, mit Axel Frühauf, der mit dem so früh verstorbenen Andreas Meck die „meck architekten“ zu dem gemacht hat, was das Büro in der deutschen Architekturlandschaft heute ist, dass wir bei Axel Frühauf vor Wochen zu Besuch waren in diesem schönen und so schlichten Haus im baumbestandenen Hinterhof, das hat uns die hier in diesem Heft versammelten Projekte beschert. Es hat uns mit ihm aber auch in ein Gespräch gebracht über das, was bleiben darf in der Architektur und das, was gehen kann.

Mauerwerk darf, muss bleiben. Mauerwerk ist archaisch und hochtechnisch, ist Standard und steht doch vor dem Verschwinden … jedenfalls dann, wenn man auf die handwerkliche Seite des Mauerns schaut, die von immer weniger Handwerkern gekonnt wird. Stein auf Stein, das stand und steht bis heute für Solidität, auch wenn die Steine längst nicht mehr nur homogene Masse sind, Material aus der Erdkruste, auf die wir alles stellen, was wir bauen. Mauerwerk ist heute oft Abbild von sich selbst geworden, zu reinen Fassadenbekleidungen, die an etwas anknüpfen, was einmal war. Neue Fertigungstechniken machen die Arbeit mit gebranntem Ton schneller und – gemessen an der Geschwindigkeit – auch fehlerfreier. Software und Robotik erlauben immer ausgetüfteltere Gestaltungen, treiben das große Thema des Singulären über dem Standard voran. Aber ist das noch Mauerwerk?

Die Steinformate sollten die Grundrisse bestimmen, Längen und Höhen; manchmal geht der reguläre Verband in den wilden über, weil die Steine – toleranzenbedingt – um Millimeter zu kurz sind; manchmal scheitert das Weitermauern an der Nahtstelle, die nicht befriedigend zu lösen ist, sei es kraftschlüssig oder formalästhetisch. Und wenn es ganz einfach wird, verschwindet das Mauerwerk aus hochgerüsteten Industrieprodukten hinter einer Putzschicht oder einer Vormauerschale aus hochwertigerem Material.

Mauerwerk, das dachten wir anfangs, wird sich schon ergeben, am Ende war es eine aufreibende Suche nach dem Besten; für Sie zuerst und für uns sowieso. Wir, die Redaktion, wünschen Ihnen in den letzten Wochen des Jahres Zeit für Muße und Zeit für eine entspannend fesselnde Lektüre unser aller Arbeit in diesem Heft.

Seien Sie herzlich gegrüßt, bleiben Sie beweglich,

Ihr

Benedikt Kraft

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