Möglicher Nutzen für EigentümerKö-Bogen etc.: Düsseldorfer investiert in Düsseldorf
Pures Drama und noch keine Aussicht auf Beruhigung. In Düsseldorf, der Landeshauptstadt mit dem bezeichnenden Namensbestandteil „Dorf“, schlugen die Wellen ungewohnt hoch; und haben sich noch immer nicht beruhigt. Dabei begann alles ganz harmonisch, die im Effekt wunderbare Rückgewinnung des rechten Rheinufers für den zivilen also den Rad- und Fußgängerverkehr 1995 stand allen noch als Wässerchen der Rührung glänzend in den Augen, da wandte man sich endlich einem weiteren, seit Jahrzehnten schon gährenden Verkehrsproblem zu, dem Jan-Wellem-Platz und die ihn speisenden wie zerschneidenden Zubringerstraßen. Tunnels, am Rheinufer so erfolgreich, sollten auch hier die Lösung bringen. Die Kosten von geschätzten 300 Mio. € für die Autoverkehrsdeckelung möchte die schuldenfreie Stadt einem Investor zuschieben, der die freiwerdenden Flächen innerhalb gewisser Grenzen und hier nach Gusto bebauen und vermarkten kann.
Es gab eine europaweite Ausschreibung, an welcher sich Ende 2008 noch zwei Investoren mit ihren Architekten beteiligten: die Frankfurter Bouwfonds MAB Development mit Jürgen Meyer H., Berlin, sowie die Düsseldorfer „Die Developer“ mit dem Studio Daniel Libeskind SDL, New York City. Bouwfonds zog sich schließlich zurück, damit wird der Entwurf von SDL umgesetzt.
„Kö-Bogen“ heißt das Projekt seit 2003, als der damalige Oberbürgermeister Joachim Erwin auf der MIPIM in Cannes Werbung für das Projekt machte. Das „Bogen“ deklarierte damals schon die Neuplanung als Rekonstruktion des – allerdings zweifelhaften – historischen Rasters.
Libeskind entwarf zwei für ihn ungewöhnlich weich fließende, untereinander verbundene Volumen, die sich ganz dem Thema Fassadenwettbewerb hingeben (was dahinter stattfinden wird, entscheidet der Investor nach aktueller Marktlage). Jenseits jeder dekonstruktiven Spielerei, jenseits jeder intellektualisierter Topografisierung der Architektur liefert SDL glatte Einkaufsarchitektur, die an die Schein- und Steinfassaden der Geschäftshäuser der Königsallee anschließen; diese allerdings aus ihrer Eindimensionalität der Schauseite in eine dreidimensionale Figur überführen. Mit Blick auf die vagen Investorenvorgaben geht wohl nicht mehr. 2014 wissen wir mehr, dann soll der Entwurf aus New York fertig gestellt sein.
Fertig werden soll dann auch der Bauabschnitt II. Denn da nun der dem Verkehr einst geopferte Stadteil mit seiner schon archaisch anmutenden Verkehrsführung durch Untertunnelung urbaner gemacht werden soll und die Tiefbauarbeiten die wesentlich größere Investition im Vergleich zum Hochbau darstellen, soll in einem zweiten Bauabschnitt ebenfalls Architektur auf den alten, dann frei werdenden Verkehrsflächen abgestellt werden („archaische Verkehrsführung“ meint den erst Ende 1993 unter Denkmalschutz gestellten „Tausendfüßler“, eine gewagt brutal schöne Hochbahn aus der Feder von Friedrich Tamms, seines Zeichens Leiter des Stadtplanungsamtes Düsseldorf bis 1954, ausgezeichnet durch seine Aufnahme 1944 auf die „Gottbegnadeten-Liste“ der wichtigsten Architekten im so genannten Dritten Reich sowie durch das Große Bundesverdienstkreuz 1970). Zurzeit wird hier über die Entwürfe von zehn Büros diskutiert, die Entscheidung fällt Anfang April 2009.
Mit der Rückgewinnung des Rheinufers vor dreizehn Jahren hat die Stadt Düsseldorf ihren Bürgern und deren Gästen ein großes Geschenk gemacht; das sich in barer Münze auszahlt. Ob das mit der Verlängerung der Kö in gleicher Weise gelingen wird, ist fraglich, der dem Autoverkehr abgerungene, öffentliche Raum wird nicht dem Fußgänger, nicht dem Flaneur zur Verfügung gestellt, sondern Investoren, die ihre kommerziellen Interessen verfolgen; nicht auszuschließen, dass das einigen Eigentümern nützt. Be. K.