Nachträglich zur vertikalen Mobilität

Ein beträchtlicher Teil der älteren Mehrfamilienhäuser verfügt nach wie vor nicht über einen Aufzug. Besonders im individuellen Geschosswohnungsbau in den urbanen Vierteln der Städte besteht noch erheblicher Nachholbedarf. In vielen Fällen ist ein nachträglicher Einbau allerdings problemlos möglich und steigert dann nicht nur die Lebensqualität der BewohnerInnen, sondern bietet auch Antworten auf erhebliche architektonisch-gesellschaftliche Herausforderungen: den demografischen Wandel und die nachhaltige Nutzung grauer Energie.

Kaum eine Entwicklung prägt die deutsche Wohnungswirtschaft so stark wie die zunehmende Alterung der Gesellschaft. Einer Studie des Pestel-Instituts von 2019 zufolge müssten in Deutschland bereits bis 2030 etwa 3 Mio. altersgerechte Wohnungen zusätzlich gebaut werden, um dem steigenden Durchschnittsalter der BundesbürgerInnen gerecht zu werden. Bereits heute kündigen vielerorts ältere Menschen ihre langjährigen Mietverträge, weil sie die oberen Etagen schlichtweg nicht mehr ohne körperliche Belastungen erreichen können. Und oft ist es ein fehlender Aufzug, der sie in ihrer Mobilität einschränkt.

Allerdings ist vielen Verantwortlichen überhaupt nicht bewusst, dass Aufzüge auch in bestehenden Wohngebäuden oft schnell und wirtschaftlich nachgerüstet werden können. Aufzugs- und Fahrtreppenunternehmen wie Schindler bieten je nach Bedarf und den spezifischen Anforderungen an Fahrkomfort, Ausstattung und Funktion verschiedene Nachrüstungsmöglichkeiten. Je nach baulicher Situation besteht die Option eines attraktiven Außenanbaus des Aufzugs oder einer passgenauen Nachrüstung im Treppenauge – jeweils in Kombination mit zahlreichen technischen Varianten und Ausstattungsdetails.

Mehrwert für alle Beteiligten

Die nachträgliche Installation einer entsprechen­den Anlage ermöglicht nicht nur zeitgemäße Wohnverhältnisse für ältere Menschen und RollstuhlfahrerInnen, sondern steigert auch nachhaltig die Vermietbarkeit und beugt Leerständen vor. Zwar lässt sich aufgrund der baulichen Gegebenheiten nicht immer eine rollstuhlgerechte Lösung im Sinne der geltenden Vorschriften realisieren, ein Plus an Wohnqualität ist aber für breite Bevölkerungsschichten auf jeden Fall gegeben. Denn auch junge Familien schätzen die hohe Wohnqualität der Altbauquartiere und den Komfort des Aufzugs, wenn es um den Transport von Kinderwägen, Einkäufen oder Getränkekisten geht. Bestehende Gebäude durch moderne Lösungen für die vertikale Mobilität zu ergänzen, geht deshalb nicht nur mit einem Plus an Lebensqualität und Immobilienwert einher. Es kann auch einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigeren Architektur leisten, wenn Bestandsgebäude ertüchtigt werden, um ihren Erhalt langfristig zu sichern.

Per Aufzug durch das Treppenhaus

Eine besonders einfach zu realisierende Lösung ist die Nachrüstung innerhalb des Gebäudes. Dazu wird direkt im Treppenauge oder an einer anderen günstigen Stelle des Treppenhauses ein Schachtgerüst errichtet, in dem später der Aufzug installiert wird. Die Stahlkonstruktion ist hierbei selbsttragend, eine Anbindung erfolgt lediglich auf den Etagen. Somit wird die Statik des Gebäudes kaum beeinflusst. Geeignet sind vor allem Gebäude mit einem innenliegenden Treppenhaus und einer dreiläufigen Treppe. Zwar ist der Luftraum zwischen den Läufen meist sehr eng bemessen, moderne Aufzüge können ihn allerdings aufgrund ihrer flexibel anpassbaren Tür- und Kabinenmaße optimal ausfüllen.

Insbesondere bei Aufzugsnachrüstungen im Inneren müssen diese stets individuell gemäß den Gegebenheiten geplant werden. Entsprechend sinnvoll ist es für BetreiberInnen und PlanerInnen, frühzeitig auf die umfangreiche Erfahrung und Beratung der Hersteller zurückzugreifen. Für die wirtschaftliche Realisierung stehen verschiedene Aufzugsmodelle zur Verfügung, die sich trotz hohen Standardisierungsgrades durch eine große Flexibilität auszeichnen. Bei minimalen Schachtgerüstabmessungen bieten Modelle wie der Schindler 1000 und der Schindler 3000 mehr nutzbaren Raum in der Kabine als eine herkömmliche Aufzugslösung. Bei gleichen Schachtmaßen können durchschnittlich zwei Personen mehr befördert werden. Optimal, wenn auch oft weder innen noch außen realisierbar, ist eine Kabinengröße von mindestens 1,10 x 1,40 m bei einer Türbreite von 90 cm. Denn dann ist der Aufzug auch mit einem breiteren Rollstuhl gut zu befahren. Ein zusätzliches, horizontal angebrachtes Tableau erleichtert dem Rollstuhlfahrer die Bedienung.

Möglich wird das raumeffektive Aufzugskonzept durch moderne technische Komponenten. Beim Schindler 3000 zum Beispiel ist der getriebelose Antrieb aufgrund seiner geringen Größe direkt im Schacht angeordnet, sodass kein gesonderter Maschinenraum eingerichtet werden muss. Ebenso ist kein separater Steuerschrank erforderlich. Stattdessen ist die Steuerung direkt im Türrahmen untergebracht. Die moderne Antriebstechnologie sorgt zudem für ein hohes Maß an Laufruhe, was gerade bei Nachrüstungen im Wohnhausbereich ein wichtiges Kriterium ist.

Hoch hinaus an der Fassade

Reicht der vorhandene Platz im Treppenhaus nicht für den Bedarf aus, bietet auch eine ­außenseitige Nachrüstung zahlreiche Vorteile. Abhängig von der Zugänglichkeit des Treppenhauses wird dazu an der Front- oder Hoffassade des Gebäudes ein Aufzugsschacht errichtet. Kabinengröße und Nutzlast des Aufzugs können entsprechend geräumig gewählt werden. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind vielfältig und lassen sich individuell in die Gebäudearchitektur einpassen. Ähnlich wie bei der innenseitigen Nachrüstung ist die Errichtung eines verglasten Stahlgerüstes möglich, das am Gebäude befestigt wird. Entsprechend sollte die Fassade eine ausreichende Tragfestigkeit aufweisen. Auch Lösungen mit geschlossenen oder teilverglasten Schächten aus Beton oder Mauerwerk können wirtschaftlich und optisch ansprechend realisiert werden.

Zusätzlich zum Anbau des Schachtes müssen auf den Etagen die entsprechenden Zugänge geschaffen werden. Eine direkte Erschließung der Wohnungen durch einen Aufzug ist in Deutschland aus guten Gründen unüblich: So ist beispielsweise schon aus versicherungstechnischen Gründen eine separate Wohnungstür vorgeschrieben. Auch die Anforderungen an den Brandschutz sind in diesem Fall ohne zusätzliche Maßnahmen nicht zu erfüllen. Der Zugang zum Aufzug sollte daher immer zum Treppenhaus oder Flur eines Penthouses erfolgen. Allerdings macht in diesem Punkt nicht selten der gegebene Grundriss einer komplett barrierefreien Zugänglichkeit einen Strich durch die Rechnung, weil die Zwischenpodeste der Treppenläufe meist an der Außenfassade liegen.

In diesen Fällen wird in der Regel jedes zweite Podest durch den Aufzug angefahren. Die Bewohner müssen dann nur noch jeweils ein halbes Geschoss auf- oder abwärts zu ihren Wohnungen überwinden, was bereits einen erheblichen Komfortgewinn darstellt. Dieser lässt sich noch einmal deutlich steigern, indem jedes mögliche Treppenpodest an den Aufzug angebunden wird. So sind fast alle Wohnungen und Liftzugänge über eine halbe Treppe abwärts erreichbar.

Transparenter Lift in Dortmund

Für diese Lösung entschieden sich die Verantwortlichen auch bei der umfangreichen Sanierung der Grotenkampsiedlung in Dortmund. „Die Benutzer empfinden diese Erschließung als deutlich komfortabler als eine halbe Treppe aufwärts gehen zu müssen“, erklärt Dirk Scheffler, der das Bauvorhaben als Architekt geplant hat. Die Verbindung zu den bestehenden Treppenhäusern erfolgt hier jeweils über eine „Brücke“ mit einer vollflächigen Glasfassade. Ohnehin legte die verantwortliche Wohnungsbaugesellschaft GWG Hombruch-Barop eG viel Wert auf die Transparenz und Offenheit der neuen Anbauten. Zwar bestehen die Aufzugsschächte aus Stahlbeton, sie wurden jedoch an der Stirnseite verglast ausgeführt. Aufzugstüren mit Klarglasflügeln und Glasportalen sowie eine transparente Kabinenrückwand tragen zu diesem Eindruck bei. Als Gestaltungshighlight wählte der Architekt eine Innenausstattung in weiß hinterlegtem Glas, die bei der Aufzugserie Schindler 5500 zu den standardmäßig angebotenen Designoptionen gehört. „Diese Oberfläche bietet mehr Helligkeit in der Kabine als Edelstahl, ist unempfindlich gegen Kratzer und leicht zu reinigen“, erläutert Dirk Scheffler seine Wahl.

Höchste Energieeffizienz

Bei dieser Lösung, aber auch, wenn der Aufzug unmittelbar an die bestehende Außenwand anschließen soll, ist es wichtig, die Energieeffizienz der Gebäudehülle mit zu betrachten. Denn durch die direkten Zugänge an den Haltestellen wird der Schacht zum beheizten Gebäudeteil. Die gängigen Konstruktionen der Hersteller sind daher mit Isolierverglasung und wärmegedämmten Dach erhältlich. Um darüber hinaus weitere Wärmeverluste zu vermeiden, bietet sich der Einsatz eines kontrollierten Schachtentlüftungssystems an. Eine konventionelle, permanent offene Lösung sorgt zwar für die vorschriftsmäßige Belüftung und Entrauchung im Brandfall. Allerdings entweicht hierdurch wegen des Kamineffekts auch kontinuierlich Wärme aus dem Gebäude. Bei einem kontrollierten Schachtentlüftungssys-tem hingegen werden vollständig abdichtende Lüftungskomponenten zum temporären Verschließen der Öffnung eingesetzt. Gleichzeitig wird sichergestellt, dass bei intensiver Nutzung des Aufzugs Schacht und Kabine ausreichend belüftet werden.

Ebenfalls zu einem energieeffizienten Gebäudekonzept gehört der energiesparende Betrieb der Aufzüge selbst. Moderne Aufzugsanlagen werden diesen Ansprüchen in vielerlei Hinsicht gerecht. Hier sorgen neuartige Tragmittel anstelle herkömmlicher Stahlseile nicht nur für eine geringere Größe des Antriebs und höheren Fahrkomfort. Es wird auch eine direkte Kraftübertragung ohne Energieverluste gewährleistet. Zudem schalten sich das mit LED betriebene Kabinenlicht sowie Ventilator und Türantrieb bei Nichtbenutzung automatisch in den Standby-Modus. Auch das Bedientableau und die Etagenanzeiger sind mit energiesparenden LEDs ausgerüstet.

Schnelle Ergebnisse, geringe Belastung

Außenseitige Aufzugsnachrüstungen sind grundsätzlich genehmigungspflichtig. Auch müssen baurechtliche Regelungen wie Abstandsflächen oder die notwendige natürliche Belichtung von Aufenthaltsräumen selbstverständlich eingehalten werden. Ähnlich wie Erker oder Balkone können allerdings auch Aufzugsschächte – bei Einhaltung gewisser Höchstmaße und Mindestabstände – als Vorbauten gelten, die über die Außenwand ­hinausragen dürfen. Dank vorgefertigter Bauteile ist eine außenseitige Aufzugsnachrüstung heutzutage in den meisten Fällen schnell und kostengünstig möglich. Besonders wirtschaftlich ist die Nachrüstung in Kombination mit ohnehin geplanten energetischen Sanierungen, Aufstockungen oder Generalsanierungen. Aber auch im bewohnten Zustand lässt sich ein Aufzug ohne größere Einschränkungen für die Mieter nachinstallieren. In der Regel dauern die Arbeiten nur drei bis vier Wochen, wobei der genaue Zeitraum abhängig von der Größe des Aufzugs und der Anzahl der Haltestellen ist.

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