Nobles Bilderbuch

Frauen gelten nicht bloß in der Architekturgeschichte weniger, meist stehen sie im Schatten ihrer männlichen Partner oder Mitverfasser. Eileen Gray ist eine solches Frau, jahrzehntelang war sie so gut wie vergessen, erst in den späten 60er Jahren entdeckte man sie über ihre
Möbelentwürfe wieder, die auf internationalen Auktionen heute horrende Ergebnisse erzielen. Der „Pionierin des modernen Design“ (1878-1976) setzte der Autor und Filmemacher Peter Adam 1987 eine erste umfassende Biografie wie ein Denkmal zur Seite, diese wie einige Wiederauflagen danach machten Gray beinahe schon populär. Weil dem Autoren mehr als 20 Jahre danach leider nicht weiter explizierte „Ungereimtheiten“ auffielen, die zu Mißverständnissen geführt hätten, gibt es nun eine revidierte, aktualisierte Biografie.

Die reich illustrierte Publikation erzählt chronologisch und auf angelsächsische Weise atmosphärisch, eine Stimmung, die in dem wenig bekannten wie zugleich entlarvend schönem Altersporträtfoto der Designerin ganz am Ende kulminiert. Der emphatische, teils sehr persönliche Ton lässt ahnen, dass Adams Texte – er hat Gray noch persönlich getroffen – durchaus interpretierbar sindund auch missverständlich gelesen wurden.

Erhellend wird beispielsweise die Beziehung Gray/Corbusier auf dem Hintergrund von Grays Gesamtkunstwerk E.1027 ausgemalt: LCs Annäherung mittels seines Cabanon oder seine den Entwurf entstellenden Wandmalereien etc. Das sind Geschichten, die weiterer Vertiefung harren, Adams hat uns ein gut lesbares, mit Anekdoten gespicktes, sehr nobles Bilderbuch geschenkt, das jedem Fan ein Muss ist. Mit Literatur- und Personenregister.


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