„Ob Cradle to Cradle am Ende die Welt retten kann?“

Eigentlich startete das hier beschriebene Thema mit einer Recherche zu etwas ganz anderem: Wir wollten wissen, welche Industriepartner wesentlich an der Realisierung der „experimenta“ in Heilbronn beteiligt waren. Die Architekten, Sauerbruch Hutton, Berlin, durften dazu nichts sagen und verwie­sen uns an den Bauherrn, die Dieter-Schwarz-Stiftung. Die leitete uns an Drees & Sommer als den General Construction Manager weiter. Hier kamen wir an die Daten und wie zufällig zu einem Thema, das wir eher in der Lernlandschaft des Neubaus im Neubau- und Stadtquartier Neckarbogen vermutet hatten, nicht aber bei einem führenden Planungs- und Beratungsbüro, das gefühlt bei jedem Großprojekt in Deutschland mit dabei ist.

Das Thema ist die Kreislaufwirtschaft, die Michael Braungart unter dem Label „Cradle to Cradle“ auch in diesem Land bekannt gemacht hat. In den 1980er-Jahren noch Schlotbesetzer und Greenpeace-Aktivist, promovierter Chemiker und Professor für den Cradle to Cradle-Studiengang an der Erasmus-Universität in Rotterdam sowie Professor für Ecodesign an der Leuphana Universität in Lüneburg, hat der Mann mit seiner 1987 gegründeten Environmental Protection Encouragement Agency EPEA in Hamburg Geschichte geschrieben. Geschichte allerdings, die mehr diskursiver Art ist denn anerkannter und schon gar nicht standardisierter Regelfall auf allen Baustellen. Sein „Cradle to Cradle“-Prinzip als Kreislaufwirtschaft muss heute immer noch als (politisches und ganz reales) Gegenmodell zur (Über-)Produktionswirtschaft verstanden werden und damit sind wir wieder mitten in der Corona-Zeit. Als eine Zeit, Atem zu holen, zum Nachdenken zu kommen und den Blick auf Klimawandel und Generationenverantwortung zu schärfen.

Wir sprachen also mit Drees & Sommer, die Anfang 2019 die mehrheitlichen Anteile der EPEA Internationale Umweltforschung GmbH übernehmen konnten. Ganz konkret sprachen wir mit einem der Partner bei Drees & Sommer, dem Geschäftsführer des hier nun EPEA – Part of Drees & Sommer genannten Anteils an der gesamten EPEA, mit Dr. Peter Mösle, um nachzufragen, was sich Drees & Sommer vom Zukauf und der Etablierung der Cradle to Cradle- Designprinzipien verspricht. Ganz zentral: „Wir ­integrieren die Cradle to Cradle-Denke in unsere Planungswelten, sowohl digital als auch vom Mindset her. Wir diskutieren mit den Tragwerksplanern, mit den Gebäudetechnikern, mit den Fassadenplanern, was Cradle to Cradle für diese Gewerke bedeutet und bieten den sogenannten Gebäude-Materialausweis an. Das ist gleichsam unser Planungstool aus der Cradle to Cradle-Welt.“

Gefragt danach, ob er die Vision Michael Braungarts teilt, dass wir bis 2050 die Kreislaufwirtschaft in Deutschland etabliert haben, oder ob ­er nicht Stillstand befürchtet, Verlangsamung, Widerstände: „Ich würde sagen, ja, es bewegt sich viel. Wir haben in der Vergangenheit relativ viel gemacht, auch nach innen. […] Und dann waren wir gut vorbereitet, als im letzten Jahr der sogenannte „Greta-Effekt“ kam mit „Fridays for Future“ und anderem. Nach der Expo Real in München – wir hatten dort einen Cradle to Cradle-inspirierten Messestand – schrieb die Immobilien­zeitung, dass die Antwort auf „Fridays for Future“ Cradle to Cradle sei. Und das Thema kommt mit immer mehr Druck in die Diskussion. Schauen Sie auf den „Green Deal“, der von Brüssel propagiert wird. […] Und wir wollen doch unsere Gebäude einfach besser, zukunftsfähiger machen.“ Aber auch: „Natürlich ist Cradle to Cradle ein Idealsys-tem. […]. Als Idealbild funktioniert das auf jeden Fall, aber es klappt auch schon ganz real für viele Produkte. Komplette Gebäude können wir noch nicht erstellen, aber wir sind schon relativ weit gekommen. Wir haben schon einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht. Entscheidend ist zudem, wer bestellt. Denn wenn es eine Bestellung gibt, dann bewegt sich auch die Industrie und sucht nach Lösungen. Wenn niemand bestellt, bewegt sich auch nichts. Das ist wohl der entscheidende Punkt.“ Das komplette, sehr spannende Interview können Sie auf DBZ.de lesen (Beitragstitel „Ob Cradle to Cradle am Ende die Welt retten kann?“ in die Suchmaske eingeben). Be. K.

www.epea.com
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