Investition in die Zukunft

Schulsanierung und -erweiterung La Mar Bella,
Barcelona/ES

Mit La Mar Bella realisiert das lokale Büro SUMO Arquitectes in Barcelona ein Schulprojekt. Die Architekt:innen sanierten ein Bestandsgebäude, ergänzten das Ensemble um zwei Neubauten und verdoppelten so die Fläche auf 5 400 m2. Nun integriert sich die Grundschule nicht nur harmonisch ins Stadtgefüge, sondern wird gleichzeitig zum neuen Anlaufpunkt für die Nachbarschaft.

Die Grundschule La Mar Bella liegt in Poblenou, einem zentralen Barrio im Herzen der katalanischen Hauptstadt, und verdankt ihren Namen dem nahegelegenen Strand. Durch die günstige Lage direkt am Meer galt Poblenou im 19. Jahrhundert als Nabel der spanischen Industrie und wird nach wie vor von seinem industriellen Erbe geprägt. Heute zieht das Viertel mit seinem Charme nicht nur Tourist:innen aus aller Welt, sondern vor allem die lokale Bevölkerung an.

Eingefasst von der dichten Bebauung, befindet sich hier ein Schulareal. Das Consorci d‘Educació – das für die Verwaltung der öffentlichen Bildungseinrichtungen in Barcelona zuständig ist – lobte 2017 einen Wettbewerb aus, um den in die Jahre gekommenen Bildungsbau an moderne Standards anzupassen und zu erweitern. SUMO Arquitectes konnten sich dabei mit ihrem Vorschlag durchsetzen. Sie entwickelten zwei neue Volumen: einen länglichen Trakt, der an den Bestand anschließt, sowie einen multifunktionalen Solitär, der durch seine zentrale Lage als neues Bindeglied zwischen Schule und Nachbarschaft fungiert. „Die Grenzen des Projekts waren durch das Stadtgefüge von Anfang an klar definiert“, erzählt Pasqual Bendicho, einer der drei Gründer und Partner von SUMO Arquitectes. „Wir wollten mit dem dritten Baukörper eine ganzjährige Nutzung der Schule ermöglichen – sowohl für schul­interne Aktivitäten als auch für öffentliche Veranstaltungen.“

Umstrukturiert und neu belebt

Einer der beiden Neubauten dockt direkt an das bestehende Hauptgebäude aus den 1950er-Jahren an. Gemeinsam ergeben die beiden Gebäudeteile einen L-förmigen Grundriss und fassen den Schulhof ein. Darin sind die Klassen, Lehrerzimmer, die Administration und die Schulcafeteria untergebracht. Der zweite Trakt entsteht auf der Plaça de Sant Bernat Calbó, einem öffentlichen Platz, der in südöstlicher Richtung anschließt und auf dem zuvor eine baufällige Kirche stand. „Die Umstrukturierung und Wiederbelebung des Platzes weckte bei den Nachbarn und Ladenbesitzern großes Interesse“, erinnert sich Pasqual Bendicho und erklärt weiter: „Viele Anrainer zeigten sich jedoch zunächst skeptisch. Daraufhin initiierte das Bildungskonsortium einen partizipativen Prozess im Viertel, um Wünsche zu eruieren und Bedenken aus dem Weg zu räumen. Die einzelnen Parteien auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, bedurfte intensiver Koordination, führte aber auch dazu, dass letztendlich alle mit dem Projekt zufrieden waren.“ Das Ergebnis ist ein freistehendes Gebäude, welches zur Plaça hin großzügig auskragt. In ihm befinden sich die Sport- bzw. Mehrzweckhalle, eine Bibliothek und fachspezifische Räume. Eine Brücke im Obergeschoss verbindet das Volumen mit dem Schulkomplex.

Maximale Effizienz trotz minimaler Klimatechnik

Das Projekt wurde als Niedrigstenergiegebäude (nZEB =
„nearly zero-energy building“) umgesetzt. Hauptaugenmerk lag dabei auf einer effizienten Gebäudehülle, Sonnenschutz und natürlicher Belüftung. Den bestehenden, viergeschossigen Trakt erhielt man weitgehend und dämmte ihn neu. Pasqual Bendicho und sein Team versuchten, „den Energiebedarf mit passiven Systemen bestmöglich zu optimieren.“ Querlüftung garantiert in allen Bereichen der Schule ganzjährig ein angenehmes Raumklima. Außerdem sorgen hinterlüftete Fassaden und Dachaufbauten dafür, dass sich die Gebäude auch in den heißen Sommermonaten nicht zu sehr aufheizen.

Im neuen Klassentrakt gibt es entlang der Längsseiten vorgelagerte Terrassenflächen. Als thermische Pufferzone verschatten sie den Bau, erweitern die Unterrichtsflächen nach draußen und dienen gleichzeitig der Erschließung. Die dem Pausenhof zugewandten Ansichten verfügen über einen mobilen, textilen Sonnenschutz.

Gemeinsam neue Planungswege beschreiten

Für das Tragwerk kombinierte das Planerteam eine Holz-
konstruktion mit einem regelmäßigen Stützraster von 7,4 x 7,85 m und Geschossplatten aus Stahlbeton. Die Betonoberflächen bleiben roh und machen sich die thermischen Eigenschaften des Materials mittels Bauteilaktivierung zunutze. Auf den Dächern beider Neubauten finden nicht nur Photovoltaikpaneele Platz, die das nachhaltige Energiekonzept der Schule komplettieren, sondern auch zusätzliche Außen- und Spielflächen für die kleinen Nutzer:innen.

Die multifunktionale Sporthalle ist – bis auf zwei Wandscheiben aus Beton – komplett in Holz ausgeführt. Eine Holzrahmenstruktur mit 17 m langen Brettschichtholzträgern ermöglicht stützenfreie Grundrisse und minimiert sowohl die Bauzeit als auch den CO2-Fußabdruck des Projekts. Pasqual Bendicho bezeichnet das Projekt als neue Erfahrung für alle Disziplinen: „Ein Holzbauprojekt in diesem Maßstab war nicht nur für uns eine Premiere. Auch für die Baufirma stellte der Transport der Kiefernholzträger durch die Straßen Barcelonas eine spannende Herausforderung dar.“

Das Schulhaus als Pädagoge

Im Inneren der La Mar Bella-Schule unterstützen vielseitige, flexibel bespielbare Räume das moderne Bildungskonzept. Anstatt starrem Frontalunterricht setzt man auf kleinere Gruppen und interaktives Lernen. Je nach Bedarf können die Erschließungs- und Außenflächen umfunktioniert und mitgenutzt werden. Installationen integrierte man unverkleidet in das Design. Das erleichtert zum einen die Wartung von Rohren und Leitungen und liegt darüber hinaus einem pädagogischen Ansatz zugrunde: „Ein Bau ist nicht nur eine leere Hülle – er braucht versorgende Mechanismen und das wollten wir zeigen. Der Einblick in die Funktionsweise der Schule soll die Neugier der Kinder wecken“, begründet Pasqual Bendicho die Inten­tion der Architekt:innen. Zusätzlich entwickeln die Schüler:innen durch spielerische Elemente ein tieferes Verständnis für das Gebäude: In jedem der Klassenzimmer veranschaulicht ein ampelartiger Sensor die Luftqualität. Während Grün für gute CO2-Werte steht, motiviert ein oranges Lichtsignal zum Öffnen der Fenster oder aktiviert die mechanische Belüftung.

Miteinander – in Bau und Praxis

Ein respektvolles und bereicherndes Miteinander zog sich laut SUMO Arquitectes durch sämtliche Phasen der Sanierung und Erweiterung. Von der Umsetzung bis hin zur Nutzung trugen alle Beteiligten das ihre zum Erfolg des Projekts bei und machten es zum Vorbild für zukünftige Bildungsbauten in der Region. Trotz des knapp bemessenen Budgets und obwohl das Vorhaben vor allem bei den Anrainern zunächst nicht nur auf Gegenliebe stieß, wurde man schließlich allen Anforderungen gerecht. Mit intelligenten Planungslösungen, energieeffizienter Gebäudetechnik und der raffinierten Einbettung in den urbanen Kontext schafft das Schulensemble einen Mehrwert für das gesamte Viertel, ohne dabei die eigentlichen Protagonisten zu vergessen – die Schulkinder.⇥Edina Obermoser

Mit der Erweiterung und Sanierung der bestehenden Grundschule wird eine Abfolge spannender Räume geschaffen: Der neu definierte städtische Vorplatz lässt sich, wenn gewünscht, mit dem Pausenhof verbinden. Eine den Klassenzimmern vorgeschaltete Pufferzone bereitet einen fließenden Übergang zwischen Gebäude und Freiraum. Dieser Zwischenraum, der auch als flexibles Verschattungs-element dient, wird zum lebendigen Ort für Begegnung und Austausch« DBZ Heftpartnerinnen Maria Hirnsperger und Angie Müller-Puch, Behnisch Architekten München/ Weimar

Projektdaten

Objekt: Schule La Mar Bella

Standort:  Poblenou, Barcelona/ES

Typologie: Schule, Öffentliches Gebäude

Bauherr: CEB Consorci d’Educació de Barcelona/ES

Architektur: SUMO arquitectes, Barcelona/ES,

www.sumo-arquitectes.com

Projektteam: Marc Camallonga, Jordi Pagès, Pasqual Bendicho

Generalunternehmung: Natursystem / Eurocatalana

Bauzeit: 08.2018 - 01.2021

Grundstücksgröße: 3 160 m²

Geschossfläche: 5 400 m²

Nutzfläche gesamt: 5 335 m²

Haupt-Nutzfläche: 4 200 m²

Zusätzliche Nutzfläche: 1  075 m²

Verkehrsfläche: 60 m²

Brutto-Grundfläche: 6 535 m²

Brutto-Rauminhalt: 19 145 m³

Baukosten: 5 700 000 €       

Gesamt-Nutzfläche (Sporthalle): 1 055 €/m²

Brutto-Rauminhalte (Sporthalle): 297,72 €/m³

Fachplanung

Tragwerksplanung: Manuel Arguijo Associats, Barcelona/ES, www.manuelarguijo.com

HKL-Planung / Lichtplanung / Akustik / Brandschutz / Elektro-Installation: AIA Instal.lacions arquitectoniques, Barcelona/ES, www.aia.cat

Energie-Planung: Dekra. Oriol Barber, Barcelona/ES, www.dekra.es

Interior Design / Fassadenplanung: SUMO arquitectes, Barcelona/ES, www.sumo-arquitectes.com

Landschaftsarchitektur: Manel Colominas, Barcelona/ES

Energiekonzept

Primärenergiebedarf: 6,72 kWh/m²a

Endenergiebedarf: 32,22 kWh/m²a

Jahresheizwärmebedarf: 5,59 kWh/m²a

Jahreskühlbedarf: 19,03 kWh/m²a

Energiekonzept:

U-Werte Gebäudehülle:

Betonfassade = 0,25 W/(m²K)

Hinterlüftete Fassade = 0,19 W/(m²K)

Fassadenpaneele = 0,36 W/(m²K)

Dach = 0,24W/(m²K) – 0,19 W/(m²K)

Fensterrahmen (Uw) =   3 W/(m²K)

Verglasung (Ug) = 1,1 W/(m²K)

G-Wert Verglasung: Süd-Ost-, Süd-West-Öffnungen: 0,65, Nord-Ost, Nord-West-Öffnungen: 0,38

Photovoltaik (geplant): 50,46 kWpeak

Herstellerfirmen

Bodenbelag: Tarkett, www.tarkett.es

Dach: Tenissinco, www.tenissinco.com

Fassade: Viroc, www.investwood.pt

Fenster: Cortizo, www.investwood.pt

Trockenbau: Placo, www.grupoplacosa.com

Innenausbau: Fundermax, www.fundermax.com

Sanitär: Roca,  www.roca.com

Software: Autocad LT, www.autodesk.com

Sonnenschutz: Cortinsa, www.cortinsa.com

Türen, Tore: Fusdos, www.fus-dos.com

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