Sichere Innendämmung
Energetische Sanierung von Außenwänden
Von ca. 41 Mio. Wohnungen in Deutschland sind rund 68 % älter als 35 Jahre und damit vor der 1. Wärmeschutzverordnung vom 11. August 1977 errichtet worden. Bis dahin gab es in Deutschland lediglich das technische Regelwerk der DIN 4108, aber keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften zum energiesparenden Wärmeschutz. So ist davon auszugehen, dass flächenbezogen 72 % der Außenwände der Baualtersklassen vor 1978 noch nicht gedämmt sind und mehr als 90 % der gesamten Heizenergie für Wohngebäude verbrauchen. Das größte Potential zur Senkung des Heizenergieverbrauchs und somit zu einer Senkung des Energiebedarfs liegt somit in der Sanierung des Gebäudebestands.
Neben der Verbesserung der Anlagentechnik hat der Eigentümer die Wahl, Maßnahmen an der Gebäudehülle vorzunehmen. Hochrechnungen zeigen allerdings, dass ca. 20 % des Baubestands und damit ca. 1,8 Mrd. m²
Fassadenflächen aufgrund von Eigentumsverhältnissen, Platzproblemen oder denkmalschutzrechtlichen Vorgaben nicht von außen gedämmt werden können. Die Innendämmung gewinnt daher bei der Diskussion um Energieeffizienz zunehmend an Bedeutung. Eine fachgerechte Sanierung unter Berücksichtigung bauphysikalischer Erfordernisse mit sorgfältiger Analyse des Baubestandes und eine entsprechend fachmännische Planung sowie Umsetzung der Dämmung sind dabei wesentlich für den Erfolg.
Bauphysikalische Betrachtung
Betrachtet man gemäß DIN 4108 eine 24 cm starke ungedämmte Ziegelwand unter winterlichen Temperaturverhältnissen, stellt man fest, dass mit einem R-Wert von 0,35 m²K/W nicht einmal der Mindestwärmeschutz erreicht wird und es mit einer Oberflächentemperatur von 11,4 °C zur Schimmelpilzbildung kommen kann.
Im Vergleich dazu führt eine nur 10 cm dicke Außen- oder Innendämmung WLG 045 schon dazu, dass die Temperatur an der Wandinnenseite um über 7 °C angehoben wird: Neben der Heizkosteneinsparung führt dies auch zu einem angenehmen und behaglichen Raumklima. Denn je näher die Oberflächentemperatur der Wandinnenseite an der Raumtemperatur ist, desto angenehmer wird auch das Raumklima empfunden – und das bei deutlich verminderten Zugerscheinungen.
Im Winter bildet sich durch den Temperaturunterschied zwischen Innen- und Außenseite der Außenwand ein Dampfstrom vom Raum in die Wandkonstruktion hinein. Je höher die Raumtemperatur, desto größer ist der Temperatur- und Dampfdruckunterschied zur Außenluft und damit das Gefälle. Der Dampfstrom wird auf der kalten Seite der Dämmung kondensieren.
Dieser bauphysikalische Vorgang führt zu unterschiedlichen Lösungsansätzen. So kann die Konstruktion zur Innenraumseite hin gegen den Wasserdampfstrom durch Dampfbremsen abgedichtet werden, wie z. B. bei Innendämmsystemen aus Polystyrol und Gipskarton oder Mineralwolle. Doch schon leichte Beschädigungen der Dampfbremse/Folie können die Konstruktion insgesamt stark schwächen.
Erfolgreiches Feuchtemanagement
Als Alternative bietet sich ein diffusionsoffenes, kapillaraktives und vor allem hydrophiles Innendämmsystem an. Anfallendes Kondensat kann durch die kapillaraktiven
Eigenschaften des Materials schnell aufgenommen werden. Ein weiterer Vorteil eines solchen Systems ist der diffusionsoffene Wandaufbau, der eine Austrocknung der Konstruktion nach innen und außen ermöglicht. Darüber hinaus können Feuchtespitzen in der Raumluft im Dämmsystem zwischengespeichert und bei Entlastung wieder abgegeben werden. So wird für ein behagliches und angenehmes Raumklima gesorgt und Schimmelpilzbildung vorgebeugt.
Wahl des Dämmstoffes
Um die richtige Materialauswahl für die jeweilige Sanierungssituation zu treffen, sollte man die Produktdaten und -eigenschaften der verschiedenen kapillaraktiven Dämmstoffe auf dem Markt vergleichen. Neben dem λ-Wert sind dies der Diffusionswiderstand, der bei fast allen Dämmstoffen sehr gering ausfällt, aber auch die Frage, ob das Material hydrophil, also „wasserliebend“ ist und somit das anfallende Kondensat schnell aufnehmen und weiter verteilen kann. Eine Kalzium-Silikatplatte zum Beispiel ist zwar als Schimmelsanierungsplatte gut geeignet, kommt aber aufgrund eines Wertes von etwa λ = 0,065 W/mK nicht als Wärmedämmung in Frage.
Einen wichtigen Hinweis auf die kapillaraktive Qualität des Dämmstoffes gibt der AW-Wert, der beschreibt, wie schnell ein Dämmstoff Wasser aufnimmt. Je höher dieser Wert ist, umso schneller nimmt das Material Feuchtigkeit auf. Hydrophobe, also wasserabweisende Dämmstoffe weisen einen Wert AW-Wert von unter 0,02 kg/(m² s0,5) auf, sehr gute hydrophile Dämmstoffe Werte über 1,75 kg/(m² s0,5).
Sorgfältige Vorbereitung und Ausführung
Bei der Innendämmung kommt es nicht nur auf den Dämmstoff an, sondern vor allem auch darauf, sämtliche dazugehörigen Systemkomponenten konsequent anzuwenden, um ein optimales Funktionieren zu gewährleisten. Die zu dämmenden Untergründe müssen eben sein, da bei der Verklebung der Dämmplatten sonst Hohlräume zwischen Wand und Dämmung entstehen können.
Unebenheiten sind durch einen nicht feuchteempfindlichen Ausgleichsputz, z. B. aus Kalk oder Kalk-Zement, oder andere geeignete Maßnahmen zu egalisieren. Alle Anschlüsse an Wandöffnungen, wie Fenster, Türen sowie Fensterbänke, müssen sorgfältig luftdicht abgedichtet werden. Laibungsbereiche sowie einbindende Decken und Innenwände sind bei der Planung zu berücksichtigen.
Der Untergrund muss ferner trocken, tragfähig, staubfrei und frei von Ausblühungen sowie von unverträglichen Beschichtungen sein. Nicht tragende Altputze, Anstriche, Alttapeten, feuchteempfindliche Putze und Schimmel sind unbedingt zu entfernen.
Wärmebrücken berücksichtigen
Der Einbau einer Innendämmung bewirkt immer eine Absenkung der Temperaturen der Außenwand. An allen Anschlussstellen – Fensterlaibungen, Geschossdecken, einbindende Innenwände usw. – muss deshalb der Einfluss der Wärmebrücken durch Begleitdämmungen reduziert werden. So wird die Temperaturabsenkung begrenzt und das Entstehen von Kondensat und ein mögliches Schimmelpilzwachstum an den angrenzenden Anschlussstellen und -wänden verhindert.
Bauphysikalische Bedingungen
Neben den Wärmebrücken sollte auch auf die Feuchtesituation der Konstruktion geachtet werden. Um eine umfassende bauphysikalische Beurteilung zu ermöglichen, ist eine vorherige Begehung des Bauvorhabens (mit einem Sachverständigen) unbedingt erforderlich, u. a. um eventuell aufsteigende Feuchtigkeit, Salzbelastungen und die Schlagregendichte der Fassade prüfen zu können.
Möglich ist ein rechnerischer Nachweis über das Feuchteverhalten der Gesamtkonstruktion, wobei eine klassische Software, die ausschließlich auf dem Glaserschema beruht, nur den Dampftransport im hygroskopischen Bereich berücksichtigen kann und für die Bewertung von kapillaraktiven Innendämmun-gen ungeeignet ist.
Ein für den Baupraktiker einfaches und innovatives Programm ist Cond, das – eindimensional und unter stationären Bedingungen – das Feuchteverhalten und die kapillaraktiven Eigenschaften der Materialien mit einbezieht. Das Programm eignet sich be-sonders zur feuchtetechnischen Berechnung, Optimierung und zum Nachweis von mehrschichtigen Außenwandkonstruktionen, vor allem für kapillaraktive Materialien. Objektbezogene Berechnungen mit Cond ermitteln den Einfluss von Sanierungsmaßnahmen und eventuelle Schadensrisiken und erfüllen alle Anforderungen der DIN 4108. Nach Angaben zur Nutzung, zum Baujahr und zum Wandaufbau mit den einzelnen Schichtstärken erhält man eine Auswertung mit Empfehlungen zu weiteren Schritten.
Innendämmung von Fachwerkgebäuden
Einen Sonderfall bei der Innendämmung im Sanierungsfall bilden Fachwerkgebäude. Eine Innendämmung stellt hier eine anspruchsvolle Aufgabe dar, denn die fugenreichen Konstruktionen aus hölzernem Tragwerk und verschiedenen Ausfachungsmaterialien reagieren empfindlich auf jede bauliche Veränderung. Der maßgebende Unterschied von Fachwerk zu Ziegelwandkonstruktionen besteht darin, dass der Baustoff Holz sich der relativen Feuchte der umgebenden Luft anpasst. Diese Feuchte wiederum beeinflusst erheblich das Schwinden und Quellen des Holzes. Den jahreszeitlichen Witterungen ausgesetzt ist es also ständig in Bewegung und macht die schlagregendichte Fugenausbildung einer Fachwerkfassade unmöglich. Diese Tatsache muss sowohl bei der Beurteilung der Konstruktion als auch bei den erforderlichen regelmäßigen Wartungsarbeiten berücksichtigt werden.
Aufgrund der Schlagregenproblematik und den oftmals sehr geringen Wandstärken von oft nur 15 cm ist bei der Wahl des Dämmmaterials und der Dämmstärken darauf zu achten, nicht zu viel des Guten zu tun: Fachwerk sollte möglichst diffusionsoffen und nur mäßig gedämmt werden, damit das Trocknungspotential der Bestandswand erhalten bleibt. Dabei stellt die Erreichung des Mindestwärmeschutzes jedoch das Mindestmaß für das angestrebte Ziel dar.
Innendämmung funktioniert
Berücksichtigt man die verschiedenen Anforderungen und Regeln, die an eine Innendämmung gestellt werden, so kann man heute positive und langlebige Ergebnisse erzielen, die sowohl der Energieeffizienz dienen als auch angenehme und schützende Auswirkungen auf das Raumklima und die Gebäudesubstanz haben. Dank innovativer Dämmsysteme, wie z. B. dem TecTem® Historic System, steht einer fachgerechten Sanierung auch von Fachwerkgebäuden nichts mehr im Wege.