Innendämmung und Wandfeuchte
Messdaten einer Gebäudesanierung

Ein Wohngebäude mit Fassaden aus Sichtmauerwerk in Ludwigshafen aus dem Jahre 1892 wurde im Laufe des Jahres 2005 umfassend modernisiert. Bauherr und Auftraggeber ist die LUWOGE, das Wohnungsunternehmen der BASF. Bei der Sanierung wurden, soweit möglich, Passivhauskomponenten verwendet. Die Fassade sollte erhalten bleiben, daher erfolgte die Dämmung der Außenwände mit 8 cm Innendämmung. Während der Planungsphase und den Sanierungsarbeiten erfolgten Beratungen bezüglich Wärmebrücken, Energiebilanzierung des Gebäudes und Qualitätssicherung durch das Passivhaus Institut (PHI).

Nach einer Fassadenreinigung wurde ein hydrophobierender Fassadenschutz aufgebracht. Das PHI führt an dem Gebäude über 4 Jahre eine begleitende messtechnische Untersuchung zum Thema Innendämmung durch.

 

Gebäudesanierung mit Innendämmung

Um 1900 entstanden in der Ludwigshafener Hemshofsiedlung für die Mitarbeiter der BASF zahlreiche kleine Mehrfamilienhäuser; für das gesamte Viertel besteht einen Ensembleschutz.

Neben der Innendämmungsmaßnahme wurden u.a. auch Maßnahmen zur Einbindung der Fenster und Verbesserungen im Dachaufbau ausgeführt sowie die Dachgauben verändert.

Der Heizwärmebedarf des Gesamtgebäudes wurde von etwa 250 kWh/(m²a) auf einen Primärenergiebedarf von 53 kWh/(m²a) verbessert (Berechnung nach PHPP, Bezugsgröße: Energiebezugsfläche).

Für die Innendämmung kamen Verbund-Platten (Typ „Doublissimo“, Fa. Rigips) mit 8 cm Dämmstoff „Neopor“ (? = 0,035 W/(mK)) und einer raumseitigen Gipsplatte (12,5 mm) zum Einsatz. Die Platten wurden auf den vorbehandelten alten Innenputz vollflächig aufgeklebt. Auf die Verbund-Platte wurde dann die Dampfsperre (sd > 100 m) aufgebracht und allseitig – also zu Boden, Decke und einbindenden Wänden sowie zu Bauteilen wie z.B. Fenstern - sorgfältig luftdicht abgeklebt. Dies ist insbesondere bei Innendämmungen zwingend notwendig, um zu verhindern, dass Raumluftfeuchte hinter die Dämmung gelangt.

Als raumseitiger Abschluss folgt dann eine weitere Gipskartonplatte. Damit wurde der Regel-Wandaufbau von vormals U = 1,55 W/(m²K) auf U = 0,32 W/(m²K) verbessert. Die wärmetechnische Problematik der einbindenden Innenwände wurde gelöst, in dem die Innendämmung beidseitig auf den Innenwänden ca. 50 cm herumgezogen wurde. Um einen einheitlichen Wandeindruck (ohne Absatz) zu erhalten wurden die gesamten Oberflächen aller restlichen Innenwände mit Gipskartonplatten beplankt (typischer Trockenbau, auf einer Unterkonstruktion). Der entstehende Hohlraum wurde aus schalltechnischen Gründen mit Glaswolle gefüllt.

Die Fassade wurde von außen mit einem speziellen Verfahren gesäubert (Glasperlenstrahlen), am 19.9.2005 wurde ein hydrophobierender Fassadenschutz (Disboxan 450, Fa. Caparol, zweifach nass in nass) aufgebracht. Aufgrund der Messdaten und des ungewöhnlich saugfähigen Vormauerziegels wurde am 15.9.2008 nochmals die gesamte Fassade hydrophobiert. In einem genauer untersuchten Raum im EG wurde die eine Hälfte der Außenwand (Südwest-Wand) bei der Sanierung raumseitig mit einer feuchteadaptiven Dampfbremse (Kürzel: AB) ausgerüstet. Die andere Hälfte wurde - wie auch alle restlichen Wände - mit einer konventionellen Dampfsperre (Kürzel: DS) ausgestattet. Damit ist messtechnisch der direkte Vergleich zwischen den beiden realisierten Varianten möglich. In diesem Bericht werden die „klassischen“ eingeführten Begriffe „Dampfsperre“ und „Dampfbremse“ verwendet. Dabei verfügt die feuchteadaptive Dampfbremse (Typ „Vario KM“, Fa. Isover) aus Polyamid über Sd-Werte zwischen 2 und 5 m. Die „konventionellen“ Dampfsperre verfügt über einen Sd-Wert > 100 m (Typ „Saco“, Fa. Ursa).

Die Untersuchungen der Innendämmung auf Luftdichtheit wurde mittels Thermographie bei Unterdruck im Gebäude durchgeführt. Dabei erwiesen sich die Anschlüsse als ausreichend dicht. Mittels zusätzlicher Messungen nach dem Dielektrizitätskonstante- Hochfrequenzmess-Prinzip im September 2006 konnte ausgeschlossen werden, dass es sich in der Wand um aufsteigende Feuchtigkeit aus dem Kellerbereich handelt. Eine weitere Untersuchung der Wand mit einem Mikrowellensensor wurde Anfang Dezember 2006 vom PHI durchgeführt. Die Ergebnisse der Feuchtemessungen an den Außenoberflächen der Außenwände des Gebäudes zeigen unkritische Werte von 0,2 bis 1,9 (Massen)% Wasser sowohl in den oberflächennahen Schichten (ca. 2 bis 3 cm), als auch in Tiefen von etwa 30 cm. Der Vergleich mit der wetterabgewandten Seite sowie mit einem unsanierten und unbeheizten Nachbargebäude zeigte ähnliche Werte. Die Messungen entsprechen damit etwa der Ausgleichsfeuchte des Materials. Damit liegen die Material-Feuchtegehalte in einem üblichen Bereich, der für die Wand als nicht kritisch zu bewerten ist.

Messaufbau Dauermessung

Ziel der messtechnischen Untersuchung ist die bauphysikalische Überprüfung der Innendämmmaßnahme in einem Bestandsgebäude. Um das feuchtetechnische Verhalten der Außenwand nach der Modernisierungsmaßnahme mit Innendämmung überprüfen zu können, ist eine Langzeitmessung über mehrere Jahre notwendig. Zur feuchtetechnischen Bewertung der Konstruktion wurden an zwei Stellen im Wandaufbau die Daten der kontinuierlichen Temperatur- und Feuchtemessung in zehnminütigen Messintervallen aufgezeichnet. Die feuchtetechnischen Untersuchungen der zweischaligen Wand erfolgten in einem Wohnraum im Erdgeschoss des Hauses an der Süd-West-Fassade. Beide Wandhälften des Zimmers, mit Dampfbremse bzw. Dampfsperre, wurden jeweils mit den gleichen Messgeräten ausgestattet (siehe Abbildung ). Im Raum ist zusätzlich noch eine Messstelle zur Erfassung der Raumluftbedingungen (relative Feuchte und Temperatur) montiert. Außen an der Außenwand befinden sich zwei Schlagregensensoren.

Messergebnisse und Simulation

Die für die Untersuchung des Wandaufbaus im Bezug auf die Feuchteentwicklung wichtigsten Messpunkte sind die vier Temperatur/Feuchtesensoren im Wandaufbau. Zwei befinden sich in der Ebene des alten Putzes, direkt überdeckt von der neuen Innendämmungsplatte. Die beiden anderen sind in den Vormauerziegeln, etwa 5 cm vor der Außenoberfläche positioniert. Die Messergebnisse dieser vier Sensoren während der 4 Jahre sind in der nächsten Abbildung dargestellt.

Es dauerte mehrere Monate bzw. über 2,5 Jahre (Bereich DS, alter Putz), bis sich an den Messpunkten im Wandaufbau Trocknungsvorgänge zeigten. Diese werden zum Teil durch massive Schlagregenereignisse schlagartig wieder unterbrochen (z.B. Juni 2006). Dieses Verhalten erklärt sich aus dem geringen Schlagregenschutz des Vormauerziegels, welcher trotz der nach Herstellerangaben doppelt aufgebrachten Hydrophobierung für einen Wandaufbau mit Innendämmung nicht ausreicht. Die extrem hohe Wasseraufnahmefähigkeit der vorhandenen Ziegel erlaubte zwar eine sehr tiefgehende Hydrophobierungsschicht (Eindringtiefe 30 mm), der  Wasseraufnahmekoeffizient war jedoch nach doppeltem Auftrag mit etwa 0,11 kg/(m²s0.5) noch völlig unzureichend.

Eine Probe der Wandziegel wurde für diese Untersuchung am IBK (Institut für Bauklimatik) der Fakultät Architektur, Technische Universität Dresden u.a. auf seine  Wasseraufnahmefähigkeit untersucht. Beim Ergebnis der unterschiedlichen Hydrophobierungen sowie der Vergleich mit anderen Ziegeln zeigt sich, dass bei diesem Ziegel erst eine vierfache Hydrophobierung den gewünschten Effekt erzielt. Aufgrund der Messergebnisse, welche die sehr langsame Trocknung im Bereich des alten Putzes insbesondere auf der Seite der Dampfsperre zeigen, sowie der durchgeführten bestätigenden Simulation wurde am 15.09.2008 eine erneute, doppelt aufgetragene Hydrophobierung (nass in nass) durchgeführt. Erst damit ergibt sich der ausreichenden Schlagregenschutz.

Nach der erneuten Hydrophobierung blieb auch während der Winterzeit die relative Feuchte deutlich unterhalb der 80%-Grenze. Jetzt zeigt sich auch messtechnisch das vorab mittels Simulation berechnete Ergebnis: Ob als raumseitiger Wandabschluss eine Dampfsperre oder eine feuchteadaptive Dampfbremse verwendet wird, ist für das Ergebnis von geringer Bedeutung. Bei ausreichendem Schlagregenschutz verhalten sich beide Konstruktionen fast identisch und bleiben in unbedenklichen Feuchtebereichen.

Die Oberflächentemperatur auf der Innenseite der Außenwand zeigt ebenfalls gute  Raumbedingungen: Der Unterschied zwischen der Oberflächentemperatur und der Raumlufttemperatur liegt im Kernwinter bei passablen 1,7 bzw. 1,8 K. Die Simulation kann das thermisch-hygrische Verhalten des Wandaufbaus nach der ersten Austrocknung, d.h. nach dem Sommer 2007 bzw. 2008, gut nachbilden. Die extrem starken Auffeuchtungen in der Anfangszeit lassen sich jedoch nur unzureichend beschreiben, selbst wenn eine erhöhte Baufeuchte in der Ebene des alten Putzes, bzw. Kleberschicht hinter der Innendämmplatte und ein zusätzlicher Feuchteeintrag an der Außenseite während der Hydrophobierung angenommen werden. Aus diesem Grund scheint es ratsam, derartige Messungen immer über mindestens zwei, besser jedoch drei Heizperioden nach der Fertigstellung einer Innendämmung durchzuführen. Wichtig ist auch die Verfügbarkeit von Materialdaten. Trotz umfangreicher Datensammlungen ist es wichtig, dass Messwerte zu den jeweils eingesetzten Materialien vorliegen. Eine Hydrophobierung birgt zudem immer die Gefahr, dass Risse an der Schnittstelle Ziegel zu Mörtelfuge zusätzliche Pfade für das Eindringen von Schlagregen bilden können, was ein Grund für die hohen Anfangsfeuchten sein könnte.

Als Fazit zeigt sich zum einen der Erfolg der Innendämmungsmaßnahme mit einem ausreichend trockenen Wandaufbau. Zum anderen muss herausgestellt werden, dass bei zukünftigen Sanierungen mit Innendämmung individuelle auf das Bauvorhaben zugeschnittene Voruntersuchungen zur Wirksamkeit der Hydrophobierungen an der Original-Bestandsmauerwerksoberfläche (nach der Reinigung der Oberfläche) vorgenommen werden müssen. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Schlagregenschutz ausreichend wirksam und funktionsfähig aufgebracht wird. Dabei muss bedacht werden, dass die Hydrophobierung auf jeden Fall in regelmäßigen Abständen erneuert werden muss.

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