hg merz architekten

Staatsoper Berlin

Die Berliner Staatsoper Unter den Linden ist eine der großen Prestigebauten des geschichtsträchtigen Boulevards zwischen Brandenburger Tor und Museumsinsel. Von 2010 bis Ende 2017 wurde das Ensemble aus Staatsoper, Intendanz und Probenzentrum unter der Leitung des Büros hg merz saniert. Das Architekturbüro setzte dabei auf ein behutsames Zusammenspiel von Tradition und moderner Technik, das den Kontext von Kultur und Ästhetik in allen Elementen aufgreift.

Für hg merz bedeutete das Projekt eine Auseinandersetzung mit dem Usprungsbau aus dem 18. Jahrhundert und vor allem mit dem Wiederaufbau nach dem Krieg. Die Lindenoper wurde auf Geheiß König Friedrich II. durch den Architekten Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff errichtet. Im städtebaulichen Ensemble des Forums Fridericianum kombinierte Knobelsdorff das ursprüngliche neopalladianische Langhaus mit verspielt friderizianischen Rokoko-Dekorationen im Innenraum. Eröffnet 1742, erlebte die Staatsoper in den folgenden Jahrhunderten zahlreiche Umbauten, unter anderem bedingt durch Brände, Kriegsschäden und veränderte bauliche Anforderungen. Die Architekten hatten die Auflage, sich bei der Sanierung am Gestaltungskonzept des Architekten Richard Paulick zu orientieren, der die Staatsoper nach dem Krieg 1952–55 im Sinne von Knobelsdorff wiederaufbaute. „Paulick hatte mit seinem Entwurf die Sünden der Kaiserzeit behoben: den Bühnenturm verkleinert und die Fassade wieder auf die klassizistische Ausprägung nach Knobelsdorff zurückgeführt. Eine Rückbesinnung auf Paulick war daher schlüssig. Auch die Gestaltung der neuen Nachhallgalerie im Zuschauerraum haben wir aus dem Paulick’schen Formenrepertoire abgeleitet. Die Farbigkeit der Umgänge wurden wiederhergestellt: sehr schöne, zarte Farben. Das Rot in der Saaldecke wurde jedoch etwas zurückgenommen, um die neuen Elemente besser in die Substanz zu integrieren. Die Zuschauer suchen einen Ort, der voll ist mit Geschichte, großen Künstlern und einzigartigen Aufführungen – ich denke, das konnten wir mit der behutsamen Ergänzung und Restaurierung erreichen -, eine magische Atmosphäre, die man an solch einem Ort auch erwarten darf“, erläutert hg merz die Rückführung auf die Nachkriegs-Gestaltung des Opernbaus.

Um die Abläufe für den Spielbetrieb zu optimieren, wurde die bauliche Gestaltung umfassend neu geplant. Dazu gehörten Maßnahmen wie die Entkernung des Bühnenhauses oder die Erweiterung zur Kreuzbühne, die neu abgedichtet und mit zusätzlichem Tragwerk versehen wurde. Behutsam saniert wurde auch der Zuschauerbereich samt Umgängen sowie das Intendanzgebäude, in dem sich Verwaltung und Büros befinden. Das Probenzentrum erhielt eine komplett neue innere Struktur, behielt jedoch seine historische Fassade: Zwei Drittel des ehemaligen Magazingebäudes mussten weichen, der Neubau verfügt nun über zwei große Probensäle sowie kleinere Probenräume.

Massive Eingriffe waren nötig, um das Haus vom Grundwasser abzudichten und moderne Technik installieren zu können. Ein unterirdisches Bauwerk verbindet das Probenzentrum mit der Oper und dient auch als Transportweg für die Bühnendekoration und Werkshalle. Zwar ist das Bauwerk nicht sichtbar, jedoch war es ein erheblicher Teil der Architekturleistung. Ein besonderer Wunsch von Daniel Barenboim, Generalmusikdirektor der Staatsoper, war die Verbesserung der Akustik. Diese Herausforderung meisterte das Architekturbüro durch eine Vergrößerung des Zuschauersaals um 50 %. Die Saaldecke wurde um 5 m angehoben, wodurch eine Nachhallgalerie entstanden ist, die die historische Dachgeometrie mit einbezieht. Das Gitternetzwerk aus glasfaserverstärkter Keramik wurde oberhalb des dritten Rangs optisch stimmig in das Gesamtbild eingefügt. Unsichtbare Reflektoren sorgen dafür, dass sich der Nachhall von 1,1 auf 1,6 Sekunden verlängert.


Projektdaten

Objekt: Deutsche Staatsoper Berlin
Bauherr: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Berlin
Architekten: hg merz architeken museumsgestalter

BFG: ca. 49.731 qm
Planungsbeginn: 2010
Fertigstellung: 2017

Die Fachplaner

hg merz ist als Architekturbüro auf den Umbau und die Erweiterung historisch bedeutender Gebäude spezialisiert. Bauen im denkmalgeschützten Bestand und die Verknüpfung baulicher, konservatorischer und musealer Anforderungen bilden seit über 30 Jahren, neben der Ausstellungs- und Museumsgestaltung, den Fokus der Arbeit von hg merz. Als Gründer und Geschäftsführer von hg merz kuratiert Prof. Dr.-Ing. h. c. HG Merz seit über 30 Jahren Ausstellungen, konzipiert Museen, erstellt Masterpläne für Kulturinstitutionen und berät Auftraggeber und Architekten auf internationaler Ebene.Geschichte und Ereignisse dem Verstehen aufzuschließen, ist nicht nur das Ziel seiner Museumsprojekte, sondern auch der Leitfaden für die Restaurierung und Erweiterung historisch bedeutsamer Architektur.Neben seinem interdisziplinären Team steht HG Merz dabei ein enges internationales Netzwerk von Experten aus Architektur, Wissenschaft,Kunst und Design zur Seite.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 05/2018

Staatsoper, Berlin

Von 2010 bis Ende 2017 wurde das bauliche Ensemble aus Staatsoper, Intendanz und Probenzentrum auf der Berliner Museumsinsel unter der Leitung des Büros hg merz saniert. Für das Architekturbüro...

mehr

Neues von der Baustelle

Staatsoper Berlin ist am Sonntag, den 17. Juli 2016, frei für öffentliche Führungen

„Neues von der Baustelle“ meldet die Baustelle, also die Bauherrin der Baustelle Opernsanierung in Berlin. Und wirklich: Es gibt Neues! (alles andere wäre dann ja auch die Fortsetzung des...

mehr
Ausgabe 04/2009

Op(f)er unter den Linden? HG Merz verspricht Schnitte, bei allem nötigen Respekt

Die Querelen und Anfeindungen im Zusammenhang mit der geplanten Sanierung/dem Umbau der Berliner Oper unter den Linden sind noch gegenwärtig (DBZ 07/2008, S. 4, 08, S. 11), Eile war also nach dem...

mehr
Ausgabe 11/2017

Fertig: Staatsoper Unter den Linden, Berlin

Die Sanierung der Staatsoper Unter den Linden ist abgeschlossen. Man wollte schreiben: endlich! Mit ihrer Wiederinbetriebnahme Anfang Dezember 2017 geht ein achtjähriger Bauprozess zu Ende, der in...

mehr
Ausgabe 09/2016

„Gropius-Ensemble“, Berlin www.davidchipperfield.co.uk, www.forum-museumsinsel.de

So ganz langsam nimmt das ab: Berlin als eine Agglomeration von Dörfern, die unverbunden und recht eigenständig über Jahrhunderte koexistierten. Die Stadt wächst also innen zusammen. Eine...

mehr