Umnutzung des Commerzbank-Hochhauses, Düsseldorf
Auf den ersten Blick sieht die Fassade des ehemaligen Commerzbank-Hochhauses neu aus. Auf den zweiten Blick bemerkt man eine dezente Patina, die verrät, dass es sich um Fassadenelemente aus den 1960er-Jahren handeln muss. Doch kann etwas Altes neuen Standards entsprechen? HPP Architekten stellten sich erfolgreich der Herausforderung und bauten das Bankgebäude der späten Moderne in ein zeitgenössisches Hotel um.
Inmitten des Düsseldorfer Bankenviertels erstrahlt die restaurierte Aluminium-Elementfassade des ehemaligen Commerzbank-Gebäudes seit diesem Jahr in neuem Glanz. Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude aus den 1960er-Jahren stammt aus der Feder des Architekten Paul Schneider-Esleben. Schneider-Esleben griff damals tief in die bauliche Trickkiste: ein 13-Geschosse-Tragwerk mit Spannbetonkragarmen, eine vorgehängte Elementfassade aus eloxiertem, tiefgezogenem Aluminiumblech und Drehwendeflügeln, statisch hoch belas-tete Stützwände und Stützen, der erste Drive-In-Bankschalter Deutschlands, ein Ganzglasvorhang aus Einscheibenverglasung und und und.
Entsprechend lang ist die Liste der baulichen Herausforderungen, vor denen HPP Architekten standen, als der Projektentwickler Hines sie mit der Sanierung und dem Umbau des Hochhauses beauftragte. Das Bankgebäude sollte ein Hotel werden. Zugleich musste es heutigen ökonomischen und ökologischen Standards entsprechen – und das unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes und des Urheberrechts.
Außen restauriert, innen modernisiert
Der Zustand des jahrelang leerstehenden Gebäudes westlich der Kasernenstraße erforderte eine Kernsanierung. Einzig die äußere Schicht der Gebäudehülle konnte mit hohem Aufwand restauriert werden – so bleibt ein wesentlicher Teil der originalen Fassade erhalten, die als erste elementierte Hochhausfassade in Deutschland gilt. Das Fassadenbauunternehmen Gartner, das bereits in den 1960er-Jahren die Elemente der Gebäudehülle hergestellt hatte, bekam nun den Auftrag, die Paneele so weit wie möglich zu erhalten und für die Remontage zu ertüchtigen. Die SpezialistInnen untersuchten jedes einzelne der insgesamt rund 700 Elemente in der Werkstatt, prüften die Dicke des bestehenden Eloxals und tauschten sowohl die Dämmung im Kern als auch die nichtsichtbare Rückseite aus. Die sichtbare Vorderseite aus eloxiertem Aluminium wurde gereinigt und blieb erhalten. Anschließend montierten die FassadenbauerInnen die originale Aluminiumschicht auf eine neu erstellte Rahmenkonstruktion mit nichtbrennbarem Dämmstoff und brachten sie erneut, Element für Element, an die alte Stelle am Gebäude an. Weiterhin sichtbare Unregelmäßigkeiten der Alu-Oberfläche durch dezente Farbunterschiede, Spuren und Kratzer erzeugen ein lebendiges Erscheinungsbild. Teil der Fassadenpaneele waren auch die Fensterflügel aus Wendedrehelementen. Die PlanerInnen entschieden, sie durch Parallelausstellflügel mit neuem Beschlag zu ersetzen und mit farbneutraler Isolierverglasung auszustatten. Der alte, mittig liegende Beschlag in Form eines kleinen Kreisbogens blieb dabei als Reminiszenz und markantes Gestaltungsmittel erhalten. „Wir hätten auch eine komplett neue Fassade bauen können, die zu 95 % das darstellt, was früher da war, aber so spürt man die Authentizität im Umgang mit dem Gebäude“, erklärt Volker Weuthen, geschäftsführender Gesellschafter bei HPP Architekten, den aufwendigen Prozess. Das Gebäude gleicht optisch seinem früheren Zustand. Zudem erfüllt die Fassade mit dem neuen Dämmstoff und einer neu eingefügten Dämmung im Zwischenraum zwischen Fassade und Rohbau die aktuellen Anforderungen an Energieeffizienz.
Licht, Luft, Technik
Die neue Nutzung des Gebäudes und die hohen Energiestandards erforderten neben neuen Baustoffen auch technische Änderungen. Sie stellten die ArchitektInnen angesichts des massiven Betontragwerks vor Herausforderungen. Dezentrale Schächte im Kern, wie sonst üblich, sind nicht möglich. Deshalb führten sie die Lüftungsleitungen in zwei zentralen Schächten an der westlichen Stirnseite des Hochhauses und konnten so Durchstoßpunkte im Tragwerk vermeiden. In der Hotellobby im Erdgeschoss kaschieren akustisch wirksame Deckensegel aus feiner Holzwolle die Leitungen unterhalb der auskragenden Sichtbetonkonstruktion. Ein nachträglich eingebautes Fluchttreppenhaus innerhalb des Hochhausbaukörpers und ein Sicherheitstreppenhaus im bestehenden ausgelagerten Treppenturm gewährleisten die zwei Rettungswege. Das ehemalige Treppenhaus im Gebäude wurde auf Grund von zu schmalen Rettungswegen abgerissen. Lothar Franzen, stellvertretender Projektleiter bei HPP, schildert, dass, ohne die starke und fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Statikbüro, diese Herausforderungen nicht zu meistern gewesen wären. In den Hotelzimmern sorgt ein Heiz-Kühlsystem mit Wärmetauscher für stets behagliches Klima. Es ist im hochglänzend beschichteten Brüstungselement versteckt. Die Gäste können die Parallelausstellfenster aber auch händisch öffnen und schließen und über Taster den elektrischen Sonnen- und Blendschutz auf der Innenseite betätigen. Die Technikzentralen wiederum sitzen auf einer Stahlkonstruktion auf dem Dach des Hotels. Die ArchitektInnen bauten im Vorhinein rot markierte Holzkonstruktionen und fotografierten sie aus verschiedenen Perspektiven, um für den Denkmalschutz zu überprüfen, ob die Technikanlagen auf dem Dach sowohl vom Straßenniveau, aber auch aus weiterer Entfernung sichtbar sind. Sie bewiesen: keine Haustechnik zu sehen. „Die Abstimmung mit der Denkmalpflege ist ein Prozess aus Geben und Nehmen“, fasst Volker Weuthen, Gesellschafter bei HPP Architekten diese Projektphase zusammen.
Die Transformation des Erdgeschosses
Im Erdgeschoss befand sich ursprünglich der bereits erwähnte Drive-In-Bankschalter. Die Angestellten saßen in einer von der Fassade zurückspringenden Glasbox, neben der die AutofahrerInnen anhalten konnten. Hier befanden sich auch andere Verkehrsflächen. Sie bildeten einen offenen Raum, der das monumentale Sichtbeton-Tragwerk in Szene setzte und über dem der Turm zu schweben schien. Für das Hotel sollte er zur Lobby transformiert und deshalb umlaufend und raumhoch mit einer Structural Glazing Fassade verkleidet werden. Dafür erstellten die PlanerInnen ein Mock-up der sechs Meter hohen Eckverglasung inklusive darüberliegendem Fassadenelement aus Aluminium. In Anlehnung an die runden Eckpaneele der Aluminiumfassade entschied sich das Team für eine schwarz eingefärbte, gerundete Ganzglasecke, mit der die neue Erdgeschoss-Fassade das vertikale Fugenraster der darüberliegenden Gebäudehülle auch zwischen Eck- und Fensterpaneel fortführt. Außerdem liegt sie in einer Flucht mit den Außenkanten des darüber liegenden Turms. Damit ist das markante Tragwerk auch weiterhin zu großen Teilen sichtbar.
Im Innenraum markiert der Wechsel des Bodenbelags von Naturstein zu Holz den Verlauf des ehemals eingerückten Ganzglasvorhangs des Bankschalters. Die Einrichtung der Hotellobby wurde von den PlanerInnen der Hotelkette Ruby vorgenommen und besteht aus einem Mix verschiedener Materialien in überwiegend warmen, gedeckten Farbtönen, Gold und Schwarz. Die originalen Bankschaltertische können BesucherInnen auch heute noch inmitten der neuen Möblierung bewundern.
Die Zukunft im Blick
Dieses Jahr wurde das Hotel der Unternehmenskette Ruby in der Kasernenstraße eröffnet. Die Firma fokussiert sich auf die Revitalisierung von bestehenden Gebäuden der Nachkriegszeit. In Düsseldorf trägt es damit dazu bei, die Umgebung des ehemaligen Commerzbank-Hauses aufzuwerten. Der Aufwand der Umbaumaßnahmen hat sich gelohnt. Volker Weuthen beschreibt es so: „Das Gebäude ist natürlich – auf Grund seiner Größe und Höhe, durch die es aus dem Bankenviertel heraussticht – eine Landmarke. Ich glaube auch, dass der Stadtraum und der Straßenraum durch das Projekt ungeheuer belebt werden. Das nimmt dem Bankenviertel etwas von der Monokultur, die es bis dato immer war.“ Als nächstes wird die Stadt Düsseldorf die Kasernenstraße umgestalten, um den Belangen von FußgängerInnen mehr Raum zu geben. Aber auch heute schon hat sich das Bankenviertel mit dem fertiggestellten Umbau von HPP in Richtung eines lebendigen Quartiers mit Zukunftspotenzial entwickelt. Nathalie Brum, Köln
Die feingliedrige, innovative Vorhangfassade, das kraftvolle Sichtbeton-Tragwerk – die ArchitektInnen haben es überzeugend geschafft, eines der bedeutendsten Büro-Hochhäuser der frühen deutschen Nachkriegsmoderne in eine neue Zeit zu überführen.«
Heftpartnerinnen RKW Architektur +, Düsseldorf
Projektdaten
Objekt: Konversion Commerzbank-Hochhaus
Standort: Düsseldorf
Typologie: Hotel
Bauherrin: KONDUS ERSTE Immobilienbesitz GmbH & Co KG; vertreten durch Hines Immobilien GmbH
Nutzerin: Ruby GmbH
Architektur: Paul-Schneider-Esleben (ursprünglich) / HPP Architekten GmbH (Sanierung), www.hpp.com
MitarbeiterInnen: Volker Weuthen (Partner HPP), Christoph Ebert (Projektleitung Planung), Lothar Franzen (stv. Projektleitung Planung), Wolfgang Ludwig (Projektleitung Baumanagement), Stephan Heimann, Bärbel Walger, Christian Bergmann, Eva Kesting; Bauleitung: Onur Karaca, Atena Azadegan, Joachim Sulwessak, Oliver Tewes, Sebastian Michaelis
Bauzeit: 11.2016 – 04.2021
Grundstücksgröße: 1 361 m²
GRZ: 0,68
Geschossflächenzahl: 12 (oberirdisch) / 1 (unterirdisch)
Nutzfläche: 4 538 m²
Technikfläche: 268 m²
Verkehrsfläche: 1 376 m²
Brutto-Grundfläche: 7 687 m²
Brutto-Rauminhalt: 26 164 m³
FachplanerInnen
Tragwerks- und Fassadenplanung: Bollinger & Grohmann, Frankfurt a. M.,
www.bollinger-grohmann.com
TGA-Planung: HTW Düsseldorf,
www.htw-ingenieure.de
Lichtplanung und Innenarchitektur: Ruby GmbH, www.lean-luxury.com
Bauphysik / Akustik: Graner + Partner, Bergisch-Gladbach,
www.graner-ingenieure.de
Landschaftsarchitektur: +grün, Düsseldorf (Freianlagen),
www.plusgruen.net
Brandschutzplanung: Corall Ingenieure, Meerbusch, www.ci-experts.de
Vermessung: Blinken & Töpfer, Düsseldorf, www.blinken-toepfer.de
Energie
Primärenergiebedarf: 56,6 kWh/m²a nach EnEV 2016
Endenergiebedarf: 175 kWh/m²a nach EnEV 2016
Jahresheizwärmebedarf: 113,7 kWh/m²a nach EnEV 2016
Energiekonzept: Um den optimalen Energiestandard zu erreichen, wurde das Gebäude mit einer Kraft-Wärme-Kopplung an das Fernwärmenetz der Stadt Düsseldorf angeschlossen. Hierdurch konnte der selbstgesetzte Primär-Energie-Faktor von 0,3 erreicht und gleichzeitig der CO2-Ausstoß minimiert werden. Die elektrische Versorgung erfolgt über Trafo-Anlagen. Anschlüsse für Ökostrom-Anbieter sind vorbereitet.
U-Werte Gebäudehülle:
Außenwand = 0,26 W/(m²K)
Fassadenpaneel = 0,70 W/(m²K)
Bodenplatte = 0,85 W/(m²K)
Dach = 0,20 W/(m²K)
Decke über Tiefgarage =
0,29 W/(m²K)
Fenster = 1,5 W/(m²K)
Verglasung = 0,34 W/(m²K)
gtotal (mit Sonnenschutz) = 0,24
Erdgeschossfassade = 1,1 W/(m²K)
g-Wert Verglasung = 0,32
Luftwechselrate n50 = 6/h (Standardwert Kategorie III DIN V 18599-2)
Konstruktion
Flachdecke mit mittigem Unterzug, Stützen mit Spannbetonbalken und umlaufendem Randunterzug
Außenwand: Bestands–Elementfassade als Alu-Fassadenpaneel mit entfernter und neu eingebauter 5 cm Wärmedämmung WLS 035 sowie neuem integrierten PAF-Fensterflügel (Parallel-Ausstellfenster) plus
8 cm Wärmedämmung WLS 035 im Zwischenraum zum Rohbau
Dach: Warmdach mit i. M. 16 cm Gefälledämmung WLS 035
Fassade EG: Structural–Glazing Fassade (ca. 5 x 1,72 m) mit Glasschwertern und integrierter BST und weiterer Türanlagen
Fenster (1. – 12.OG) : PAF-Flügel mit Doppelverglasung (manuell)
Boden: Trockenestrich (Lasteinsparung) mit 3 cm Trittschalldämmung WLS 035 auf Bestandsbodenplatte
Hersteller
Dach: Multipor, www.multipor.de
Fenster: Josef Gartner GmbH,
www.josef-gartner.permasteelisagroup.com
Boden: Knauf Gips KG, www.knauf.de
Dämmung Fassade: Multipor,
www.multipor.de
Sonnenschutz: Warema,
www.warema.de
Brandschutz Türen/Tore: Hörmann KG Verkaufsgesellschaft,
www.hoermann.de; Jansen Holding GmbH, www.jansentore.com
RDA Anlage: Mistral Smoke Control GmbH, www.mistral-rda.com;
Trox Technik, Dr. Ermer GmbH,
www.trox-dremer.de
RLT-Anlage: Huber & Ranner GmbH,
www.huber-ranner.com
Zutrittssysteme: Assa Abloy Sicherheitstechnik GmbH,
www.assaabloyopeningsolutions.de
Teppich: Ege Carpets,
www.egecarpets.de
Parkett: Bauwerk Parkett GmbH, www.bauwerk-parkett.com
Sanitär: TECE GmbH, www.tece.com; Duravit AG, www.duravit.de; Hansgrohe, www.hansgrohe.de; Geberit Vertriebs GmbH, www.geberit.de
Heizung: Kampmann GmbH & Co. KG, www.kampmann.de
Beleuchtung: XAL GmbH,
www.xal.com
Trockenbau: Knauf Gips KG,
www.knauf.de
Außenbeleuchtung: BEGA Gantenbrink-Leuchten KG, www.bega.com