Verantwortung übernehmen

Der Begriff „Nachhaltigkeit“ ist derart abgegriffen, dass es Zeit sein könnte, ihn wieder einmal zu schärfen. Und ob das nun die Absicht des Architekturbüros Bob Gysin + Partner BGP war oder nicht, ihre Werkmonografie möchte das ganz offensichtlich tun. Auf dem Titel steht „Nachhaltigkeit“, ergänzt um die ebenfalls unscharfen, weil Univer­sen umfassenden Begriffe „Architektur“ und „Kunst“.

Der Werkkatalog umfasst Arbeiten seit 1980, Gebautes und Geplantes, aber auch – und hier soll ein Schlüssel zum Ganzen verborgen sein – Ausstellungstätigkeit. Eben der Kunst, die, so verweist das Büro, aber auch einige der Autoren in den dem Katalog vorgeschalteten Essays, das Denken und damit natürlich auch das Werk von BGP inspiriert und sogar auch beeinflusst.

Das erscheint einerseits ein spannender Aspekt zu sein, den nicht wenige Architekten für sich reklamieren. Andererseits ist es schlicht der Verweis darauf, dass BGP ihr Arbeiten an der Architektur als etwas Umfassendes ansehen; und Kunst gehört zentral dazu.

Herausheben könnte man die Beiträge von Köbi Gantenbein, der die soziale Nachhaltigkeit ins Spiel bringt, und von Manfred Hegger, der scheinbar akademisch die Stichworte listet und verknüpft, die nachhaltiges Bauen im Generellen beschreiben. Das tut er dann aber so, dass man es durchaus als eine Kritik am gegenwärtigen Nachhaltigkeitsdiskurs lesen kann.

Die sich an die kurzen Texte anschließende Werkchronologie nimmt beispielhaft offenbar wichtige Projekte heraus, stellt sie mit Plänen und Fotos und längerem Erläuterungstext vor. Dass wir als Leser uns hier selbst die Brücke zum Thema Nachhaltigkeit bauen müssen, ergibt sich aus dem hier auch dargestellten universalen Prinzip, das Nachhaltigkeit ausmacht: Alles kann eine Rolle spielen, alles spielt zusammen. Wie aber im Detail, das muss jeder in eigener Verantwortung herausfinden. Damit ist die Monografie keine Handlungsanweisung, sie ist auch kein Aufruf, sie ist schlicht ein gut gemachtes Buch über die Arbeit eines verantwortungsvoll arbeitenden Büros. Be. K.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 06/2013

„Nachhaltigkeit ohne Rückschritt und Verzicht“

Viele könne es ja schon nicht mehr hören, was alles unter dem Schirm der Nachhaltigkeit Platz findet. Zugegeben, es passt fast nie und ist leider oft belanglos dahergeredet, ohne Gedanken über...

mehr
Ausgabe 06/2015 Elbarkaden, HafenCity Hamburg

Glaubwürdig umweltverträglich Elbarkaden, HafenCity Hamburg

Unter Nachhaltigkeit versteht man fälschlicherweise oft nur die Energieeffizienz eines Gebäudes. Denn ganzheitlich betrachtet, sind weitere Faktoren von großer Bedeutung. Die ökologische und...

mehr
Ausgabe Hotel/2021

Innenarchitektur und Nachhaltigkeit

Für InnenarchitektInnen, die sich für eine nachhaltigere Planungspraxis einsetzen wollen, gibt es ab sofort ein neues Angebot. So wurde die 2019 von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges...

mehr
Ausgabe 03/2023

Nachhaltigkeitsstrategien

Nachdem unter dem Motto „Elf zu Null – Hamburger Museen handeln“ im Sommer 2022 die Initiative von elf Hamburger Museen, Ausstellungshäusern und Gedenkstätten gestartet war, um gemeinsam das...

mehr
Ausgabe 12/2020

7 Thesen zur Nachhaltigkeit

Die Mitglieder des niedersächsischen Architektenparlaments, der Vertreterversammlung der Architektenkammer Niedersachsen, haben auf ihrer digitalen Sitzung am 12. November 2020 die eigene...

mehr