Vom Entwurf bis zum Bau eines Holzpavillons

Im Rahmen eines hochschulinternen Wettbewerbs entwarfen Student*innen der Hochschule Mainz eine Station auf einem Bildungspfad zum Thema „Natürliches Polymer Holz“. Im Sommer 2021 realisierten die Gewinner*innen ihren Entwurf – eine komplexe Holzstruktur aus etlichen, regelmäßig gitterartig angeordneten Holzknoten.  
Im Sommersemester 2021 veranstaltete die Hochschule Mainz im Rahmen des Moduls „Energieoptimiertes Bauen“ einen studentischen Wettbewerb für einen Bildungspavillon. Im Auftrag des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung entwarfen wir daraufhin einen Pavillon, der als Teil eines ­Bildungspfads über Polymere die besonderen Baustoffeigenschaften von Holz veranschaulicht und erlebbar macht. Der Entwurf sollte Langlebigkeit und Rückbaubarkeit mit einer reinen Holzkonstruktion und -fügung vereinen.
Acht Kleingruppen entwickelten unter der Leitung von Prof. Gero Quasten mit unterschiedlichen Ansätzen jeweils einen Entwurf für den Pavillon. Eine Jury aus verschiedenen Fachleuten und der Bauherrschaft kürte das Projekt WoWood zum Sieger. Insbesondere der modulare Ansatz, der sich von einem Holzknoten aus dem Möbelbau ableitet, sowie der Kontrast zwischen der klaren, quaderförmigen äußeren Form und dem organisch ausgesparten Innenraum fielen der Jury positiv auf. Unterstrichen wird dieser Ausdruck zusätzlich durch die abhängig vom Standpunkt wechselnde Dichte sowie Blick- und Lichtdurchlässigkeit der Struktur. Nach der Kür zum Siegerprojekt bildeten wir um die Entwerferinnen ein interdisziplinäres studentisches Team zur Realisierung des Bauwerks, das zudem von Profes-sor*innen der Hochschule Mainz sowie einer Zimmerei und einem Lieferanten für Holzverbinder unterstützt wurde.
Die erste Hürde bestand darin, die Entwurfsidee gemeinsam mit Fach-planer*innen hinsichtlich Statik und Konstruktion realisierungsfähig zu überarbeiten. Hierzu passten wir das Knotensystem sowie das Rastermaß an und brachten es mit den notwendigen Vorbemessungen der Bauteile in Einklang. Besonderes Augenmerk lag hierbei darauf, sowohl für Konstruk­tion als auch für Fügung nach Möglichkeit ausschließlich Holzbauteile zu verwenden. Damit das Gefüge bau- und skalierbar sowie tragfähig wurde, musste der dreidimensionale Holzknoten, der sich zuvor durch Kippen und Drehen der Holzteile zusammenstecken ließ, durch eine zweiachsige Dübelfügung ersetzt werden, die den durchlaufenden Latten weniger Querschnitt nimmt und sich ohne Dynamik in den Bauteilen verbinden lässt.
Wie für jedes Bauvorhaben mussten wir für den WoWood-Pavillon einen Bauablaufplan erstellen. Es sollte sich jedoch herausstellen, dass insbesondere die Abhängigkeit von Materialbeschaffung und Vorbereitung des Bauplatzes und des Fundaments, aber auch die Einschätzung der Leistungsfähigkeit des Teams sowie das Wetter zu starken Abweichungen von der eingangs erfolgten Planung führen können.
Auch das komplexe Fügungssys-tem musste präzise geplant werden. Zu diesem Zweck entwickelten wir eine Codierung, die jedes einzelne Bauteil sowie jeden einzelnen Knoten entsprechend der Verortung auf den drei räumlichen Achsen eindeutig bezeichnet. So konnten die Rohstoffe für alle Bauteile angeschafft und entsprechend den verfügbaren Größen möglichst materialeffizient vorkonfek­tioniert werden konnten. In den Räumlichkeiten einer lokalen Zimmerei, die zudem Werkzeuge, Maschinen und handwerkliche Expertise zur Verfügung stellte, nahmen wir die Konfektionierung der geplanten Bauteile vor. Hierbei galt es, neben der körperlichen und handwerklichen Herausforderung der Arbeit das richtige Maß an Gewissenhaftigkeit und Präzision mit einer angemessenen Geschwindigkeit zu vereinen. Die Bauteile mussten zum einen so gefertigt werden, dass sie sich im Anschluss wie geplant fügen lassen, zum anderen durften wir den geplanten zeitlichen Rahmen nicht überschreiten.
Den Überblick über die Vielzahl an Bauteilen zu behalten, stellte schon während der mehrphasigen Vorfertigung einen außerordentlichen logistischen Anspruch dar, der seinen Höhepunkt darin fand, einen transportfähigen Stoß an Bauteilen zu schichten, der sich am Bauplatz entsprechend abtragen lässt, ohne die Ordnung wieder zu verlieren. Die Codierung leistete auch hierbei ihre Dienste. Trotzdem war die größte Herausforderung beim Aufbauen der komplexen Struktur, den Überblick über alle Bauteile und Bauteilgruppen zu behalten und die Montagereihenfolge einzuhalten, damit  im engmaschigen Knotennetz jeder noch zu fügende Knoten erreichbar blieb.
Am Ende des Prozesses stehen neben dem eindrucksvollen Bauwerk und einer nachhaltigen Konstruktion für uns vor allem ein reicher Schatz an Erfahrungen in der Entwicklung und Umsetzung eines Bauwerks durch alle Leistungsphasen – von der Ausschreibung des Wettbewerbs über die Ausführung bis zur Publikation des Ergebnisses – anschaulich und hautnah erlebt im Rahmen dieses außergewöhnlichen Projekts.
 
VITA

Nicolas Janning (*1994) studiert nach verschiedenen Ausbildungsstationen Architektur an der Hochschule Mainz. Das Studium bietet ihm, wie auch in diesem Projekt, vom Entwerfen über den Bau bis zur Ausstellung und Publikation die Möglichkeit, seine interdisziplinären Interessen miteinander zu vereinen. Der Wettbewerbsentwurf „WoWood“von Lara Fahroß, Joana Ferreira, Jana Schmidt und  Esther Saweljew wurde mit Unterstützung von Julius Jacobi, Tabea Eck, Samira Asgari Marnani, Helena Paulus, Julian Bellenbaum, Christof Weber, Justus Tannhof, dem Team von lignum³ (Jan, Lukas, Claudius, Henning und Karim), Stephan Bertagnolli, Tabea Huth, Jochen Stahl, Helge Kunz, Gero Quasten, Kay-Uwe Schober, Katharina Landfester und Ulrike Schneider umgesetzt.

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