Von der Industrieruine zum Modellprojekt
AS Solar Zentrale, Hannover
Eine Schrottimmobilie, ein umweltbewusster Bauherr und die konstruktive Zusammenarbeit von Architekt und Energiedesigner, das sind die Zutaten zu einem vorbildlichen Sanierungsprojekt am Stadtrand von Hannover. Heute produziert das Büro- und Lagergebäude mehr Energie, als es verbraucht.
Gute Alternativen brauchen Raum. Das ist das Credo der AS (Alternative Systeme) Solar GmbH. Für ihren neuen Stammsitz plante der Fachgroßhandel für Solartechnik die Revitalisierung eines Produktionsgebäudes aus den 1950er Jahren. Der ressourcenschonende Umbau zeigt, dass die energetische Sanierung von alten Industriebauten durchführbar und wirtschaftlich sinnvoll ist. In einem integralen Planungsprozess wurde in enger Zusammenarbeit mit allen Projektbeteiligten ein zukunftsorientiertes Energiekonzept entwickelt.
Das mit Klinkern ausgefachte Stahlbetonskelett wurde vollständig entkernt und in drei verschiedenen Energiestandards ausgebaut: Passivhausstandard für den Bürotrakt, Niedrigenergie nach EnEV für die Montage und im Lagerbereich ohne Anforderungen hinsichtlich Energie und Wärmedämmung. Die baulichen Maßnahmen reduzieren den Wärmebedarf um 90 %, der Rest wird durch regenerative Energien gewonnen. Insgesamt wurde mit dem Energiekonzept von energydesign Plusenergiestandard umgesetzt, bei dem das Gebäude mehr Energie erzeugt als es verbraucht.
Für die Tageslichtversorgung der Büroetagen im Obergeschoss wurden vier Lichthöfe aus der Konstruktion geschnitten, um den Fensterflächenanteil zu erhöhen. Im Erdgeschoss sind für die Schulungen von AS Solar zwei Seminarräume, eine Versorgungsküche und Cafeteria sowie ein Technik-Showroom untergebracht. Im Zwischengeschoss befinden sich Büro- und Sozialräume, im dahinter liegenden Gebäudeteil das Kleinteilelager mit Lagerbüro, die nach EnEv Standard 2009 errichtet wurden. Das Obergeschoss wurde als offener Bürobereich mit eingestellten Meetingboxen und einem Verbrauchswert von 14 kWh/m²a umgesetzt.
Auf das vorhandene Flachdach stellte Architekt John M. Frank eine Holzkonstruktion mit Trapezblech als leicht geneigtes Satteldach. Der zweischichtige Aufbau trennt die wasserführende Schicht von der Dämmebene. Die Funktionstrennung löste gleich zwei Probleme: zum einen ein konstruktionsbedingtes, wie die Abdichtung der sich stark bewegenden Gebäudefuge zwischen den zwei Gebäudehälften, zum anderen die Befestigung der PV-Module, die ohne Durchdringung der Wärmedämmung direkt mit dem Trapezblech verbunden werden konnten. Auf der mit 5° geneigten Dachfläche sind PV-Modulfelder verschiedener Hersteller auf der Südseite mit 20°, auf der Nordseite mit 30° Neigung montiert.
Die elementierten Fassadentafeln mit 3-fach-Verglasung wurden in Zusammenarbeit mit energydesign, dem Hersteller und der Zimmerei entwickelt. Die 8 m breiten, vorgefertigten Elementtafeln wurden an der Stahlbetonkonstruktion auf Stahlkonsolen aufgehängt, die durch die Wandelemente überdämmt wurden. Der Zwischenraum zum Bestand wurde mit einer MF-Dämmung von außen bzw. mit einer Perlite-Schüttung von innen zusätzlich gedämmt. So ergibt sich für das Fassadenelement eine Dämmstärke von 30 cm bei einer WLG von 040 für den werkseitig eingebrachten Zellulosedämmstoff. Die Putzträgerplatten für die geschlossenen Fassadenbereiche sind 6 cm starke HWF Platten, die Sockelbereiche wurden mit einer PS Sockeldämmung isoliert. Der luftdichte Abschluss erfolgte an der Stahlbetonkante der Erdgeschossdecke sowie an der Attika am oberen Stahlbetonrähm, an dem auch die Dampfbremsbahn der Dachdämmung angeschlossen ist.
Energiedesign in der integralen Planung
Das Gesamtkonzept sieht die Verringerung des Primärenergiebedarfs vor. Der Strombedarf für Beleuchtung, Belüftung und EDV wurde auf ein Minimum verringert. Die Erhöhung der Fensterflächenanteile ermöglicht passive solare Gewinne, Lichtlenkungsmaßnahmen optimieren die Tageslichtnutzung. Alle Fassadenbereiche sind mit einer hochwertigen Sonnenschutzverglasung ausgestattet, zusammen mit dem außen liegenden Sonnenschutz verringern sie die Kühllast durch solare Wärmeeinträge deutlich. Zu dem Energiekonzept von Prof. Kühl gehört auch die Umsetzung einer auf die reduzierten Lastverhältnisse angepassten Heizungsanlage sowie die Integration einer Lüftungsanlage mit hoch effizienter Wärmerückgewinnung und die Installation von Photovoltaik- und Solarthermieanlagen. Ein von der Uni Braunschweig durchgeführtes Monitoring wird die Energiebilanz in den kommenden zwei Jahren protokollieren. Der erzeugte Solarstrom übersteigt schon jetzt den eigenen Bedarf und wird ins Netz eingespeist. Bis zu 80 Haushalte können davon profitieren. Die Wärme- und Kälteversorgung des Gebäudes erfolgt ausnahmslos über regenerative Energieträger. Die Vakuumröhrenkollektoren in der Fassade unterstützen eine Holzpellet-Heizkessel-Kaskade. Die Kühlung der Büros erfolgt im Sommer über eine solarthermisch angetriebene Absorptionskältemaschine, die Spitzenlasten beim Kältebedarf deckt eine Kompressionskältemaschine ab. Auf dem Dach ist eine Photovoltaik-Anlage installiert, eine Carportanlage sowie zwei Nachführungsanlagen werden bis Ende 2011 noch errichtet.
Mehr Informationen zum Energiekonzept finden Sie unter DBZ.de Webcode DBZ0S0DI
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