Zu wenig von Fehlern
Ich muss es schreiben: der Titel hatte gezogen. Aufmerksamkeit, Neugier erzeugt und Hoffnung, hier würde einmal ganz anders über Architektur nachgedacht/geschrieben. Das „segensreiche Wirken der Fehler“, kein neues Thema, aber im Kontext Architekturdiskurs deutlich unterbelichtet. Aber: Über das Segensreiche wird hier auch geschrieben; die wunderbar textlastige, spärlich bebilderte und für die Abendlektüre auf dem Sofa so sehr geeignete Buchpublikation bietet noch drei weitere Artikel/Essays: einen zum Ungebauten bei Hans Henny Jahnn (dessen Hauptwerk der Rezensent glücklicherweise schon mal gelesen hatte), über das pietistische Barock und den kritischen Eklektizismus der Handelskammer in Mantua, plus, als eine Art Zugabe, eine „Festtagsrede“, in der es um die Bestimmung des Architektonischen geht, also eine Art Zusammenfassung der vorangegangenen Artikel.
Ob man das alles lesen muss? Der Autor selbst kommt beim Text zum Architektonischen im Werk Jahnns zu dem Schluss, hier könne man nur wenig Konkretes zum Bauen selbst extrahieren, es bliebe allein das Wort, das uns Lesende in Bann ziehe. Und wie sieht es mit dem Beitrag zum „segensreichen Wirken der Fehler“ aus? Fast habe ich es geahnt, der Autor schreibt über das, worüber er forscht und längst schon geschrieben hat, über Renaissance und Barock und Manierismus. Und Projektbeispiele, die hier schon auftauchten, erscheinen an anderer Stelle erneut, so mischt sich alles und das in einem Schreibduktus, der schwindlig macht, der vor Schachtelsätzen nicht zurückscheut und Bildungshorizonte öffnet, die uns NormalleserInnen – trotz allem Studieren und ständig zunehmendem Wissen – zumindest fordert. Ob das alles hinreicht, das Architektonische als ein der Architektur innewohnendes Prinzip hervortreten zu lassen? In jedem Fall dient die Lektüre der Verschiebung eigener Horizontlinien, die ja durchaus auch in der Lage sind, das Erkennen des Grundes dauerhaft zu vermauern. So also: lesen! Be. K.