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The Met in Bangkok /  TH

Stau ist immer in Bangkok, aber freitags geht nichts mehr. Jedes Wochenende reisen die Städter zu ihren Häusern im Grünen und verursachen dabei Smog, Stau und Lärm. Glück und Geld hat, wer sich zu dieser Zeit in seinem privaten Pool fläzt, den Blick über die steile Fassadenkante hinaus auf den milchigen Dunst über der Stadt, zur Rechten ein raschelndes Bäumchen. So wie im Met, dem neuen Luxusdomizil in Thailands Hauptstadt, geplant von den Architekten bei Woha.

Die Idee zum Met begann mit einem städtisch finanzierten Wohnungsbau in Singapur, wie der Architekt Mun Summ Wong, Inhaber des Büros Woha, erklärt: „In einem öffentlichen Wettbewerb entwickelten wir erstmals das Konzept zu einem klimagerechten Wohnhochhaus. Die Idee war in einem Hochhaus so zu leben, wie in einem Haus am Boden.“ Urbane Verdichtung mit viel Grün, kompakt in einem Hochhaus, sozial und klimagerecht. Von der Stadt zum Eigenheim im Grünen, das soll sekundenschnell im Aufzug gehen. Daran forschen die Architekten schon seit Jahren. Den Wettbewerb damals gewannen sie zwar nicht, dafür überzeugten sie den privaten Investor Pebbly Bay Thailand, der sich mit einem einzigartigen und luxuriösen Hochhaus von den restlichen Gebäuden der 7 Millionen Einwohner Stadt Bangkok abheben wollte.


Wind kühlt Wärme

Das Baugrundstück liegt im Stadtteil Sathorn, an dessen Hauptstraßen Botschaften und große Hotels liegen und in dessen kleineren Straßen der steigende Grundstückspreis für Abriss der historischen, aber oft sanierungsbedürftigen Wohnhäuser sorgt. Ein Viertel im Wandel mit enormen Bodenpreisdruck und wachsender Skyline. Zu dieser gehört jetzt auch das Met, mit seinen 230 m und 370 Wohnungen eines der höchsten Gebäude Bangkoks. Beim Met bedingen sich Ikonographie, Statik und Klima, denn die ungewöhnliche Form resultiert aus dem Klimakonzept: Die Architekten teilten das Volumen in drei Doppeltürme mit großen vertikalen Schneisen dazwischen. Herkömmliche Hochhäuser sind kompakt, mit einem mittleren Kern und einer möglichst reduzierten Oberfläche. Der Architekt sagt: „Für New York oder Chicago ist das eine gute Lösung, dort sind die Windlasten höher und die Temperaturen niedriger, man schützt das Gebäude mit einer glatten Hülle und einer kompakten Bauform.“ So sehen aber auch im subtropischen Südostasien die Hochhäuser aus, die seit den 80er Jahren rasant nach amerikanischem Vorbild hochgezogen werden. „Hier jedoch, bei den gleichmäßig hohen Außentemperaturen, einer hohen Luftfeuchtigkeit und nur mäßigen Winden, muss man genau das Gegenteil machen. Man muss die Fassade öffnen, die Wohnungen durchlüften und das Gebäude vor Überhitzung schützen.“ Modular stapeln sich beim Met die einzelnen Wohneinheiten übereinander, jeweils zwei bilden das Geschoss eines Turmes mit einer mittigen Erschließung. Die Wohnungen sind versetzt zueinander angeordnet, so dass sie zu beiden Seiten, nach Norden und Süden, eine Außenfassade haben. Der Wind streift also nicht nur die Oberfläche der Türme, sondern durchlüftet auch die Wohnungen quer und bewirkt bei den in Bangkok durchschnittlichen 28,4 Grad Außentemperaturen eine natürliche Kühlung der Räume. Auf eine Klimaanlage könnte daher verzichtet werden, dennoch gehört sie zur Ausstattung der Wohnräume. Das ist vor allem den Käufern geschuldet, für die Klimaanlagen in Bangkoks Gebäuden selbstverständlich dazugehören. 


Drei Türme, eine Konstruktion

Die Konstruktion des Hochhauses ist aus Stahlbeton. Die Fassaden sind nach Norden und Süden verglast und haben horizontale und vertikale Sonnenschutzblenden. Die schmalen Fassadenseiten nach Osten und Westen sind geschlossen und mit vertikal verlaufenden, bunt lackierten Edelstahlplatten verkleidet. Wong erklärt: „Früher glänzte Bangkok, weil die Sonne auf den Tempelfassaden golden reflektierte. Bei den neuen Betonhochhäusern ging der Eindruck verloren, wir möchten ihn daher beim Met wiederbeleben.“ Nicht nur klimatisch und kulturell, sondern auch statisch sind die geschlossenen Ost- und Westfassaden wichtig. Sie dienen als tragende Querscheiben, denn trotz der Teilung des Gebäudes in drei Doppeltürme handelt es sich um ein zusammenhängendes Scheibensystem. „Ein wichtiges statisches Element sind die Poolterrassen, die die Gebäudeteile miteinander verbinden und aussteifen,“ sagt der Architekt. In den engen Schluchten zwischen den Türmen sichern zusätzlich horizontale Betonkreuze das Gebäude. So hält das Met Windlasten von bis zu 200 km/h, also Orkanstärke, und stärkere Erdbeben aus. Die drei mittigen Betonkerne, in jedem Turm ein eigener Kern, sichern nicht nur die Standfestigkeit, sondern auch die Sicherheit im Brandfall. Die Gemeinschaftsterrassen verbinden die Kerne und ermöglichen so mehrere Fluchtwege. Vertikal unterteilt sich das ganze Gebäude in vier Zonen: dem Sockel, der bis zum neunten Geschoss reicht. Darüber stehen die Türme: mit einer niedrigen Zone bis zum 27. Geschoss, einer mittleren Zone bis zum 46. Geschoss und darüber die obere Zone bis zum 66. Geschoss. Won erläutert: „Mit jeder Zone verringert sich die Tiefe der Fassadenpfeiler, wie bei einem gotischen Bauwerk.“ Unten haben die Betonschotten noch eine Tiefe von 240 cm, im obersten Bereich dann nur noch 90 cm, die Fassade staffelt sich sichtbar in jeder Zone zurück. Auch die Balkontiefe verkleinert sich mit den Stützen: Die Wohnungen der untere Zone haben große Balkone, auf denen kleine Bäume wachsen; in der mittleren Zone darüber sind es nur noch Austritte; in der oberen Zone, wo Wind und Höhe einen Balkon ohnehin ungemütlich machen, liegen die Außenbereiche, sofern vorhanden, als Dachterrasse hinter der Stützenebene über den Wohnräumen. Der neungeschossige Sockel ist als Parkhaus konzipiert, offen, mit einer Haut aus Rankpflanzen. Auf Kellergeschosse haben die Architekten verzichtet, „aus ökologischen Gründen,“ wie Wong begründet, „um die Eingriffe im Boden auf ein Minimum zu reduzieren.“ Das „Minimum“ legen aber ohnehin die notwendigen Fundamente des Hochhauses fest.


König Käufer

Das Minimum im Innern definieren die hohen Kundenwünsche: Die Wohnungen sind von 90 m² bis 545 m² groß und haben mehrere Schlafzimmer, Bäder, Galerien und Außenterrassen, teils mit kleinem Privatpool. Marmor, Holz, Edelstahl und Glas schaffen im Innern ein klassisch gradliniges Design, das vor allem durch das Stadtpanorama hinter der Glasfassade wirkt. Auch die gemeinschaftlichen Flächen des Gebäudes, verteilt auf den vier Ebenen Erdgeschoss, 9., 28., und 47. Geschoss, sind gut ausgestattet: Hier findet man Pools, Fitnessräume, Sauna und Dampfbad, Sonnen- und Grillterrassen, zwei Tennisplätze, mehrere Dachgärten, einen Kinderspielplatz und eine Bibliothek. Rund das Zehnfache des durchschnittlichen Lohnes in Bangkok kostet die Miete für eine der kleinen Wohnungen, der Kaufpreis liegt umgerechnet bei ca. bei 2900 Euro bis 4100 Euro/m², je nach Wohnung. Rosa Grewe, Darmstadt

Das Met wurde mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. Zu Recht, es setzt neue Maßstäbe für den Hochhausbau in Südostasien, vor allem durch sein Klimakonzept. Wie nachhaltig das Gebäude wirklich ist, hängt aber von seinen Bewohnern ab, und davon, ob sich das Konzept auf Wohngebäude für mittlere Einkommensschichten übertragen lässt. Das sieht Wong positiv: „Wir wurden jetzt eingeladen, nach dem Konzept des Met ein städtisch finanziertes Wohnhochhaus zu planen – wieder in Singapur, dort, wo alles anfing.“ 

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