IHP 2014: Wohin die Reise noch geht
Hochhäuser werden gesellschaftsfähig. Nicht nur in Frankfurt a. M., der Stadt, in welcher aktuell ein Turm seinen Nutzern übergeben wurde: den Bankern. Und denen kann man nicht zumuten, in einem eher flachen Haus zu arbeiten. Vielleicht gar in dieser Sparkasse in Bonn, die eigentlich das Bundeskanzleramt war, von Helmut Schmidt aber als spießige Sparkasse gesehen wurde. Zu flach, zu wenig aufregend, zu sehr Ergebnis einer Arbeits- oder Architektengruppe (Planungsgruppe Stieldorf). Ganz anders dagegen Hochhäuser, denen die Höhe Bedeutung und Dominanz (der Nachbarschaft) ist.
In diesem Kontext, der die Gemengelage von Argumentationen für oder wider Hochhaus weniger als nur anreißt, wurde 2004 der erste Internationale Hochhauspreis in Frankfurt am Main verliehen. Aus Gründen des Stadtmarketings, um mehr Hochhausakzeptanz herzustellen und nicht zuletzt, um sich als „herausragenden Beitrag zur aktuellen Hochhausdebatte“ zu etablieren.
2004 und 2006 gewannen klassische Türme, die technologisch und gestalterisch auf hohem Niveau den Preis erhielt: Bürohochhäuser in Den Haag und Barcelona. 2008 wieder ein Büroturm, dieses Mal mit dem Anspruch, nachhaltige Architektur zu sein.
2010 atmete der Siegerbau in Bangkok, doch weil das vielleicht nicht technoid genug war, gab es einen Sonderpreis für Innovation; den erhielt der höchste Turm der Welt, der 828 m hohe Burj Khalifa in Dubai.
2012 war dann ein Hochhaus in Sydney
an der Reihe, das nicht in erster Linie mit Technologie oder mit Schönheit (das auch), sondern mit einem Sockelgeschoss gewinnen konnte. Das sollte dem öffentlichen Raum öffentlichen Raum zurückgeben.
In diesem Jahr gewinnt ein Hochhaus, das mit einem vertikalen Wald die Jury überzeugte: der zumindest im Sommer grüne „Bosco Verticale“ in Mailand, für welchen der Architekt Stefano Boeri und der Investor Hines Italia die 50 000 € Preisgeld in Empfang nehmen konnten. Der vertikale Wald besteht aus zwei unterschiedlich hohen Türmen, die komplett dem Wohnen vorbehalten sind. Dass die Wohnungen (70 bis 500 m² groß)
einen Quadratmeterpreis von ca. 9000 € haben, konterkariert ein wenig die Vorstellung von Auslober und Juroren, dass mit Hochhäusern (dieser Art) der vermutete Zustrom von Menschen in die Städte für diese verträglicher gestaltet werden könnte. Aber: Knapper Wohnraum in den Städten ist nicht durch innerstädtisches Bauen auf 1A-Lagen zu kompensieren. Denn die, die hier einziehen, verlassen ebenfalls teure Wohnungen oder Häuser; oder kaufen das Neue als Zweit- oder Drittimmobilie.
„Hochhäuser sind unsere Chance für die Zukunft der Städte“, so der Direktor des Deutschen Architekturmuseums und Mitauslober des Preises, Peter Schmal. Vielleicht. Die Türme allerdings, die der IHP bisher würdigte, werden diese Chance nicht sein. Ob sie nun grün, hightec oder beides sind. Vorschlag für den IHP 2016: Gewinner wird nur der Architekt/Investor, der ein vertikales Quartier realisiert hat, dessen Mietpreise auf dem Niveau des sozialen Wohnungsbau liegen, dessen Gebäude nicht solitär sondern im Ensemble steht, das komplett aus regionalen, nachhaltig produzierten und nachhaltig verbauten Materialien besteht und genossenschaftlich finanziert wird. 2025 sollten München oder Hamburg dann einen internationalen Preis für horizontalen Massenwohnungsbau ausloben, gute Projekte werden bis dahin sicher dabei sein. Be. K.