Zwangsläufig Risse?
Vouten in Bodenplatten

Zusammenfassung

Die Bodenplatte einer als weiße Wanne ausgebildeten Tiefgarage war unterseitig mit Vouten ausgeführt worden. Nach der Fertigstellung traten in einer regelmäßigen An­ordnung um die Vouten Risse im Beton auf.

Die Risse waren durch eine Zwangbeanspruchung der Bodenplatte aus Temperaturänderungen und Schwinden verursacht worden. In dieser Hinsicht wirken sich die Vouten ungünstig aus, da sie eine Verformbarkeit der Bodenplatte behindern. Bei einer Platte mit ebener Unterseite besteht insofern ein geringeres Risiko zur Rissbildung.

Auch wenn die Ausführung von Bodenplatten mit Vouten an sich technisch nicht zu beanstanden ist, sollte daher – insbesondere auch bei weißen Wannen – aus technischer Sicht einer Bodenplatte mit ebener Unterseite der Vorzug gegeben werden.

Sachverhalt

In der Bodenplatte einer Tiefgarage waren Risse aufgetreten. Durch einige Risse trat zeitweise Wasser in die Tiefgarage ein. Zwischen den Beteiligten bestand Uneinigkeit hinsichtlich der Ursache der Risse. Im Rahmen einer Begutachtung sollte dazu eine Bewertung vorgenommen werden, wobei auch eine Zuordnung von Verursachungs­anteilen erfolgen sollte.

Dieses Schadensbeispiel wird zum Anlass genommen, einen eigenen Standpunkt zur Ausführung von Bodenplatten mit Vouten im Gegensatz zu Bodenplatten mit ebener Unterseite anzugeben und zu begründen.

Feststellungen

Nach der Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage waren in der Bodenplatte der Tiefgarage Risse aufgetreten. Die Tiefgarage war erdüberdeckt und band vollständig in einen bindigen Baugrund ein, sodass mit zeitweise stauendem Sickerwasser gerechnet werden musste. Aus diesem Grund waren die Umfassungsbauteile der Tiefgarage als weiße Wanne ausgebildet worden.

Die Bodenplatte war geglättet und nicht mit einer Beschichtung oder einem Belag versehen. Im Beton waren zahlreiche Risse vorhanden. Deren Breite schwankte im Wesentlichen zwischen 0,3 mm und 0,6 mm. Die Risse wurden in einem Grundriss kar­-tiert, wozu die Rissbreite jeweils mit einem Strichmaßstab bestimmt wurde (Bild 1).

Aus der Risskartierung (Bild 2) geht hervor, dass die Risse eine gewisse Regelmäßigkeit aufwiesen. Es waren einerseits rings um die Stahlbetonstützen und andererseits etwa mittig in der Fahrgasse parallel zur Längswand Risse vorhanden. Bei einigen Rissen waren die Rissufer sichtbar feucht. Der Beton platzte bei den Rissufern partiell kleinflächig ab.

Anhand der Schal- und Bewehrungspläne ergab sich, dass die Bodenplatte keine einheitliche Dicke aufwies. Sie war unterhalb der Stützen dicker bzw. mit Vouten ausgeführt (vgl. Bild 2).

Bewertung

Risse entstehen im Beton, wenn vorhandene Zugkräfte die Zugfestigkeit des Betons erreichen bzw. überschreiten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach dem Betonieren die Zugfestigkeit während der Erhärtung des Betons zunimmt. Soweit die noch nicht voll ausgebildete Zugfestigkeit des Betons in einem frühen Stadium überschritten wird, spricht man von früher Rissbildung. Analog kann es später – nachdem der Beton seine endgültige Zugfestigkeit nahezu erreicht hat – noch zur so genannten späten Rissbildung kommen.

Zugkräfte im Beton können durch Zwang- oder Lastbeanspruchungen verursacht werden. Die Lastbeanspruchungen werden im statischen Nachweis üblicherweise ausführlich nachgewiesen und durch eine ausreichen­de Bewehrung abgedeckt.

Zwangbeanspruchungen bleiben in statischen Berechnungen hingegen häufig unberücksichtigt. Sie resultieren im Wesentlichen aus Schwinden und Temperaturänderungen des Betons.

Prinzipiell kann das vorhandene Rissbild durch eine Lastbeanspruchung verursacht werden, wie sie sich beispielsweise aus Setzungen ergibt. Aufgrund der Verbindung der Bodenplatte mit den Stützenfundamenten werden sich Platte und Fundamente gleichermaßen setzen. Dadurch kommt es zu einer Lastbeanspruchung der Bodenplatte, wobei die Verläufe der maximalen Lasten teilweise den vorhandenen Rissverläufen entsprechen. Die untersuchte Tiefgarage war erdüberdeckt und nicht überbaut. Dadurch ergaben sich nur vergleichsweise geringe Vertikallasten in den Stützen. Aus diesem Grund konnte eine Lastbeanspruchung – zum Beispiel aus Setzungen – als Rissursache hier ausgeschlossen werden. Gegen eine Lastbeanspruchung als Rissursache sprachen auch die vergleichsweise großen gemessenen Rissbreiten.

Zwangbeanspruchungen entstehen dann, wenn Verformungen behindert werden. Bei Bodenplatten erfolgt eine Behinderung der Verformung durch die Reibung auf dem Untergrund. Sofern die Bodenplatte keine ebene Unterseite aufweist, ist die Verformung infolge der Geometrie zusätzlich behindert.

Zwangbeanspruchungen aus Temperaturänderungen ergeben sich in jeder Bodenplatte während der Erhärtung des Betons. Die Hydratation des Zements ist eine exotherme – also Wärme freisetzende – chemische Reaktion. Während der Wärmeabgabe ist der Elastizitätsmodul des Betons noch relativ gering, so dass sich bei behinderter Verformung nur vergleichsweise kleine Druckspannungen ergeben. Sobald die Wärmefreisetzung durch die Hydratation geringer ausfällt als die Wärmeabgabe an die Umgebung, kühlt der Beton wieder ab. Der Elastizitätsmodul ist dann durch die zunehmende Erhärtung bereits deutlich größer. So entstehen bei behinderter Verformung erhebliche Zugspannungen im Beton. Dieser Lastfall „abfließende Hydratationswärme“ stellt häufig den maßgebenden Lastfall bei einer Bemessung der Zwangbeanspruchungen dar.

Zwangbeanspruchungen aus Schwinden ergeben sich infolge der Abgabe überschüssigen Wassers aus dem Beton. Die daraus resultierende Verformung liegt rein rechnerisch etwa zwischen 0,3 mm/m und 0,5 mm/m. Bei einer Bodenplatte wird diese Verformung durch die Reibung mit dem Untergrund behindert, wodurch sich Zugspannungen im Querschnitt ergeben.

Die Verformbarkeit der untersuchten Bodenplatte wird neben der Reibung auf dem Untergrund zusätzlich durch die Vouten behindert. Diese bilden quasi unverschiebliche Festpunkte. Die ungünstige Geometrie der Plattenunterseite führt somit im Plattenquerschnitt in besonderem Maße zu Zugspannungen infolge der Zwangbeanspruchung aus Temperaturänderungen und Schwinden. Im Bild 3a ist das Phänomen schematisch skizziert. Die Regelmäßigkeit der Risse und deren Verlauf zwischen den Zwangpunkten korrelieren bei der untersuchten Bodenplatte mit dieser Bewertung.

Die Ausführung einer Bodenplatte mit Vouten stellt per se keinen technischen Mangel dar. Jedoch beeinträchtigen die Risse die Gebrauchstauglichkeit. Dies gilt bei der als weiße Wanne konzipierten Tiefgarage sowohl im Hinblick auf einen Wassereintritt von außen wie auch auf einen Eintritt chloridhaltigen Wassers von den Fahrzeugen in die Bodenplatte.

Im Rahmen der Tragwerksplanung müssen für eine weiße Wanne über den Lastabtrag hinaus zusätzliche Nachweise geführt werden. Entsprechend der WU-Richtlinie [1] stellt der Nachweis der Wasserundurchläs­sigkeit einen zusätzlichen Gebrauchstaug­lichkeitsnachweis dar. Die erforderlichen Nachweise sind unter Berücksichtigung der zeitlichen Entwicklung der Zwangschnittgrößen zu führen [1]. Soweit diese Nachweise nicht geführt bzw. erfüllt sind, liegt demnach ein Verursachungsanteil für das Schadensbild beim Tragwerksplaner. Die Nachbehandlung des Betons hat einen wesentlichen Einfluss auf die Bildung von Rissen. Hierbei spielen auch Temperatur, Nie­derschläge und Sonneneinstrahlung während des Zeitraums nach dem Betonieren eine wichtige Rolle. Hinweise hierzu können zum Beispiel einem ordentlich geführten Bau­tagebuch entnommen werden. Soweit keine ausreichende Nachbehandlung stattgefunden hat, liegt ein weiterer Verursachungsanteil für das Schadensbild beim Ausführenden.

Standpunkt

Die Ausführung von Bodenplatten mit Vouten ist auch bei weißen Wannen häufig zu beobachten. Dabei ist diese Bauweise mit einem erhöhten Risiko hinsichtlich des Auftretens schädlicher Trennrisse verbunden. Bei einer Bodenplatte mit ebener Unterseite (Bild 3b) treten zwar infolge der Reibung am Untergrund ebenfalls Zwangbeanspruchungen auf. Jedoch entfallen mit den Vouten Festpunkte, die die Verformung zusätzlich behindern.

Hinsichtlich des Aufwands der Ausführung und der damit verbundenen Kosten weisen beide Bauweisen – mit und ohne Vouten – Vor- und Nachteile auf:

Aushub: Bei einer Bodenplatte mit Vouten fällt zwar insgesamt weniger Aushub an. Dafür ist die Ausbildung der Vouten mit einem größeren Aufwand verbunden als die Herstellung einer ebenen Baugrubensohle.

Bewehrung und Beton: Bei einer Bodenplatte mit ebener Unterseite können die Zwangbeanspruchungen aus Temperatur­änderungen und Schwinden durch einfache Maßnahmen minimiert werden. In der Praxis werden dazu „Gleitschichten“ vorgesehen, wozu zum Beispiel zwei Lagen dicke PE-Folie oder besser eine PTFE-Folie auf der ebenen und geglätteten Sauberkeitsschicht verlegt werden. Hierdurch wird die Reibung zwischen Platte und Untergrund und damit die Zwangbeanspruchung in der Platte reduziert. Damit kann bewirkt werden, dass die Zwangbeanspruchung kleiner bleibt als die vom Beton aufnehmbare Zugbeanspruchung. Es ist dann hinsichtlich der Wasserundurchlässigkeit nur eine Mindestbewehrung für die nachgewiesene Zwangschnittgröße erforderlich. Im Resultat können Platten mit ebener Unterseite weniger Bewehrung als Platten mit Vouten erfordern. Dem steht eine geringere Betonmenge für Platten mit Vouten gegenüber.

In der Praxis ist noch ein weiteres Argument relevant: Bodenplatten mit Vouten weisen insbesondere in den gevouteten Bereichen häufig einen sehr hohen Bewehrungsgehalt auf. Ein ordnungsgemäßes Einbringen und vor allem Verdichten des Betons wird dadurch stark erschwert. Bild 4 zeigt exemplarisch die Bewehrung einer Bodenplatte zwischen Stütze und Voute. Eine fachgerechte Verarbeitung des Betons ist hier kaum möglich, was Fehlstellen begünstigt.

Dichten von Rissen: Dieser Punkt wird im Vorfeld meist vernachlässigt und erlangt erst dann Bedeutung, wenn entsprechende Arbeiten erforderlich werden (Bild 5). Dabei ist das Abdichten von Rissen mit erheblichem Aufwand verbunden. Eine Bodenplatte mit Vouten weist gegenüber einer Bodenplatte mit ebener Unterseite ein erhöhtes Rissbildungs-Risiko auf. Demzufolge ist für Bodenplatten mit Vouten auch ein höherer Aufwand hinsichtlich der Abdichtung von Rissen zu er­warten.

Die allgemeine Gegenüberstellung beider Bauweisen – mit Vouten und mit ebener Unterseite – ergibt keinen klaren ausführungstechnischen oder ökonomischen Vorteil für eine der beiden Varianten. Die Bauweise mit einheitlicher Plattendicke und ebener Unterseite hat jedoch den klaren technischen Vorteil, dass die Zwangbeanspruchung und damit das Risiko der Bildung von Trennrissen geringer sind als bei der Bauweise mit Vouten. Im Resultat ist somit aus technischer Sicht die Ausführung einer Bodenplatte mit ebener Unterseite gegenüber der Ausführung einer Bodenplatte mit Vouten vorzu­ziehen. Dies gilt ganz besonders dann, wenn die Bodenplatte Bestandteil einer weißen Wanne ist.

Literatur

[1] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton: DAfStb-Richtlinie Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton (WU-Richtlinie), Ausgabe 11/2003 mit Berichtigung 2006

[2] Lohmeyer, G., Ebeling, K.: „Weiße Wannen einfach und sicher – Konstruktion und Ausführung wasserundurchlässiger Bauwerke aus Beton“, Verlag Bau+Technik, 9. Auflage, 2009

[3] Verein Deutscher Zementwerke e.V.: Zement-Merkblatt H10 – Wasserundurchlässige Betonbauwerke, Ausgabe 01/2010, abrufbar unter vdz-online.de

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