Großforschungszentrum wird Labor

„Das LAB kommt“, so der Titel einer Pressemeldung vom Ende des Jahres 2023. Doch was derart formuliert als Erfolg angekündigt wird, ist auch ein Scheitern gewesen, zumindest ein Kompromiss. Jedenfalls dann, wenn man die Vorgeschichte der LAB-kommt-Ausrufung kennt (zum LAB gleich mehr). So gab es seitens des Bundesminis-teriums für Bildung und Forschung BMBF drei Jahre vor der Pressemeldung die Auslobung eines 2-stufigen, themenoffenen Wettbewerbs mit dem Titel „Wissen schafft Perspektiven für die Region!“ Die Region waren hier die sächsische Lausitz und das mitteldeutsche Revier, weshalb auf Ausloberseite auch der Freistaat Sachsen und das Land Sachsen-Anhalt saßen. 2021 wurde mit sechs aus 100 Bewerberinnenkandidaten die finale ­Phase in der Suche nach geeigneten „Großforschungszentren“ eingeläutet. Ende 2023 gab es dann zwei Gewinner, je einer für das beteiligte Bundesland. Die sechs Endrundenkandidaten waren: „Chemresilienz“ (Prof. Peter Seeberger, Potsdam, einer der Gewinner), „CLAI_RE“ (Prof. Georg Teutsch, Leipzig), „CMI“ (Prof. Jens Meiler, Leipzig), „Deutsches Zentrum für Astrophysik“ (Prof. Günther Hasinger, European Space Agency Spanien), „ERIS“ (Prof. Carsten Drebenstedt, Freiberg) und „LAB“ (Prof. Manfred Curbach, Dresden). Letzteres unterlag am Ende den Astrophysikern um Günter Hasinger, und ist damit weit entfernt von den Fördersummen, die für die beiden Siegerkandidaten in den kommenden Jahren vom Bund zur Verfügung gestellt werden, etwa je 1,2 Mrd. €.

Immerhin, die Initiatoren von „Lab – Lausitz Art of Building” blieben hartnäckig und formulierten ihr Anliegen allgemeiner. Was am 17. November 2023 zu einem Beschluss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestags führte, 68,6 Mio. € zum Aufbau des nun umbenannten „LAB – Living Art of Building“ in den nächsten fünf Jahren ­bereitzustellen. Für Investitionen in den Aufbau in Sachsen haben zudem die Landkreise Bautzen und Görlitz zugesagt, mit Hilfe der Städte und Gemeinden bis zu 450 Mio. € ihrer Strukturwandelmittel dazu zu geben.

Das neue LAB soll einen Paradigmenwechsel im Bauwesen katalysieren. Forschung und Industrie sollen ressourceneffiziente und klimaneutrale Werkstoffe entwickeln sowie Bauweisen und Bautypologien, die über Jahrzehnte nutzbar sind. Insgesamt will man den enormen Ressourcenverbrauch im Bauwesen mindern. „Das Konzept“, so das BMBF, „integriert die modernsten Ansätze der Materialforschung, der Produktionstechnologien und der Digitaltechnologien, sodass sich die Lausitz als arbeitsplatzwirksame europäische Modellregion für nachhaltiges Planen und Bauen entwickeln kann.“ „Arbeitsplatzwirksam“ ist ohnehin der vom Bund zentral verfolgte Förderaspekt in einer Region, in der die Menschen sich offenbar abgehängt fühlen.

Ab sofort soll der mehrjährige Aufbau des LAB beginnen. Nach der Aufbauphase sollen insgesamt rund 1 250 Wissenschaftlerinnen in weltweit einmaligen Laboreinrichtungen forschen und entwickeln. Durch die enge Zusammenarbeit mit der Industrie könnten langfristig bis zu 40 000 Arbeitsplätze in und um das LAB herum entstehen. Hintergrund für die Strukturfördermaßnahmen ist das am 14. August 2020 in Kraft getretene „Struk­turstärkungsgesetz Kohleregio­nen“ (StStG). Um neue Perspektiven für die Kohleregionen zu schaffen, sieht es in § 17 Ziffer 29 die „Gründung je eines neuen institutio­nell geförderten Großforschungszentrums nach Helmholtz- oder vergleichbaren Bedingungen in der sächsischen Lausitz und im mitteldeutschen Revier auf Grundlage eines Wettbewerbsverfahrens“ vor. Dass hier die Astrophysik die Bauforschung schlagen konnte, überrascht eher nicht. Dass die im Wettbewerb unterlegenen Ingenieure für ihre Sache weitergekämpft haben, freut. Dass das Ganze am Ende wieder nur einer Effizienzdebatte folgt, ermüdet. Aber Politik entscheidet nach Wirtschaftslichkeitsmaßstäben, die Arbeitsplätze sichern müssen. Auch in Branchen, über deren Systemrelevanz nicht zu diskutieren ist; oder doch? Be. K.

www.lab-lausitz.org
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