Im Spiegel der Zeit

Vom Geschäftshaus Jacobi zum Hotel Orania.Berlin:
Geschichte und Wandel einer architektonischen ­Wiederentdeckung am Oranienplatz
Wolfgang Schäche, David Pessier
Jovis; 1. Edition 2019 (Hrsg.)
Hardcover, 128 Seiten
38,00 €, ISBN: 978-3868595253

Vom Geschäftshaus Jacobi zum Hotel Orania.Berlin:
Geschichte und Wandel einer architektonischen ­Wiederentdeckung am Oranienplatz
Wolfgang Schäche, David Pessier
Jovis; 1. Edition 2019 (Hrsg.)
Hardcover, 128 Seiten
38,00 €, ISBN: 978-3868595253
Das Hotel Orania.Berlin gehört zweifellos zu den architektonischen Juwelen des Oraniaplatzes in Berlin-Kreuzberg. Aus gutem Grund haben es sich die Autoren Wolfgang Schäche und David Pessier zur Aufgabe gemacht, einen detaillierten Überblick über die vielschichtige Historie jenes Ortes zu geben. Was viele nicht wissen: Dort verlief einst der Luisenstädtische Kanal, der bis 1926 die Spree mit dem Landwehrkanal verband. Angesichts seiner starken Frequentierung im Herzen Kreuzbergs wurde der Platz mit seiner linsenförmigen Mittelinsel mehrfach umgestaltet. An allen Seiten wurde er mit Wohnmietshäusern eingefasst, die zum Großteil Ende des 19. Jahrhunderts errichtet wurden. Es war eine Zeit des Aufbruchs, währenddessen sich das Quartier vom Arbeiter- zum Geschäftsviertel entwickelte.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde dort ein „Verkaufspalast“ in moderner Stahlskelettbauweise statt einer konventionellen Lochfassade errichtet. Die Weimarer Republik sowie die zwölf Jahre NS-Diktatur blieben für das Gebäude ohne wesentliche baulichen Auswirkungen. Wenngleich der Oranienplatz und sein näheres Umfeld den Krieg ohne größere Beschädigungen überstanden hatten, war das prestigeträchtige Warenhaus durch mehrere Bombardements schwer beschädigt worden. Anstelle der Ruine wurde folglich ein pragmatischer Nachkriegsarchitektur errichtet.

Mit dem Mauerbau war Kreuzberg und somit auch der Oranienplatz ins räumliche „Abseits“ geraten.

Erst mit der Wiedervereinigung wurde dem Ort aufgrund seiner jetzt zentralen Lage als städtebaulicher Ankerpunkt eine neue Bedeutung zuteil. Im Ergebnis sind dort etliche Neubauten entstanden und Gebäudesanierungen wurden im großen Umfang durchgeführt. So kam es auch zur sorgfältigen Rekonstruktion des einstigen Kaufhauses an der Oranienstraße, dessen Räume in weiterer Folge das Hotel Orania bezog.

Fazit: Geschichtsaffine Leser und Berlin-Kenner werden bei diesem Buch sicherlich auf ihre Kos­ten kommen, da es nicht nur auf die Historie des Gebäudes selbst eingeht, sondern zusätzlich detaillierte Informationen zur städtebaulichen Entwicklung des Oraniaplatzes bereithält. Einzig das etwas unhandliche Hochkant-Format mindert den positiven Gesamteindruck. Bei Neuauflage wäre eine Taschenbuch-Variante sicherlich empfehlenswert. Roe

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