Team Dis+Ko

Lehren aus der Leere

Das Kollektiv Team Dis+Ko steht für Diskurs und Kooperation in den Bereichen Architektur, Landschaftsarchitektur, Städtebau und Gestaltung. Seit 2018 arbeiten sie zu acht daran, Räume für kollektive Zusammenarbeit zu erschließen.

Text: Team Dis+Ko


Die kollektive Praxis als Aufgabenfeld und Raum für Experimente im Bestand, in der Zusammenarbeit und in Baustellen-Outfits
Foto: Team Dis+Ko

Die kollektive Praxis als Aufgabenfeld und Raum für Experimente im Bestand, in der Zusammenarbeit und in Baustellen-Outfits
Foto: Team Dis+Ko


Die Klimakatastrophe, schwindende Ressourcen, endliche Deponieräume, rekonstruktionsbegeisterte Bausenator:innen und prekäre Verhältnisse auf den Wohnungsmärkten … es brennt! Die Planungs- und Baupraxis muss sich neu erfinden, um zukunftsfähig zu sein. Dafür braucht es Raum. Raum im inhaltlichen Sinn, für mehr offenen Diskurs über die Zukunft des Planens und Bauens. Aber auch Raum im physischen Sinn, um Orte für diese Aushandlungsprozesse zu schaffen und langfristig zu sichern. Vor allem braucht es das Engagement von Vielen, neue Netzwerke und Allianzen um diese Raumfrage gemeinsam bewältigen zu können – the Power of Many.

Team Dis+Ko – Raum für kollektive Zusammenarbeit
Kennengelernt haben wir uns hinter hohen Brandenburger Hecken, in einem gemeinsamen Entwurfsstudio am Natural Building Lab der  TU Berlin. Obwohl die Aufgabe architektonische Interventionen in der dortigen Siedlung verlangte, wurde während unserer Arbeit vor Ort klar, dass es uns eigentlich um die Gestaltung von Prozessen und die gemeinsame Zusammenarbeit darüber hinaus geht. Aus diesem geteilten Selbstverständnis heraus entstand 2018 Team Dis+Ko.


Vierteljährliche Dis+Ko Klausur in Brandenburger Wiesen: Wie geht’s denn jetzt weiter?
Foto: Team Dis+Ko

Vierteljährliche Dis+Ko Klausur in Brandenburger Wiesen: Wie geht’s denn jetzt weiter?
Foto: Team Dis+Ko

Von dort hat es uns schließlich an die Berliner Hermannstraße verschlagen, wo wir als Experiment der kollektiven Masterarbeit an Zukunftsvisionen für die Berliner Friedhöfe gearbeitet haben. Wir haben gelernt und lernen noch immer, was es heißt, zu acht zusammen zu arbeiten und machen unsere Zusammenarbeitsweise und Organisation im Kollektiv zur Aufgabe. Nach dem Studium war klar, dass wir Wege finden möchten, langfristig Raum für unsere geteilten Werte und kollektive Zusammenarbeit zu schaffen.

Aktuell beschäftigen wir uns also mit Teilzeit-Bürojobs, der Gründung als Genossenschaft und immer wieder der Grundsatzfrage, was uns eigentlich antreibt. Uns verbindet das Interesse an prozessorientierter Gestaltung, dem Planen und Bauen innerhalb der planetaren Grenzen, die Lust auf Experimente und das ständige Überdenken bestehender Konventionen. Wir nehmen unsere soziale, gesellschaftliche und ökologische Verantwortung als Planer:innen ernst und kämpfen gemeinsam für eine kreislaufgerechte, gemeinwohlorientierte und demokratische gebaute Umwelt.


Das studio nagelneu an der Hermannstraße in Neukölln – Berlins erstes öffentliches Wohnzimmer
Foto: Team Dis+Ko

Das studio nagelneu an der Hermannstraße in Neukölln – Berlins erstes öffentliches Wohnzimmer
Foto: Team Dis+Ko

studio nagelneu – Raum für Zwischennutzungen und Gemeinschaft
In unserer gemeinsamen Masterarbeit entstand die Idee des Öffentlichen Wohnzimmers, als nicht-kommerzieller (Innen-)Raum in urbanen Zentren, Raum, der Spekulationen entgegenwirkt und langfristig Orte für Gemeinschaften sichert. In Form einer leerstehenden Gewerbefläche am Neuen St. Jacobi Friedhof an der Hermannstraße in Berlin fand unsere Idee dann eine Adresse: Aus einem ehemaligen Nagelstudio wurde als Zwischennutzung das studio nagelneu. Betreut vom Prinzessinnengarten Kollektiv Berlin ist es Raum für Initiativen, Workshops, Veranstaltungen – für gemeinwohlorientierte Angebote für die Nachbar:innenschaft.

Aus der temporären Umnutzung des Raums folgte die Strategie unserer Planung. Material haben wir in Kreisläufen gedacht und entweder direkt wiederverwendet oder Elemente im Raum so geplant, dass sie eine Folgenutzung im Gemeinschaftsgarten auf dem Friedhof haben. Gebrauchte Doppelstegplatten aus dem Garten haben wir als Deckenverkleidung im Studio zwischengenutzt. Diese können nach der temporären Nutzung gemeinsam mit den Latten vom Regal wieder zu einem Gewächshaus werden. Die Küche bekommt in ein paar Jahren geländetaugliche Gummirollen und wird zur mobilen Außenküche – nichts bleibt zurück.


Die Bleibe vor dem ­Umbau im Selbstbau
mit Muskelhypothek
Foto: Team Dis+Ko

Die Bleibe vor dem ­Umbau im Selbstbau
mit Muskelhypothek
Foto: Team Dis+Ko

Die Bleibe – Raum für Selbstbau und Partizipation
Im Angesicht des massiven Flächendrucks in Berlin, der steigenden Mieten und der Unmöglichkeit, die sich Berliner Wohnungsmarkt nennt, fehlt es auch an langfristig gesichertem bezahlbarem Wohnraum für bestimmte Gruppen. Dringend notwendig sind gemeinwohlorientierte Betreiber:innenmodelle, die alternative Ansätze formulieren. Hier setzt das Pilotprojekt Die Bleibe an. Es soll bezahlbaren Wohnraum für Studierende und Auszubildende zur Verfügung stellen und dauerhaft sichern. Gemeinsam mit Studierenden und der GSE – Gesellschaft für StadtEntwicklung gGmbH – als Auftraggeberin begleiten wir den kreislaufgerechten Ausbau einer leerstehenden Wohnung in Berlin-Wedding.

Wie an vielen Orten haben es junge Menschen in Ausbildung auf dem Wohnungsmarkt schwer und landen oftmals in Zimmern ohne klare Perspektive oder überteuerten, temporären Wohnangeboten. Auch die gestiegenen Material- und Baukosten sowie Ausbaustandards leisten ihren Beitrag. So entstand das Konzept der Muskelhypothek, wonach künftige Bewohner:innen beim Ausbau mithelfen und die so geleisteten Arbeitsstunden auf die spätere Miete gutgeschrieben werden. Lediglich die Elektro-, Sanitär- und Heizungsinstallationen werden von Fachfirmen ausgeführt, bei allen anderen Arbeiten stehen Expert:innen als Unterstützung zur Seite. Um den Wohnraum dauerhaft für diese Bedarfsgruppe zur Verfügung stellen zu können, ist der Mietzeitraum auf die Regelstudien- oder Regelausbildungszeit plus ein Jahr extra begrenzt.


Der BauSalon in Moabit – Ort für Diskurs und Austausch
Foto: Team Dis+Ko

Der BauSalon in Moabit – Ort für Diskurs und Austausch
Foto: Team Dis+Ko

BauSalon – Nehmt Raum für Austausch und Umbau!
Das Hinterfragen von Konventionen fängt meist an einer konkreten Stelle an und endet beim großen Ganzen – das kann überwältigend sein. Viele Ideen scheitern schon am Anfang, an fehlendem Austausch und Wissen, Selbstvertrauen oder an ganz banalen Dingen, wie an einem Arbeitsraum.

Ursprünglich nur als Schaufenster für das Modell-Projekt Die Bleibe initiiert, soll der BauSalon genau dafür Raum bieten, Treffpunkt und Ort für Diskurs und Austausch zu Themen, wie z. B. kreislaufgerechtes Planen, Um- und Weiterbauen, Reparieren und aktivierter Leerstand sein. Er ist Infrastruktur für neue Netzwerke und damit eine offene Einladung und Aufruf zum Mit- und Einmischen: Wenn ihr euch ähnliche Fragen stellt, Projekte vorhabt oder begleitet und einen Raum für Veranstaltungen, zum Arbeiten oder Denken sucht, meldet euch!



Team Dis+Ko

www.team-disko.berlin
Mehr Infos zum studio nagelneu findet ihr hier: https://prinzessinnengarten-kollektiv.net/studio-nagelneu
mail: hallo@team-disko.berlin

insta: team_disko

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