Mehr als nur alive: die Ballers

Wird irgendwo in dem von Texten, Plänen und Fotografien, von Gesprächen und Geständnissen und Erinnerungsfetzen prall vollem Buch verraten, warum die Gestalter:innen die Generalfarbe Flaschengrün wählten? Ich habe eine Antwort nicht gefunden. Und mich nach erster Irritation auch daran gewöhnt, dass Texte oder Abbildung mit einem Grünraster ausgezeichnet sind.

Und dann spielt dieses Ungewisse ja durchaus eine Rolle, wenn es um die Protagonist:innen dieses dickleibig schweren Taschenbuchs geht, um die Ballers, wenn man das mal so schreiben darf. Inken und Hinrich Baller, die für die West-Berliner:innen und Berliner:innen und damit sicher auch für die bundesrepublikanische Architekturgeschichte der letzten 50 Jahre wichtig sind. Es gibt nicht nur den Baller-Stil, der sich durch Filigranität, Licht- und Außenbezug, durch Materialsorgfalt und scheinbar selbstverständliche, aber doch ausgeklügelte Raumfügungen auszeichnet. Es ist auch das Engagement der beiden, ihre damals durchaus auch laut geäußerten Ansichten zu (Wohn-)Architektur und Städtebau und natürlich Stadtplanungspolitik.

Die beiden sind – auch aus Altersgründen – ruhiger geworden, aber in keiner Weise schläfrig. Dass sie beide hier dieses Buch gemacht haben – initiiert auch von urban fragment observatory, die zudem eine große Ausstellung zu Werk und Personen machten, gefördert unter anderem von der Wüs­tenrot Stiftung – dass also dieses Buch endlich einmal das leistet, worauf viele (also wenigstens ich) schon lange gewartet haben, ist wunderbar. Dass die Geschichten, Interviews und schließlich die großartige und großzügig gemachte Projekte­schau bei Walter und Franz König erscheint, einem international ausgerichteten Kunstbuchverlag ersten Ranges, entspricht der Einmaligkeit dessen, was die Ballers uns hinterlassen haben: Die selten gewordene Stimme, die Architektur wieder wie Architektur aussehen und sich anfühlen lässt und niemals wie ein Produkt, das dem Bild vorhergegangener Produkte folgte. Leider gibt es die Arbeit nur noch in der englischsprachigen Übersetzung. Was auch zeigt: die Ballers sind mehr als nur alive! Be. K.

Visiting: Inken Baller & Hinrich Baller. Hrsg. v. urban fragment observatory, Berlin. Walther u. Franz König, Köln 2022, 544 S., 300 Abb. u. Pläne39,80 €, ISBN 978-3-7533-0051-1
x

Thematisch passende Artikel:

Großer BDA-Preis 2023 für Inken Baller und Hinrich Baller

Preisverleihung 15. September in Köln

Zur Begründung führte die Jury aus: "Die Jury würdigt das gemeinsame Werk von Inken Baller und Hinrich Baller als eigenständige und ökologisch geprägte Entwurfshaltung, die unter den...

mehr
Ausgabe 09/2023

Großer BDA-Preis 2023 für Inken Baller und Hinrich Baller

Inken Baller und Hinrich Baller erhalten den Großen BDA-Preis 2023 für ihr gemeinsames Werk. Dies entschied eine unabhängige Jury unter dem Vorsitz der BDA-Präsidentin Susanne Wartzeck. Die...

mehr
Ausgabe 10/2016

„Musikmachen hat mir in der Architektur sehr geholfen“ Im Gespräch mit Hinrich Baller, Berlin f-iba.de

Hinrich Baller? Ist das nicht der mit den schlanken Stahlstützen und ornamentalen Geländern, immer in Mintgrün? IBA Berlin 1987?! Mit und gegen Max Dudler, Paul J. Kleihues u. Co.? Ein Architekt,...

mehr
Ausgabe 04/2022

Bei den Ballers zu Besuch

Inken und Hinrich gehören zur Berliner und ganz sicher auch zur deutschen Architekturgeschichte wie kaum ein zweites Architektenpaar. Vielleicht, weil ihr Werk umstritten ist, sie selbst so wunderbar...

mehr
Ausgabe 11/2023

Ein dickes Buch

Das Buch hat ein dezent längliches Format, ist gediegen dick und auf dem Umschlag seines Leinen­einbands mit feingeschnittenen Versalien bedruckt, die ein leuchtendes Gelborange sind, wie auch die...

mehr