Nachhaltiges Bauen und ­Förderungen

Das Thema Nachhaltigkeit ist schon lange auch in der Baubranche ein wichtiges Leitprinzip. Das betraf zunächst vor allem die Ressourcennutzung. Doch nun rückt auch das Treibhausgaspotenzial bei der Errichtung von Bauwerken immer mehr in den Vordergrund.

Schätzungen gehen davon aus, dass der Gebäudesektor für rund 40 % des CO2–Ausstoßes in Deutschland verantwortlich ist. Nahezu die Hälfte dieser Emissionen stammt aus der in den Gebäuden verbrauchten Energie, die andere Hälfte entsteht bei ihrer Errichtung. Für das Erreichen der anvisierten Klimaschutzziele und der Nachhaltigkeitsanforderungen muss der Neubau daher nachhaltiger gedacht und der Gebäudebestand energetisch modernisiert werden.

Kriterien für nachhaltiges Bauen

– Umweltschonend und energieeffizient: Im Fokus stehen hier die Minimierung des Flächenverbrauchs, die Vermeidung von Flächenversiegelung, eine nachhaltige Baustoffauswahl und eine energieeffiziente Planung (Gebäudeausrichtung, Wärmedämmung etc.).

– Wirtschaftlich und langlebig: Hier geht es um Qualität und Langlebigkeit der eingebauten Produkte, ebenso eine vorausschauende Planung, im Hinblick auf spätere Umnutzung (leichter Umbau).

– Funktional und komfortabel: Das bedeutet Schallschutz, Komfort, Behaglichkeit, natürliches Licht, Barrierefreiheit und effiziente Wohnraumnutzung.

– Angemessen und robust: Im Fokus stehen hier Wartungsfreundlichkeit und effiziente Gebäudetechnik.

– Materialgerecht und aufwandsarm: Dabei geht es um Recyclingfähigkeit (geringere Abfallmenge) und eine sortenreine Trennbarkeit der eingebauten Stoffe.

Das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG)

Bestehende Gebäude werden zur Zeit noch zu 75 % mit fossilen Heizungsanlagen beheizt, wobei Erdgasheizungen bisher auch bei Neubauten dominieren. 14 % der Haushalte erhalten Fernwärme; Stromdirektheizungen sowie Wärmepumpen machen einen geringen Prozentsatz aus.

Das neue Gebäudeenergiegesetz wurde am 29. September 2023 vom Bundesrat gebilligt. Ab dem 1. Januar 2024 müssen nun in den meisten Neubauten Heizungen mit 65 % Versorgung aus Erneuerbaren Energien eingebaut werden. Für alle anderen Gebäude gelten großzügige Übergangsfristen und verschiedene technologische Möglichkeiten.

Spätestens ab Mitte 2028 wird die Nutzung von mindestens 65 % Erneuerbarer Energie für neue Heizungen i. d. R. verbindlich sein. Bis dahin sollen alle Städte und Gemeinden über eine ausgearbeitete Wärmeplanung verfügen, die eine solche nachhaltige Energienutzung ermöglicht.

Der Lebenszyklus von Gebäuden

Der Lebenszyklus eines Gebäudes umfasst die gesamte Gebäudelebensdauer, welche die Errichtungsphase, die Nutzungsphase (einschließlich Umnutzungen, Modernisierungen und Sanierungen) sowie Abriss und Entsorgung berücksichtigt.

Die Kosten für den Betrieb eines Gebäudes übersteigen i. d. R. die Erstellungskosten. Die Weichen für die Betriebskosten werden schon bei der Planung und Errichtung des Gebäudes gestellt, weshalb die Lebenszykluskosten bereits in der Planungsphase zum Thema werden müssen.

Der Lebenszyklus von Gebäuden

1. Planungsphase

(Projektentwicklung und Projektplanung)

2. Bauphase, Realisierung

(Rohstoffgewinnung, Herstellung, Transport, Errichtung, Inbetriebnahme)

3. Nutzungsphase

(Betreiben, Bewirtschaften, Instandhalten)

4. Modernisierungsphase

(Modernisierung, Sanierung, Umbau)

5. Nutzungsphase

(Betreiben, Bewirtschaften, Instandhalten)

6. Rückbauphase

(mit Verwertung / Entsorgung)

Lebenszyklusanalyse/Ökobilanz

Die Begriffe Lebenszyklusanalyse und Ökobilanz (für Bauobjekte) werden im Großen und Ganzen synonym verwendet. Die Ökobilanz oder Lebenszyklusanalyse dient dazu, die potenziellen Umweltauswirkungen eines Produktsystems über den gesamten Lebensweg zu beurteilen.

Eine Gebäude–Ökobilanz resultiert in einer systematischen und standardisierten Reihe von Daten zur ökologischen Bewertung eines Gebäudes oder Bauwerks. Ziele sind die effiziente Nutzung materieller Ressourcen, die Verringerung der Umweltbelastung durch Emissionen und die Minimierung von Abfällen. Die Ökobilanz ist im Grunde eine Kombination einer Sachbilanz (Stoffströme etc.) mit einer Wirkungsabschätzung sämtlicher Prozesse, die mit der Stoffzurverfügungstellung und Stoffverwendung im Zusammenhang stehen. Materialmengen und die Parameter für die Umweltauswirkungen stehen im Mittelpunkt.

Etwa 25 Größen fließen in die Ökobilanz ein, die in folgende Kategorien subsumiert werden können:

– Umweltauswirkungen

(z. B. das Treibhauspotenzial bei Errichtung oder bei Transport)

– Ressourcennutzung

(Roh– und Betriebsstoffe, Energie, Produkte, Wassernutzung, Abfälle, Emissionen, Einleitungen in Wasser, Bodenverunreinigung)

– Abfallverwertung, Entsorgung

Förderprogramme

Die Förderung nachhaltiger Wohngebäude erfolgt bundesweit insbesondere im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Die Abwicklung der Anträge für BEG–Programme erfolgt wiederum über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Bei Neubauten ist das QNG–Nachhaltigkeitssiegel und i. d. R. die Einstufung als sogenanntes Effizienzhaus 40 eine Voraussetzung für eine Förderung. Darüber hinaus gibt es regionale Förderprogramme der Länder, der Länderbanken oder vereinzelt von Kommunen und Städten.

Die Bundesförderung für effiziente Gebäude besteht aus folgenden Teilprogrammen:

– Bundesförderung für effiziente Gebäude – Wohngebäude (BEG WG)

– Bundesförderung für effiziente Gebäude – Nichtwohngebäude (BEG NWG)

– Bundesförderung für effiziente Gebäude – Einzelmaßnahmen (BEG EM)[1]

Das KfW–Effizienzhaus

Der Energieeffizienz–Standard wurde ursprünglich von der KfW für Fördermaßnahmen eingeführt und ist heute weithin in Gebrauch. Die KfW vergibt Kredite nach Maßgabe des erreichten Effizienzhausstandards.

Entscheidend für die Einstufung eines Gebäudes sind die Messgrößen primärer Energiebedarf und Transmissionswärmeverlust des Gebäudes, welche das Haus im Vergleich zu einem Referenzgebäude erreicht. Dieses Referenzgebäude entspricht einem Effizienzhaus 100 (d. h. es entspricht zu 100 % den Vorgaben). Gängige Standards sind 85, 70, 55 und 40.

Um eine KfW–Förderung für ein Neubau–Vorhaben in Anspruch nehmen zu können, muss meist der KfW–Effizienzhaus 40–Standard erreicht werden. Ein solches Gebäude benötigt nur 40 % der Energie des Referenzgebäudes; sein Transmissionswärmeverlust darf maximal 55 % betragen.[2]

Neue Förderpläne der Regierung

Im Jahr 2023 sind die Baugenehmigungen bei Wohneinheiten um nahezu 30 % eingebrochen, während die Baupreise weiter angestiegen waren.

Am letzten Septemberwochenende des Jahres 2023 hat die Bundesregierung deshalb einen 14–Punkte–Plan zur Ankurbelung des Wohnungsneubaus beschlossen, der in Teilen jedoch wieder zurückgenommen werden musste. Bauprojekte sollten demnach durch Steuervorteile unterstützt, Umweltstandards gesenkt und die Eigentumsförderung für Familien (in eher bescheidenem Maße) ausgeweitet werden. Reformierte Bundesförderung für Einzelmaßnahmen: Am 29.12.2023 wurde schließlich die reformierte Förderrichtlinie der Bundes­förderung für effiziente Gebäude – Einzel­maß­nahmen im Bundesanzeiger veröffentlicht. Die Förderung wird stufenweise im Jahr 2024 starten und besteht in einem Investitionszuschuss.

Geförderte Maßnahmen

– Einzelmaßnahmen an Bestandsgebäuden zur Verbesserung des energetischen Niveaus des Gebäudes

– Erweiterung durch Anbau, Ausbau, Umwidmung von Nichtwohngebäuden zu Wohngebäuden und umgekehrt

– Einzelmaßnahmen an der Gebäudehülle

– Anlagentechnik

– Heizungstechnik

– Heizungsoptimierung

– Fachplanung und Baubegleitung↓

[1] Einbau neuer Heizungsanlagen, Optimierung bestehender Anlagen, energetische Verbesserung der Gebäudehülle, optimierte Anlagentechnik.

[2] Die allgemeine, gesetzlich–verbindliche Verankerung von EH 40 für Neubauten wurde für die gegenwärtige Legislaturperiode im Übrigen ausgesetzt, da die Rahmenbedingungen in der Bau– und Wohnungswirtschaft zur Zeit äußerst ungünstig sind.

[3] = individueller Sanierungsfahrplan Autor: Franz Dam hat für die ORCA Software das Whitepaper „Nachhaltig bauen – Prozesse, Kosten, Förderungen“ verfasst. Dieser Artikel ist eine kompakte Zusammenfassung. Das vollständige 45–seitige Whitepaper kann kostenfrei angefordert werden unter:
www.orca–software.com/nhb
Foto: Orca

Autor: Franz Dam hat für die ORCA Software das Whitepaper „Nachhaltig bauen – Prozesse, Kosten, Förderungen“ verfasst. Dieser Artikel ist eine kompakte Zusammenfassung. Das vollständige 45–seitige Whitepaper kann kostenfrei angefordert werden unter:
www.orca–software.com/nhb
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