Nachhaltigkeit zu teuer?
Freizeit, Tourismus, Kultur: geht immer
im Bestand. Warum nicht Wohnungsbau? (Gare Maritime, Brüssel, Neutelings Riedijk Architecten)
Foto: Benedikt Kraft
Die Bundesarchitektenkammer befragte routinemäßig ihre Mitglieder nach deren Einschätzung zur Geschäftslage. Das Ergebnis der Umfrage, zusammen mit dem Münchner ifo-Institut von Anfang dieses Jahres, war erwartbar: Die Beurteilung der Konjunktur hat sich verschlechtert im Vergleich zur Befragung zwölf Monate zuvor.
Zwar schätzen noch rund 90 % der Befragten die Existenz des eigenen Büros nicht als gefährdet ein, doch länger schon sehen sich viele mit Projektpausen, -rückstellungen oder auch Projektabsagen konfrontiert. Befragt wurden Architekten, Innenarchitektinnen, Landschaftsarchitekten und Stadtplanerinnen. Von diesen nannte eine überwiegende Zahl die gestiegenen Materialkosten, hohe Zinsen und langwierige Genehmigungsprozesse als Risikofaktoren für ihre Geschäftsentwickung.
Interessant ist der Blick auf die Baufelder. Einbußen erlitten die meisten bei Umsätzen in den Bereichen freier und geförderter Wohnungsbau sowie im Ein- und Zweifamilienhausbau. Innenarchitekturbüros verweisen auf die schlechte Auftragslage im Einzelhandel, beim Messebau und in der Hotellerie. Beim Industriebau, vor allem auch bei Freizeit-, Tourismus- und Kulturbauten sowie Gebäuden des Gesundheits- und Bildungswesens ist die Auftragssituation dagegen befriedigend.
Neben der Stimmungslage (23 % der selbstständigen Kammermitglieder bezeichnen die eigene Situation als schlecht, 41 % als gut) und dem leicht gesunkenen Auslastungsgrad kristallisiert sich das Thema Wohnungsbau als ein zentrales heraus. Insbesondere der Neubau fehlt den meisten Büros, Umbau und Erweiterungen dagegen seien noch akzeptabel. Was in diesem Zusammenhang auffällt: 41 % der befragten Architekten sehen in steigenden Baukosten „aufgrund hoher Nachhaltigkeitsstandards“ ein Problem.
Vielleicht wurden sie nicht nach zurzeit geltenden Ausstattungsstandards gefragt, hier könnte gespart und es könnten neue private, aber auch institutionelle Bauherren gewonnen werden. Andererseits, wenn es mit Umbau und Ergänzung gerade besser läuft: Warum hier nicht der Nachhaltigkeitsdebatte folgen und Zeichen setzten? Umbau vor Neubau, da liegen Chancen und jede Menge wirtschaftliches Potenzial. Be. K.