Nur ein Vorschlag? „Downtown Circle“ in Dubai

In der Wüste geht alles, denkt man. Endlose Weite, endlose Möglichkeiten. Und der Mangel an Vege­tation oder Menschengemachtem erzeugt bei einigen die Halluzination vom weißen Blatt Papier. Das löst bei manchen den horror vacui aus, bei anderen regt es die Fantasie an. Diese glauben sich in einem zeit- und ortlosen Raum, in dem alles möglich ist. Vor allem dann, wenn man die Macht / das Öl-Geld dazu hat.

So finden sich im Emirat Dubai beispielsweise Architekturen – wie auch ganze Landstriche, die aus dem Meer gezaubert wurden mittels Landverschiebungen per Bagger -, die mit dem Ort schier nichts zu tun haben. Eklektizitische, haarscharf am Plagiat vorbeientworfene Hochhäuser, die sich gläsern, stählern biegen und winden und in jedem Fall in den Himmel hinaufschießen. Dass man in Dubai das höchste Gebäude der Welt findet, überrascht nur den, der immer noch glaubt, der Kölner Dom sei ein Original der Spätgothik. 828 m hoch ragt der Burj Khalifa in den nicht ­immer sonnig klaren Himmel, Zeichen einer Gigantomanie, die vom selben Architekten, Adrian Smith, in Saudi-Arabien mit dem ­Jeddah Tower (im Bau) noch in der Höhe übertroffen werden sol: um 172 m.

Diese Gigantomanie vor Augen wollen jetzt
ZN Era, Architekten aus Dubai, die viele Renderings von Sience-Fiction-Architektur auf der Webseite haben und einige langweilig protzige Villen, einen – natürlich – gigantischen, wie schwebend anmutenden Ring um das Burj Khalifa bauen, der in rund 500 m Höhe mit einem Kreisdurchmesser von 3 000 m ruht. Der Ring stützt sich tatsächlich – im Rendering – auf vier gigantische Säulen und besitzt fünf frei nutzbare Geschosse. Der nicht unerhebliche Volumenrest ist ehrlicherweise der gigantischen Konstruktion vorbehalten sowie Infrastrukturen, die den Ring zu einer funktionierenden Kleinstadt werden lassen.

Die Fensterflächen sind gigantisch und bieten Wüstenpanoramen sowie Tageslicht in allen Zonen, die ein das Gebilde vielfältig durchdringendes Ökosystem zum Überleben braucht. Und weil wir mit diesem Entwurf in die Zukunft schauen, werden auf Teilen der Dachstruktur Start- und Landeplätze für Flugtaxis untergebracht sein. Unterhalb des Rings bringt eine Schwebebahn (wieso fällt einem gleich die 120-jährige aus Wuppertal ein?!) sowohl Bewohner:innen als auch Besucher:innen in kürzester Zeit zu jedem Kreissegment.

Vielleicht wäre der Downtown Circle vor zehn Jahren noch ernsthaft projektiert worden. In diesen Zeiten allerdings ist eine Realisierung mehr als unwahrscheinlich, zu kosten- und materialintensiv. Laut ZN Era wolle man mit dem Ring eine Diskussion darüber anstoßen, ob Architekt:innen und Stadtplaner:innen nicht zu anderen Modellen greifen sollten als zu den noch üblichen Skyscraper Landscapes/-Clustern. Inwieweit dazu gigantomanische, ultrateure Schwebearchitekturen für die oberen(!) Zehntausend ein adäquates Mittel sind, muss man nicht beantworten. Der Wüste ist es egal, den Bewohner:innen dort aber wohl kaum.

Dabei gibt es sie doch längst, die geerdete Wüs-tenarchitektur. Nicht unbedingt die auch eskapis-tisch Seiende eines Frank Lloyd Wrights, nicht die netten Bungalow-Bauten aus Publikationen, die die Wüste als Rückzugsort für übergestresste Manager:innen verkaufen. Lehmhäuser, ganze Städte aus diesem Material, mehrgeschossig gar. Die wurden mit dem Ort und seinen Klimata, dem Nachbarschaftlichen und Unversöhnlichen der Natur entwickelt. Dort sollten die Architekt:innen des Emirats wieder anknüpfen, mit intelligenter Wasserhaushaltung, Satelitendatenautobahn und solar betriebenen Drohnenflotten, die Einkäufe liefern und die Möglichkeit, die Freiheit(?), den ganzen Sack Konsumgüter, auf die scheinbar die meisten nicht mehr verzichten wollen, ins Haus geliefert zu bekommen. Schwebende, vibrierende Ringe? Hat der Saturn beispielsweise, aber größer, schöner und ewiger. Wir hier unten auf der sich aufheizenden Erde brauchen Schutz und sauberes Wasser und gut, vielleicht auch diesen einen letzten, vorletzten Sack voll mit … Be. K.

www.znera.space
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