Quelle für das eigene Denken
Eigentlich wollte ich lange schon keine dieser tatsächlich überflüssigen Monografien mehr rezensieren, die die großen Architekturbüros dieser Welt in Auftrag geben. Meist sind das teure PR-Publikationen, die vielleicht den Verlagen ein Vergnügen sind, dem Lesemarkt aber wohl eher ein weiterer Staubfänger auf den sich biegenden Regalbrettern.
Aber immer wieder gibt es Ausnahmepublikationen, deren Ausnahmestatus oft daher rührt, dass die Bücher nicht monofokal, also in der alleinigen Herausgeberschaft der Büroinhaber:innen resultierend gemacht wurden. Vielstimmigkeit, Experimentieren mit dem Medium Buch, ein auf das Büro zugeschnittener Zugang zum eigenen Werk … Alles das kann helfen, eine Monografie zu einer Quelle für das eigene Denken über das Bauen zu machen.
Buchner Bründler taten das vor vielen Jahren bereits mit einem ersten Aufschlag, der offenbar so erfolgreich (folgenreich?) ist, dass die Arbeit auch antiquarisch nicht zu erhalten ist (oder sehr überteuert). Nun liegt der zweite Band vor, der nicht nur – erwartbar – die Arbeiten seit 2007 dokumentiert, sondern sperrig wie ergiebig zugleich erklärt, wie man denn überhaupt über die eigene Arbeit berichten soll; zumal, wenn sie schon Jahre alt ist und ihr Werden auf Erinnerungen fußt und auf Fotografien, die vielleicht nicht mehr gelten sollen/können, auf Zeichnungen, die man dem Archiv einmal überantwortete, auf Skizzen und vor allem: auf Gesprächen, Diskussionen, Nachdenklichkeiten.
Nun ist es nicht so, dass die Dokumentation hier zu kurz käme; im Gegenteil werden gut ein Dutzend Arbeiten ausführlich vorgestellt. Aber eben anders. Es wird die Geschichte des Ortes erzählt (die teils bis ins Mittelalter reicht), es werden in knappen Bildunterschriften Zusammenhänge erläutert, Ansichten klar gemacht, Details detailliert vorgestellt. Dazu die Originalpläne, Werkplanung, die nichts schönfärbt, die den Stand der Dinge zeigt, damals.
Dennoch, über alle Zustimmung zum höchsten baulichen Niveau hinaus sowie über alle Fragezeichen, ob dieses Niveau denn noch zeitgemäß sei, sind die einleitenden Beiträge von Tibor Joanelly, Urs Stahel und Ludovic Balland das, was der Publikation ihren eigentlichen Wert gibt. Wobei das dort so einfache wie kunstvolle Theoretisieren ohne das Werk, ohne die eigens angefertigten Fotografien und alles andere ebenfalls nichts wäre. Alles ist miteinander verwoben.
So blättert man in einem fort vor und zurück, verständigt sich, orientiert sich, versteht oder fragt und erhält – möglicherweise – eine Antwort. Diese Art der Lesearbeit in einer derart sorgfältig wie höchst präzise und zugleich buchideal (Typo, Papier, Satz, Druck) gemachten Monografie ist wohl die einzige, die es rechtfertig, wertvolle Zeit auf allen Seiten im Vor und Zurück zu verlieren; wofür haben wir sie sonst auf diesem Feld?! Be. K.