Städel mit Dachterrasse

Je 12 m hoch und 2 m breit: die ­neuen Spindeltreppen im Städel führen zur Terrasse auf dem
Museumsdach
Foto: Norbert Miguletz

Je 12 m hoch und 2 m breit: die ­neuen Spindeltreppen im Städel führen zur Terrasse auf dem
Museumsdach
Foto: Norbert Miguletz
Ist es der letzte größere Eingriff, das letzte Stück Arbeit, das Michael Schumacher und Till Schneider mit ihrem Team an „ihrem“ Städel am Frankfurter Museumsufer vornehmen durften? Seit ihrer Postgraduiertenstudienzeit an der Städel Schule – ein schlicht schöner, von ihnen schon sanierter Atelierbau dem wuchtigen Städel Museumsbau gegenüber, der zudem hinter ihrem jüngsten Umbau-/Erweiterungszeichen, dem begrünten „Bubbel“ über der Gegenwartskunst liegt –, seit dem haben sie das offensichtlich immer wieder und zwar sehr wesentlich gemacht.

Das Städel wurde also noch einmal bearbeitet von schneider+schumacher. Dieses Mal ging es nicht unter die Erde, sondern auf das Dach des Mittelrisaliten der frisch sanierten Mainuferfassade. Dorthin, zum Dach hinauf, wurden zwei stählerne, zylindrische Spindeltreppen mit jeweils 50 Stufen verlegt und Ende März für die Öffentlichkeit freigegeben. Beide Treppen sind je 12 m hoch und schaffen eine Verbindung zwischen Alt und … Neu? Eher zwischen Alt und alterslosem Himmel. Oder man denkt das „Neu“ als das Neue in der Skyline gegenüber, die einzige wirkliche Skyline in einer deutschen Stadt, die diese Bezeichnung verdient, und die der Museumsdirektor des Städel, Philipp Demandt, als „spektakulär“ bezeichnet … jedenfalls den neuen Ausblick als solchen.

Man muss sich aber fragen, ob dieser schöne Zubau – nach Direktorauffassung und nicht allein seiner – tatsächlich so etwas wie „die Krönung des Museumsbesuchs“ darstellen kann, warten doch erstens nur wenige Meter tiefer vergleichbare Ausblicke auf die Skyline, wind- und wettergeschützt, und zweitens wartet dort auch all die wunderbare Kunst, für die das Städel bekannt, ja berühmt ist in der internationalen Kunstwelt. Oder anders: Brauchen wir derartige Sensationen auf den Dächern unserer Kunsttempel? Muss sich ein Kunsthaus als Entertainer geben (der Besuch der Dachterrasse ist im – wahrscheinlich gestiegenen – Eintrittspreis inkludiert!)? Wird demnächst eine Röhrenrutsche die Alten Meister im 2. OG mit der Gegenwartskunst im UG verbinden?

Hier in Frankfurt verweist der Direktor auf die „einzigartige Verbindung des Museums mit der Stadt und seiner Bürgergesellschaft“ (nun mittels direkter Blickbeziehung?), und ja, das Haus ist fest in Freundes- also auch Spenderhand, wird wesentlich getragen von zahlreichen privaten Förderinnen, Unternehmen und Stiftungen. Und das ist auch gewiss: Es macht Spaß, die engen Röhren hinaufzusteigen, oben im Windschutzhäuschen zu Atem kommen und dann, mit Schwung die Tür geöffnet, der Schritt hinaus unter den schon genannten Himmel, an dessen unterer Kante hinter dem Main sich einigermaßen kunstvoll Betontürme hochschrauben … Skylinefeeling!

Gut 60 m² Ausstellungsfläche, also plus Stellfläche exklusiv für die Besucherinnen, die sich dem Wetter und auch der Frage stellen, wer von der Skyline aus – aus teils wesentlich spektakulärerer Perspektive – auf das Kunsthaus schaut, eine Perspektive, die vielleicht die wesentlichen Antworten liefert für das Zuhausesein; in wessen Kunstbetrieb eigentlich?! Be. K.

Projektbeteiligte Planung:

schneider+schumacher (Entwurf, Planung und Objektüberwachung), Architekt Hans Eschmann (Projektsteuerung), B+G Ingenieure Bollinger und Grohmann GmbH (Statik, Tragwerksplanung und Objektüberwachung), IBO Ingenieurbüro Dieter Bohlmann (Technische Gebäudeausrüstung), brendel Ingenieure GmbH (Elektroplanung), Hilla Wichert Brandschutz (Brandschutzkonzept)

www.schneider-schumacher.de,
www.staedelmuseum.de
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