Vorbild? Feldballe Schule, Rønde/DK

Schulbau in Skandinavien?! Alvar Aalto, organische Grundrisse, Lernlandschaften?! Themen, die in Deutschland rudimentäre Echos in den Schulbaurichtlinien sind und „Lernhäuser“ beispielsweise für pädagogisch innovativen Schulbau stehen. Dass mit dem entwerferisch konzeptionellen Arbeiten an neuen Grundrissen/Raum-
hierarchien das eigentliche Problem der Curricula nicht angegangen wird, verhindert, dass unser Schulbau nicht grundsätzlich vorankommt.

Ähnliches gilt ganz sicher für den Aspekt, mehr Nachhaltigkeit in den Architekturtypus zu bringen, dessen Nutzer:innen mit den dramatischen Auswirkungen des Klimawandels konfrontiert sein werden. Denn tatsächlich werden die neuen Konzepte meist in Neubauten umgesetzt, die einer schnellen Reaktion auf jahrzehntelange Versäumnisse nichts Substanzielles liefern können.

Nun hat das dänische Büro Henning Larsen, das wie kaum kein zweites für fortschrittlichen Schulbau steht, eine Schulerweiterung geplant und rea­lisiert, die der „Generation der Klimakrise“ (Henning Larsen) gewidmet ist. Der mit einer Nutzfläche von 250 m² überschaubar große Neubau aus Holz und Stroh versteht sich als skalierbare Lösung zur Kohlenstoffbindung und möchte, so die Architekt:innen, „der Welt eine Lektion in Sachen Öko-Innovation“ erteilen.

Die Schulerweiterung besteht fast ausschließlich aus nachwachsenden, schadstofffreien und schwer entflammbaren Materialien, so u. a. aus einem Plattensystem aus gepresstem Stroh, einem Dach ausschließlich aus Holz und einem Belüftungssystem aus Seegras. Als Teil der Öko-Gemeinschaft Friland hatte die Schule zusammen mit den Architekt:innen fünf Prinzipien ausgemacht, an denen sich der Neubau zu messen hat: Materialien verwenden, die Kohlenstoff binden; Nutzung bereits produzierter lokaler Materialien; schadstofffreie Materialien, die saubere Produktions- und Verarbeitungsverfahren sicherzustellen; geringer betrieblicher Energieverbrauch (wenig Lüftung nötig, viel Tageslicht möglich); sowie gute Details, die eine Wiederverwendung von Bauteilen in der Zukunft ermöglichen.

Die Umsetzung dieser Prinzipien führte zu einem CO2-Fußabdruck von 6 kg/pro m2/a, betrachtet über 50 Jahre – nach dänischen Standards. „Da die Feldballe-Schule als Testgelände für die Integration neuartiger Lösungen dient“, so die Architekt:innen, „sind wir dabei, dieses Modell auf ein 13 000 m² großes Projekt auszuweiten.“

Die Europäische Union hat ein Klassifizierungssys­tem für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten innerhalb ihrer Grenzen eingeführt. Dänemark hat zudem neue Bauvorschriften erlassen, um die Dekarbonisierungsbemühungen der Branche voranzutreiben. Gemäß diesen Vorschriften müssen alle Bauprojekte weniger als 12 kg CO2-Äquivalente/m2/a (in einer Zeitspanne von 50 Jahren) aufweisen, angestrebt sind 8 kg. Das Ziel berücksichtigt betriebliche Emissionen und die der Herstellung von Materialien, deren Transport und Montage. Als Referenz: Der europäische Durchschnitt liegt zwischen 500 und 1 000 kg CO2/m2/a.

Ob bei alledem auch daran gedacht ist, dass das verbaute Stroh an anderer Stelle vielleicht fehlt? In Viehställen beispielsweise, die nicht auf abwaschbare Oberflächen setzen? Es bleibt kompliziert, auch und ganz besonders beim Neubauen. Be. K.

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