Weniger die Fremde konsumieren

Venedig. Wie in kaum einer anderen Stadt der Welt überformt der Massentourismus die Stadt in all ihren Aspekten. Und macht aus ihr etwas, das die internationalen Besucherinnen eigentlich gar nicht suchen: ein Abbild. Die Veränderungen reichen von massiven infrastrukturellen Eingriffen ins Stadtgefüge bis hin zu Veränderungen im Wohn- oder Schlafzimmer der Bewohner – wenn sie nicht längst geflüchtet sind. Diese Überformung als ein Resultat des immer noch anhaltenden Ausverkaufs auf allen nur denkbaren Ebenen ist nichts anderes als die überall auf der Welt geübte Anpassung eines gebauten, sozialen Raums an eine sich verändernde Umgebung und zwar in Hochgeschwindigkeit. Was wir bisher in Jahrhunderten sich entwickeln sahen, geschieht hier – wie an vielen anderen touristischen Hotspots dieser Welt – in nur wenigen Jahren.

Wie können wir nun diese Art des expandierenden und konsumistisch orientierten Tourismus in Zeiten von umfassenden Krisen und Krisenszenarien neu denken? Und welche Rolle spielen dabei Raumplanung und Architektur? Die Ausstellung im
Az W beleuchtet zentrale Aspekte des Tourismus wie Mobilität, Städtetourismus, Wechselwirkungen mit der Landwirtschaft, Klimawandel, die Privatisierung von Naturschönheit bis zum Wandel der Beherbergungstypologien und sie geht der Frage nach, ob und wie Tourismusentwicklung geplant wird. Vor allem aber, so die Ausstellungsmacher, sucht sie nach „Transformationspotential“.

Eine Vielzahl von Initiativen ist in letzter Zeit entstanden, die einen anderen Umgang mit der Natur, der lokalen Bevölkerung, dem Klima, Städten und Dörfern oder der Mobilität pflegen. Lokale und internationale Beispiele präsentieren wegweisende Lösungsansätze. Planungskonzepte unterschiedlicher Länder laden zu einem strategischen Vergleich. Zahlreiche gelungene Beispiele machen Lust auf eine Art des Urlaubens, die nicht mehr ausschließlich dem Konsum sowie dem Wachstumsparadigma folgt. Im Zentrum bleibt die Frage: Wie können wir einen Tourismus imaginieren, der nicht mehr das zerstört, wovon er lebt? Wien liefert Antworten, hoffentlich! Be. K.

www.azw.at

Über Tourismus. Eine Ausstellung im Architekturzentrum Wien Az W – Ausstellungshalle 2, Museumsplatz 1, 1070 Wien, vom 21. März bis
9. Sep­tember 2024. Danach in der Kulturhauptstadt Salzkammergut. Katalog bei Park Books

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