AfE-Turm weg, Kreative Klasse kommt
Sprengung des AfE-Turms macht Platz für neues Stadtquartier 22.01.2018Spannung lag in der Luft, um 10 Uhr am Sonntagmorgen an der Ludwig-Erhard-Anlage in Frankfurt am Main. Ob der AfE-Turm in Frankfurt am Main tatsächlich, wie von Sprengmeister Eduard Reisch angekündigt, in die vorhergesehene Richtung fallen wird?
Mit 116 m ist der AfE-Turm das höchste Gebäude, das jemals in Europa gesprengt wurde. Doch warum musste der Turm weichen? Die ABG Holding hatte 2011 das Grundstück erworben, nachdem Pläne zu einer Zusammenlegung des Campus im Westend Frankfurts feststanden. Auf dem frei gewordenen Gelände des ehemaligen Bockenheimer Campus der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt a. M. wird ein Kulturcampus entstehen. Der Architekt David Adjaye stellte 2012 seinen Entwurf vor.
Seit diesem Sonntagmorgen ist das Gelände nun von sämtlichen Gebäuden befreit. Zwischen dem Messegelände, dem Mariott-Hotel und Wohnhäusern, erinnert nur noch ein 20 m hoher Schuttberg an den AfE-Turm. Nun wird aufgeräumt, in ein paar Monaten wird nichts mehr an das Hochhaus erinnern.
Video von Sarah Centgraf / DBZ
25 000 Menschen waren gekommen, um dabei zu zuschauen, wie ca. 1 t Sprengstoff 66 000 t Beton in die Knie zwingt. Innerhalb von 3 Sekunden detonierten die Sprengkörper nacheinander und ließen das Hochhaus kontrolliert einstürzen.
„Elfenbein“ prangte in großen Lettern an der Ostfassade des Turms. Der Schriftzug ist eine Reminiszenz an den Protest zur Reformbedürftigkeit der Universitäten in den 1960er-Jahren. Die Abteilung für Erziehungswissenschaften stand Pate für das Akronym AfE, obwohl sie nie in das Gebäude ein. Bevor der AfE-Turm 1972 fertig gestellt wurde, war die Abteilung bereits wieder geschlossen. Bis Mai 2013 beherbergte das Gebäude Büro- und Seminarräume der Fachbereiche Gesellschafts- und Erziehungswissenschaften sowie Psychologie. Danach stand er leer.
Die Sprengung des Turms hinterlässt eine Leerstelle: Die Skyline von Frankfurt hat sich verändert. Irgendwie ist es Ironie, dass der Elfenbeinturm einem Viertel weicht, wo sich die Frage stellt: Für wen wird hier gebaut? Sicherlich, die ABG Frankfurt will dort die Kreative Klasse fördern und öffentlichen Stadtraum schaffen. Ob das gelingt, ist fraglich. Kreative, Wissenschaftler, Forscher, Tänzer, Bewohner, Geschäftsleute: Sie sollen gemeinsam das neue Quartier am Messegelände zu einem öffentlichen Ort für alle machen. Die ABG Frankfurt, eine Aktiengesellschaft, deren Handeln wirtschaftliches Denken fordert, entwickelt das Gelände: „aus einer Hand“. Ein Elfenbeinturm, nur ohne Turm?! S.C.