Koste es was es wolle
Aus der Landeshauptstadt Düsseldorf sandten Richter grünes Licht gen Bundeshauptstadt Mitte: Ihr dürft mit Stella bauen! 22.01.2018Alle hatten den Richterspruch mit Spannung erwartet, niemand hätte auf seinen Inhalt gewettet. Seit gestern, nach lediglich 45 Minuten mündlicher Verhandlung sprach das Oberlandesgericht in Düsseldorf dem Architekten und Berliner Schlossrekonstrukteur Francesco Stella das Vertrauen aus, die Richter sahen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich Stella die Teilnahme an dem Wettbewerb „erschlichen“ habe. Allerdings erklärten sie den bereits bestehenden Vertrag zwischen Auftraggeber Bund und Auftragnehmer Stella für nichtig; was nichts bedeutet, hier soll lediglich auf formaler Ebene eine korrekte Fassung nachgereicht werden. Was immer das bedeutet.
Die Reaktionen auf den Richterspruch, gegen den es keine Revisionsmöglichkeiten gibt – es sei denn vor dem Jüngsten Gerichtshof – fielen unterschiedlich aus, Tenor der Schlossbefürworter war, man wolle jetzt plangemäß mit den Arbeiten beginnen. Eigentlich wäre „fortfahren“ richtiger, denn das Ministerium hatte, schon mit Blick auf die Länge einer Legislaturperiode (vier Jahre), die Vorvorarbeiten an der Planung nicht ruhen lassen.
Entgegen manigfacher Unklarheiten in der Vorprüfung der Rechtmäßigkeit der Wettbewerbsteilnahme – so zauberte der Italiener vor Tagen die für die regelrechte Bewerbung nötigen drei Mitarbeiter aus dem Büro seines Bruders ins eigene – wie auch die bis heute nicht geklärten Wirren in den ersten Monaten der Verhandlungen zwischen Ministerium und Architekten entschieden die Richter für den Wiederaufbau, und nannten die „rasche Beschaffung“ des Schlosses ein berechtigtes Ansinnen der Deutschen Bundesregierung (Textauszug aus dem Protokoll der 3. Vergabekammer des Bundeskartellamtes, Bonn, siehe unten, in Gänze in dem Beitrag auf diesen Seiten unter "Schlosskrimi“).
Rasch muss es gehen, doch es wird nicht rasch genug gehen, die Verantwortlichen werden die Schlosseröffnung in dieser Legislaturperiode nicht mehr erleben. Dass das Schloss gebaut wird, mit oder ohne Stella, mit Kollhoff oder ohne Hilmer Sattler und im Notfall auch ohne Architekten, davon ist nun auszugehen. Dass in Düsseldorf oder sonstwo der Beweis erbracht worden ist, dass die demokratische Republik Deutschland ein Schloss in ihrem Nationenherzen bräuchte, das mit unserem Geld finanziert und wie blind gegen jede Vernunft in die Höhe gepeitscht wird, dieser Beweis ist nicht erbracht. Sollte auch nicht. Armes Deutschland ... nein, es muss ja reich sein, wenn wir uns solchen Überfluss leisten können. Be. K.
Auszug aus dem Vergabe-Protokoll (Ag=Auftraggeber, der Bund; Bg=Beauftragter=Franco Stella):
"Mit interner E-Mail vom 30. März 2009 legte die Ag einen Zwischenbericht über den Verhandlungsstand mit dem Bg vor. Darin wird festgehalten, dass die Vertragsverhandlungen mit dem Bg nicht zufriedenstellend verliefen. Er wolle auf-grund seiner sehr begrenzten eigenen Bürokapazitäten zu seiner Unterstützung für die Planungsphase das Büro (...), für die Baudurchführung, Kosten- und Terminkontrolle das Büro (...) einschalten. Beide Großbüros hätten in der Vergangenheit noch kein gemeinsames Projekt durchgeführt und bereits in der aktuell laufenden frühen Projektphase seien bereits nicht unerhebliche Meinungsverschiedenheiten bekannt geworden, die Zweifel an der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des vom Bg vorgeschlagenen Planungsteams aufkommen ließen. Dem Bg sei es bislang nicht gelungen, ein homogenes Architektenteam zusammen zu stellen, das zwischen dem Bg und seinen Vertragspartnern bestehende Misstrauen sei bereits vor einem Vertragsschluss mit der Ag sehr deutlich. Es sei in Frage zu stellen, ob dieses Team aufgrund intern zu erwartender Reibungsverluste über die organisato-rischen Fähigkeiten verfüge, die für den Projekterfolg notwendigen Planungs- und Koordinierungsleistungen zu erbringen."