Schlosskrimi

Wie ein Prestigebauprojekt vor die Wand gefahren wird

Das Protokoll im Verfahren zur Vertragsaufhebung "Vertrag Bau", der am 17./18. Juni 2009 zwischen Franco Stella und dem Bund geschlossen wurde, ist mehr als nur ein mit Spannung zu lesender Krimi. Es zeigt, welche Schwächen einerseits unsere Verwaltung aufweist und andererseits auch, welche Schwächen dem Wiedergeburtenprojekt insgesamt anhaften.

Jetzt schreiben manche schon beinahe frech, dass das Schlossprojekt in Berlin-Mitte gescheitert sei. Waren bis vor wenigen Wochen noch die meisten Beteiligten (Befürworter wie Gegner Wiederaufbau) sicher, es werde werden das Schloss, bröckelt diese Zuversicht massiv. Das mag zum einen mit dem Auftritt Stellas zu tun haben, dessen Vertrag mit dem Bund durch die Entscheidung der 3. Vergabekammer des Kartellamtes aufgehoben wurde - Stella wirkte in seinem Beharren auf dem Vertragsschluss hilflos.

Hilflos wirkte auch der Auftraggeber Bund. Wer sich das diesem Text hier beiliegende Protokoll zu ersten Absprachen, Nachfragen, Vertröstungen und immer wieder neuen Subkonstrukten durchliest, kann nicht verstehen, wieso der Bund hier so lange gezögert hat, das, was er immer wieder mit "Zweifel" kommentierte, sofort zu beenden (der Wettbewerbsgewinn Stellas zog ja nicht automatisch auch eine vertraglich festgeschriebene Beauftragung nach sich). Wie heißt es in dem Protokol seitens der 3. Vergabekammer so treffend: "Die Vergabeakte besteht weitgehend aus einem Konglomerat von E-Mails und genügt weder formal noch inhaltlich den Anforderungen, die § 18 VOF an einen ordnungsgemäßen Vergabevermerk stellt." Eines macht das Protokoll aber auch klar: Es schließt die Delegierung der Ausführung des Stella-Entwurfs an die Drittplatzierten aus.

Nun wird man abwarten müssen, ob die Revisionsinstanz, das Oberlandesgericht Düsseldorf – Vergabesenat, den fristgerecht eingereichten Widerspruch des Bundes pro Innengesellschaft (Stella mit künstlerischer Oberleitung, dazu gmp und HSP) entscheiden wird.

Dass man nun auf dem Gelände des ehemaligen Schlosses dessen originale Fundamente ausgräbt, deren Zerstörung durch einen Neubau politisch unklug wäre, deren Integration vom Entwurf Stella angeblich vorgesehen, aber offensichtlich nicht mitkalkuliert wurden, tut ein Weiteres, die Wiedererstehung Schloss mehr und mehr als gescheiterte Vision anzusehen; allerdings die Vision vergangenheitssehnsüchtiger Parlamentarier mit (zeitlich) begrenztem Geschichtsbewusstsein.

Wer lesen mag, der lese also in dem beiliegenden Protokoll, das den seltenen Einblick gibt in einen Schriftwechsel verantwortlicher Beamter, die nicht nur über eine halbe Milliarde Euro entscheiden, sondern auch über das Bild unserer Hauptstadt ... zumindest bis zum nächsten Palast der (Bundes)Republik! Be. K.

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