Mein „Hafven“ ist meine (Beton)Burg
In Hannover planten die Berliner Mensing Timofticiuc Architects an einem zugigen, innerstädtischen Unort ein Haus, das offenbar nicht zu luftig sein durfte 22.01.2018Die Landeshauptstadt Hannover liegt nicht direkt am Wasser. Und dennoch hat sie seit Ende 2016 ein Gebäude, das „Hafven“ genannt wird und mit seiner Wortmarke das deutsche "Hafen" mit dem englischen "Haven" kreuzt. Die Eigentumsverhältnisses des wie eine Burg gestalteten, recht abweisend wirkenden Baus sind kompliziert, beruhen im Wesentlichen auf der Fusion der beiden in Hannover ansässigen Unternehmen „Die Werke“ und „Edelstall“. Das 7-köpfige Gründerteam besteht aus deren Gesellschaftern Jürgen Pleteit (Die Werke), Nikolai Reichelt (Edelstall, Die Werke), Christoph Zimmermann (Edelstall, Die Werke), Hardy Seiler (Edelstall), Ricardo Ferrer Rivero (Edelstall), Jonas Lindemann (Edelstall) sowie dem Geschäftsführer des Edelstalls Johannes Buchholz.
Die beauftragten Architekten sind das Berliner Architekturbüro Mensing Timofticiuc, die der Idee des digitalen Co-Workings und dem des handwerklichen Machens hier einen Ort gegeben haben, der sich in seinem heterogenen, von kleinen und mittelgroßen Gewerbeunternehmungen geprägten Umfeld zu behaupten hat.
Die großen Betonscheiben aus Ortbeton sind so gestellt, dass zwischen ihnen gebäudehohe Glasfugen Lichteinfall und Blickbeziehungen von innen nach außen definieren. Die Wandscheiben sind nach Osten hin einheitlich hoch und fallen nach Westen und zum anschließenden Bestand hin um etwa 3 m kontinuierlich ab. Auf der Nordwestseite wird die Burg über eine Rampe erschlossen, auf der gegenüberliegenden Gebäudeseite gibt es ein großes, von einem Rollgitter verschließbares Tor für die Anlieferung.
Der Bau ist zu seinem Hochpunkt am Weidendamm hin dreigeschossig, staffelt sich zum Bestand hin ab und bildet auf der Lieferantenseite eine Terrasse über den Werkstätten im Erdgeschoss. Die Fensterschlitze der hier ebenfalls abfallenden Fassade zeigen damit oberhalb des Erdgeschosses den Himmel.
Neben den Werkstätten mit Fab-Lab, Holz-, Metall- und Textilwerkstatt mit u. a. 3D Druckern und Lasercuttern gibt es im Hafven ein öffentliches Café (freies WLAN!), Besprechungsräume für Gruppen bis zu 15 Leuten, eine separate Arena für Meetups und Veranstaltungen, Werkstätten für die Weiterbildung an Werkzeugen, offene und geschlossene Bürolandschaften, also einen hier sogenannten „Coworking und Maker Space“ auf mehr als 2000 m². Wer möchte, kann einen der etwa 50 vorhandenen Büroarbeitsplätze anmieten.
Was die Stadt Hannover in Richtung Hauptbahnhof auf dem Areal der aufgegebenen Zughallen der Bundesbahn vorhat, ist noch nicht klar, klar ist aber, dass mit dem „Hafven“ genannten Bau eine Architektur realisiert wurde, die genau dieser Ungewissheit ein kraftstrotzendes Gegenüber sein will; denn wer weiß schon, was da noch kommt! Be. K.