Neue Nutzer für alte Häuser

Bericht aus der Bauforschungsförderung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)

In Ostdeutschland stehen derzeit erhebliche Teile der Gründerzeitbebauung insbesondere in sozial problematischen Stadtteilen leer und sind teil- oder unsaniert. Unter den durch Abriss und Verfall bedrohten Gebäuden finden sich eine Reihe historisch wertvoller Baudenkmäler und für die Stadtstruktur prägende Gebäude.

Die innovative Verknüpfung und Handhabung der vier Grundmodelle Verkauf - Miete - Pacht - Leihe mit vorhandenen Fördermodellen und neuen potentiellen Nutzergruppen soll es den Eigentümern von unsanierter und vom Abriss bedrohter Bausubstanz ermöglichen, flexible und zeitlich gleitende Konservierungsmodelle für den Erhalt der Gebäude zu finden. Durch die Entwicklung attraktiver Beteiligungsmodelle für verschiedene Nutzergruppen können die Eigentümer bei der Unterhaltung der Gebäude entlastet und die Bausubstanz damit erhalten werden - sie wird "durch Nutzung gepflegt". Praktisches Ziel ist die dauerhafte Nutzung von historisch wertvollen Einzelgebäuden und Stadtstrukturen unter Einbeziehung neuer Nutzergruppen.

In zahlreichen Interviews, die im Rahmen der Forschungsarbeit mit Nutzern, Eigentümern und Akteuren geführt wurden, wird gezeigt, wie bereits in der Praxis mit verschiedensten Ansätzen die temporäre Nutzung alter Häuser versucht wird und mit welchen Hemmnissen und Problemen, aber auch positiven Erfahrungen und Ergebnissen solche Projekte rechnen müssen. Unter anderem auf dieser Grundlage wurde ein Gebäudepass entwickelt, der die erste Bewertung der Bausubstanz auch für fachliche Laien ermöglichen soll und Handlungsempfehlungen für alle potentiellen Projektpartner aufgestellt: für Akteure, Nutzer und Eigentümer. Eingearbeitet in die Forschungsarbeit sind die Ergebnisse eines juristischen Gutachtens für die Grundmodelle Kauf-Miete-Pacht-Leihe. Hierfür wurden Modellverträge entwickelt, die den Umgang mit temporären Nutzungsmodellen sowohl für Eigentümer als auch für Nutzer rechtssicher machen.

Für die regional übergreifende Initiierung und Betreuung temporärer Nutzungsprojekte und die Gründung entsprechender Projekt-Agenturen stehen zum einen die Ergebnisse dieser Forschungsarbeit zur Verfügung, zum anderen gibt es eine hohe Bereitschaft der heutigen Akteure zur Netzwerkbildung. Kontakte, Links und Ansprechpartner werden im Anhang des Forschungsberichts für alle Interessierten genannt.

 

Bibliografie:
Leerstandsmanagement durch Zwischennutzung. Jana Reichenbach-Behnisch, Michael Rudolph
Hammonia-Verlag GmbH, 262 Seiten, 48 €
ISBN 978-3872923196
 
Internet: www.forschungsinitiative.de

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