Peter Raumsauer und sein sozialistisches Reste-Zentrum

Wettbewerb für das Umfeld Berliner Stadtschloss auf dem Wege

Die Krise der großen Volksparteien in Deutschland ist ja längst offenbar, und woran sie kranken auch: Austauschbarkeit. Da hatte sich vor Jahren ein SPD-Minister für die Rekonstruktion des Berliner Schlosses stark gemacht, als er von seinem Nachfolger auch schon in Begeisterung und Einsatz zumindest verbal überflügelt wurde. Der allerdings hat das Parteibuch der CSU als das seine erkoren. Volkspartei=Mehrheitswillenvollstrecker? Vielleicht hätte Wolfgang Tiefensee, SPD, seinem Nachfolger im Bundesbauministerium, Peter Ramsauer, nicht zugestimmt in dessen Einschätzung, dass das Marx-Engels-Denkmal aus dem Stadtzentrum hinaus auf den Gedenkfriedhof nach Berlin-Friedrichsfelde zu versetzen sei, und wohl gar nicht, dass der Friedhof, wie von Ramsauer schnoddrig hinzugefügt, „eine Art sozialistisches Reste-Zentrum“ sei. Vielleicht. Beide jedoch, der eine Sozialdemokrat, der andere christlich Sozialer, wünschten und wünschen sich Ruhe ums Schloss. Weniger Streit, weniger Anfeindung, weniger Diskussion um ein Bauwerk, dessen Realisierung zwar immer noch behauptet wird, dessen mögliche Kosten jedoch vor dem Hintergrund von Milliardenverlusten im Zusammenhang mit der Euro-Rettung schier nicht mehr zu erklären sind. Dem Wahlvolk.

Immerhin gibt man sich bei den Volksparteien stur optimistisch, vor wenigen Tagen schließlich hatte die Berliner Senatsbaudirektion Regula Lüscher, u. a. Mitglied im Stiftungsrat Humboldtforum, angekündigt, einen Wettbewerb zur Gestaltung des Freiraums auf dem Schlossplatz auszuloben. Was nur Sinn macht, wenn man ganz fest daran glaubt, man plane um etwas herum; in diesem Fall um ein Schloss herum. Dass die Senatorin, die es ohnehin nicht leicht hat, weil sie ständig an ihrem deutlich großspurigeren Vorgänger Hans Stimmann gemessen wird, sofort von der argwöhnenden „Gesellschaft Historisches Berlin“ angegriffen wurde, war zu erwarten. Deren Chef Gerhard Hoya jedenfalls glaubt, ein Wettbewerb sei überflüssig, das Umfeld vertrage allein Formen, die „nach historischem Vorbild“ anzufertigen seien. Senatorin Lüscher hatte nämlich zu verstehen gegeben, dass ihre Behörde eine Gestaltung bevorzuge, die aus einem zeitgenössischen Entwurf realisiert werde. Eine historisierende Rekonstruktion lehnt die Schweizerin ab. Dass man in diesem Zusammenhang von dem Schutzverein für die Historie nichts zu den Planungen der Thyssen-Repräsentanz am Schlossplatz hörte, erstaunt. Oder eben nicht.

Und dann noch das: Noch immer hat das Land Berlin seinen Grundstücksanteil nicht an die Stiftung Berliner Schloss als stellvertretende Bauherrin übertragen, die Verhandlungen hierzu stünden aber vor dem Abschluss, so der Geschäftsführer der Stiftung, Manfred Rettig. Der Bund wirft dem rot-schwarzen Senat aber immer noch mangelnde Bereitschaft zur gedeihlichen Zusammenarbeit vor, das Land verzögere die Genehmigungsplanung, zudem wolle es nun Grunderwerbsteuer auf „sein" Areal. Das Land Berlin hatte zugesagt, 32 Mio. Euro der Realisierungskosten zu tragen und einen Grundstücksanteil kostenlos zur Verfügung zu stellen. Zurzeit sind 478 Mio. Euro Anteil für den Bund an den Gesamtkosten geplant, rund 80 Mio. Euro hat der Schlossverein verbindlich zugesagt für die Rekonstruktion der Schlossfassaden. Die Grundsteinlegung ist für 2013 geplant, der wirkliche Baubeginn für 2014. Dennoch sollen, wegen eines U-Bahnbaus, erste Vorarbeiten schon in diesem Jahr auf der noch grünen Wiese starten. Ob dann noch die bereits versetzten Herren Marx und Engels den Bauarbeiten zuschauen können? Sollte sie nicht ins „sozialistische Reste-Zentrum“ entsorgt werden, schauen sie wohl zu, müssen sie wohl zuschauen, denn nach ihrer Umsetzung aus dem Zentrum des ehemaligen Forums schauen sie jetzt in Richtung Sonnenuntergang, von Ost nach West, von Damals nach Vordamals dann. Be. K.

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