Pritzker Preis 2018 an Balkrishna Doshi
08.03.2018Irgendwie kommt er dann doch immer überraschend: der Nobelpreis der Architektur, der Pritzker Preis. Warum man ihn mit dem Nobelpreis vergleicht, der seit 1901 jährlich an herausragende Wissenschaftler und auch Künstler, Politiker oder Menschenrechtler vergeben wird, ist nicht ganz klar. Immerhin gibt es andere, vielleicht noch ältere internationale Architekturauszeichnungen. Doch was dieser von der Hyatt Foundation seit 1979 verliehene Preis mehr als alle anderen vermochte ist, dass die Liste der Ausgezeichneten das Who's Who der internationalen Architekturszene abbildete. Und mit 100.000 US Dollar dotiert gehört die Auszeichnung nicht gerade zu den kleineren der ganz Großen.
Was sich tatsächlich geändert hat: Es kommen mehr und mehr die Architekten (immer noch überdurchschnittliche viele männliche Kollegen) in den Fokus einer verjüngten Jury, die auch diejenigen nicht auf dem Schirm haben, die die internationale Szene gut zu kennen glauben. Und auch schon mal Wetten abschießen auf ihre Favoriten. Nun werden diese auch in 2018 verloren haben, die den indischen Architekten Balkrishna Doshi ebenso wenig auf dem Zettel hatten, wie auch all die anderen Wettamateure, zu denen auch der Autor dieses Textes gehört.
Mit dem neunzigjährigen Balkrishna Doshi hat ein bekennender Le Corbusier Fan den Pritzker Preis 2018 gewonnen und ist damit der erste Architekt aus Indien, der diesen renommierten Preis für Baukunst erhält. In seiner Heimat ist der Architekt und Lehrer vor allem mit seinen Sozialbauten bekannt und allein darüber zu einem der einflussreichsten lebenden Architekten Indiens geworden. Zu seinen bekannteren Beispielen für seine sehr eigene Baukunst ist der Gebäudekomplex Aranya Housing Project (1989). Die Siedlung für heute rund 80.000 Bewohner in gut 6500 Wohneinheiten bietet einfache Zimmer bis hin zu geräumigen Wohnungen und ist eine klare Absage an Seggregation und Gentrifizierung.
"Meine Arbeit", so Doshi, "kommt direkt aus meinem Leben. Über die Philosophie und Utopien versuche ich immer wieder, den Schatz zu heben, der dem Geist des Gebauten insgesamt innewohnt. Ich verdanke den prestigeträchtigen Preis meinem Guru, Le Corbusier. Seine Lehren führten mich bis heute zu der Frage nach Identität und fordert mich bis heute auf, in zeitgemäßer Sprache Antworten auf die regionalen Anforderungen zu finden für eine nachhaltige, ganzheitliche Heimat." Und weiter: "Dieser Preis bestärkt meinen Glauben, dass "das Leben geglückt ist, wenn Lebensweise und Architektur verschmelzen."
Die Publikationen über Balkrishna Doshi sind rar, einige erzielen mittlerweile Sammlerpreise. Womit ein schöner Wettlauf zwischen den Verlagen beginnen könnte, einem der - mit Charles Correa - wichtigsten indischen Architekten eine ganz eigene Monografie zu widmen (mit dem wesentlich bekannteren Charles Correa hat Doshi zudem den renommierten Aga-Khan-Preis erhalten). Be. K.