Risse im Beton und Rost am stählernen Korsett

Sanierung der Spannbetonrahmenkonstruktion der Schlosswallhalle Osnabrück abgeschlossen

1859 stand der französische Gärtner Joseph Monier vor einem Dutzend zerbrochener Pflanzenkübel aus Beton. Um den Werkstoff haltbarer zu machen, versenkte er dünne Eisendrähte in den weichen Beton. Stahlbeton war geboren und Monier als Inhaber eines Patents für selbigen ein reicher Mann. Für die Architektur war Moniers Erfindung ein Gewinn. Schlanke Konstruktionen, freitragende und weit spannende Dächer, große Nutzbauten – anmutige Konstruktionen waren seither baubar. Im Brückenbau ergaben sich neue Möglichkeiten.
 
Doch sind es gerade diese Bauwerke aus den 1950er Jahren und folgenden, die Bauingenieuren heute Sorgen bereiten. Lange bevor sie ein Alter erreicht haben, in dem man mit Schäden rechnen kann, geraten sie aus den Fugen: Risse im Beton, Rost am stählernen Korsett, oftmals ist die Tragfähigkeit gefährdet. Sanierungen, Instandsetzungen, teilweise Abriss und Neubau sind die Folge.

Zu den Bauwerken, die mit einer Spannbetonkonstruktion errichtet wurden, gehört auch die aus einer großen Sporthalle, einer Turnhalle und einem Zwischentrakt bestehende Schlosswallhalle in Osnabrück. Das Dach der großen Sporthalle wurde seinerzeit als flach geneigtes Pultdach als Spannbetonrahmenkonstruktion errichtet. Die gesamte Hallenbreite wird von Spannbetonbalken mit einer Stützweite von etwa 35 m und einem Achsenabstand von etwa 6 m überspannt. Zur Entstehungszeit eine handwerkliche Herausforderung, da die vorgespannten Binder in 11 m Höhe eingeschalt wurden und nicht wie heute üblich als vorgefertigte Konstruktion montiert werden. Als im Jahr 2011 nach über 40-jähriger Nutzung und aufgrund grober Mängel gemäß heutigen Brandschutzanforderungen eine Sanierung der Veranstaltungshalle notwendig wurde, befürchtete man, dass die Spannbetonrahmenkonstruktion nicht mehr tragfähig sein würde.
 
Einen ersten Hinweis auf die Betondeckung und die damit verbundene Dauerhaftigkeit sowie den Korrosionsschutz lieferte eine Betondeckungsmessung. Die Spannbetonbinder wurden darüber hinaus auf ihre Druckfestigkeit und Karbonatisierungstiefen untersucht. Obwohl die Betondeckung nach heutigem Kenntnisstand zu gering war, wurden innerhalb der Sporthalle weder eine nennenswerte Korrosion der Bewehrung noch Betonabplatzungen durch Volumenvergrößerung korrodierter Bewehrungen festgestellt. Der Grund hierfür lag in der relativen Trockenheit. Ein Tragwerksgutachten erwies schließlich, dass die Tragfähigkeit noch vollständig gegeben war, so dass die besondere Konstruktion erhalten bleiben und saniert werden konnte.
 
Aus brandschutztechnischen Gründen wurde zunächst die Dachhaut, bestehend aus verdichteten Strohplatten und 1,5 cm starker Dachbahneindeckung, zurückgebaut. Schadstoffhaltige Bauteile wurden entfernt und die Sporthalle schließlich bis auf das Tragwerk vollständig zurückgebaut. Auf Basis einer Untersuchung der Oberflächen aller Binder wurde ein umfangreiches Sanierungskonzept erstellt. So wurde zunächst der schadhafte Beton abgetragen und die Oberflächen vorbereitet. Freiliegende Bewehrungen wurden anschließend mit einem Hochdruckwasserstrahlverfahren gestrahlt, wobei im Bereich der Spanngliedverankerung bzw. im Stützkopfbereich mit besonders geringem Druck gearbeitet, die Binder teilweise sogar händisch bearbeitet werden mussten. Auf die Bewehrungen wurde ein Korrosionsschutzsystem aufgetragen und die vorhandenen Risse wurden in den schlaff bewehrten Betonbauteilen kraftschlüssig verpresst. Weiterhin wurden Kiesnester, teilweise mit einer Größe von 1,5 m entfernt, und Hohlstellen mit einem Instandsetzungsmörtel reprofiliert. Um beim Einbringen des neuen Betons in die Binder Spannungen und damit erneute Schädigungen zu vermeiden, entschied man sich für einen schwindenden Mörtel. Ein nicht rissüberbrückendes Oberflächenschutzsystem wurde abschließend auf die gesamte Fläche der Binder und Stützen aufgetragen, so dass möglicherweise entstehende Risse in der Zukunft schnell erkannt werden.
 
Da die Sporthalle mittlerweile eine Nutzungsdauer von 50 Jahren überschritten hat und vom Bundesministerium für Gebäude mit großer Spannweite eine regelmäßige Überprüfung empfohlen wird, soll die Rahmenkonstruktion seit der Sanierung turnusmäßig überprüft werden. Einer der Gründe, warum man sich entschied, keine neuen Decken einzuziehen und die Spannbetonrahmenkonstruktion sichtbar zu lassen. Darüber hinaus sollte das vor der Sanierung nachgewiesene Gewicht der Decke nicht überschritten werden. Zu guter Letzt galt es aber auch, diese seltene Konstruktion aus ästhetischen Gesichtspunkten zu bewahren. Neben der Sanierung der Spannbetonrahmenkonstruktion wurde in der großen Sporthalle auch die Tribüne umgebaut und die Wegeführung optimiert, Außenwände und Fassaden erneuert, Fluchttreppen ergänzt und die technischen Anlagen modernisiert.

Fakten
Baujahr 1960er Jahre Fertigstellung Sanierung 03 / 2014 Gesamtbausumme 7, 4 Mio. € ( brutto) Flächen und Rauminhalte HNF 3.000 m² /  BGF 4.800 m² / BRI 29.500 m³
Bauherr Stadt Osnabrück Leistungen pbr AG Architektur Tragwerksplanung in Arge mit Ingenieurbüro Gehlen

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