Schauspiel gerettet?
Wie die Bürger der Stadt Köln zu ihrem Erbe stehen; und warum das nicht ausreicht 22.01.2018Manchmal verhindern Fledermäuse oder Marschvögel ein Bauprojekt, manchmal auch die Bürger einer Stadt. Zuletzt schafften diese das mit ihrem Bürgerbegehren "Rettet das Schauspielhaus" im Rahmen der Initiative „Mut zur Kultur" in Köln. Das sammelte in Windeseile 23.288 gültige Unterschriften gegen den geplanten Abriss des 1962 eröffneten Kölner Schauspielhauses (Arch.: Wilhelm Riphahn), womit das erforderliche Quorum für das Bürgerbegehren erfüllt war.
Daraufhin entschied sich die Kölner Stadtratsfraktion der Grünen nur wenige Stunden vor einer Sondersitzung des Rates, in welcher abschließend über Sanierung oder Abriss beraten werden sollte, sich dem Bürgerbegehren anzuschließen. Damit waren nur noch die FDP und die SPD für den Abriss, CDU, Grüne, Die Linke, Pro Köln [wird seit 2004 unter dem Verdacht einer rechtsextremistischen Bestrebung im Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen aufgeführt und beobachtet; Be. K.] sowie „Freie Wähler Köln" und "Deine Freunde" dagegen beziehungsweise enthielten sich. Damit ist der Abriss des noch immer unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes zunächst verhindert. „Zunächst“, denn wer sich die Diskussionen der letzten sieben (7) Jahre anschaut, hat einen mehrfachen Wandel im Stimmungs- und Meinungsspektrum aller Verantwortlicher ausmachen können. Kölner Zustände?
Was geschieht aber nun mit dem Wettbewerb, den nach Auslobung Ende 2007 und Entscheid im Juni 2008 das Atelier d’architecture Chaix & Morel + Associés, Paris, mit JSWD – Architekten + Planer, Köln, für sich entscheiden konnten? Denn wie auch immer die Antihaltung in der Kölner Bevölkerung zustande kam, die Theaterleute zumindest hatten die Neubaupläne begrüßt, leiden doch gerade sie unter den unzulänglichen Raumverhältnissen am Schauspiel, dessen ursprüngliche Nutzung vom Architekten im Zusammenhang mit der Oper geplant worden war. Eine gemeinschaftliche Raumnutzung, die heute allerdings nur noch theoretisch gegeben ist und so theoretisch von Peter Zumthor 2006 im Rahmen der Aktion „Liebe deine Stadt“ wie folgt kommentiert wurde: „Ich habe das Gefühl, dass hier die Komposition die Architektur in ihrer Gesamtheit durchdringt.“
Die Stadt Köln muss jetzt eine Machbarkeitsstudie zur Sanierung des Schauspiels veranlassen. An deren Ende soll eine moderne, zukunftstaugliche Spielstätte stehen. Oberbürgermeister Jürgen Roters will nun einen "runden Tisch" einrichten. Neben der Stadtverwaltung sollen hier unter anderem die Intendanten von Oper und Schauspiel, die Bürgerinitiative zum Erhalt des Schauspielhauses, der Personalrat der Bühnen sowie andere relevante Gruppen beteiligt werden. Für die Erarbeitung der Machbarkeitsstudie stellt die Verwaltung 1,3 Millionen Euro zur Verfügung.
Der Neubau und die Sanierung der Oper hätte die Stadt rund 300 Millionen Euro gekostet. Das ist viel Geld in Zeiten, in welchen Museen, Theater und die Oper rund 13 Millionen Euro (in 2010) einzusparen haben. Viel Geld, wenn man auf die Zustände in der freien wie doch zugleich überaus etablierten Theaterszene in der Domstadt schaut, Stichwort ist hier beispielsweise das „Theater der Keller“ in der Kölner Südstadt. Eine denkmalgerechte Sanierung und Modernisierung des Riphahn-Schauspiels wird kaum günstiger als ein Neubau, allerdings könnte das dann irgendwann reanimierte Gebäude noch immer ein wichtiger Baustein in der Stadtgeschichte sein, welchen die Stadtoberen zu leichtherzig bereit waren, über Bord zu werfen.
Und nicht zuletzt muss man davon ausgehen, dass ab sofort die riesige Unterstützergruppe des alten Schauspiels den in den letzten Jahren zu groß gewordenen Zuschauersaal bis zum letzten Rang komplett füllt; dann erst kann man von einem Happy end sprechen. Be. K.
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