Bauhaus Archiv Berlin

Staab Architekten gewinnen Architekturwettbewerb

Am 22. Oktober 2015 entschied die Jury für einen "fast zarten", gläsernen Turm

Die Diskussion war ausführlich, das Votum einstimmig: Der im Juni 2015 von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt ausgelobte nichtoffene Wettbewerb „Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung, Berlin“ wurde nach zweitägiger Sitzung des Preisgerichts am 21. und 22. Oktober 2015 zugunsten des Entwurfs des Berliner Architekten Volker Staab mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Und zur Realisierung empfohlen.

Damit schließt sich beinahe der Reigen der drei Architekturwettbewerbe, die im Zusammenhang mit dem Jubiläum Bauhaus 100 in der jüngsten Vergangenheite in Weimar, Dessau und Berlin ausgelobt wurde. An allen drei Bauhausstandorten mit ihren jeweils aus der Geschichte erwachsenen Berechtigungen und Ansprüchen sollten bis zum Feierjahr 2019 jeweils drei Museen gebaut werden. Sollten, denn der gerade eben ausgewählte Staab-Entwurf für ein Museum für Gestaltung, eine Erweiterung direkt neben dem Bauhaus-Archiv, soll nun erst 2021 fertig werden dürfen. Ob das Bauhaus-Museum Weimar, Ersatz für das Provisorium am Gauforum von Heike Hanada mit Benedikt Tonon, oder das Bauhaus-Museum Dessau-Roßlau von zur Zeit noch Gonzalez Hinz Zabala, Barcelona und Young & Ayata, New York (hier gibt es noch keine abschließendeEntscheidung) pünktlich 2019 fertig werden, ist offen.

Doch zurück nach Berlin. Hier sollte der aktuell entschiedene Wettbewerb die Aufgabenteilung des Bauhaus- Archiv / Museum für Gestaltung, Berlin durch einen Ergänzungsbau unterstützen. Während das Bestandsgebäude für das Archiv vorgesehen ist, wird der Erweiterungsbau mit einer Bruttogrundfläche von ca. 6.700 m² dem Museum für Gestaltung dienen.

Das denkmalgeschützte Bestandsgebäude soll „unter Wahrung der architektonischen Qualität, des prägenden Erscheinungsbilds und der denkmalwerten Substanz“ (Bauhaus Archiv) behutsam saniert und energetisch ertüchtigt werden. Die Funktionsanpassungen sollen, so der Bauherr, „mit Rücksicht auf den hohen architekturgeschichtlichen Wert des Gebäudes geplant“ werden. Der Bau stammt von Walter Gropius.

Insgesamt wurden 50 Architekturbüros zur Teilnahme aufgefordert. Hiervon waren 15 Teilnehmer gesetzt und weitere 35 Teilnehmer wurden in einem vorgeschalteten EU-weiten Bewerbungsverfahren ausgelost. 41 Büros haben einen Entwurf eingereicht. Die Preissumme beträgt 190.000 € (netto).

Der Juryentscheid sieht wie folgt aus:

1. Preis - Arbeit 1114: Staab Architekten GmbH, Berlin

2. Preis - Arbeit 1115: Bruno Fioretti Marquez Architekten, Berlin

3. Preis - Arbeit 1113: ARGE sinning architekten, stinner architekten GmbH, Darmstadt

4. Preis - Arbeit 1102: dasch zürn architekten, Stuttgart

5. Preis - Arbeit 1101: EM2N Architekten, Zürich

 

Anerkennung - Arbeit 1104: F29 Architekten GmbH, Dresden

Anerkennung - Arbeit 1131: AFF architekten, Berlin

Anerkennung - Arbeit 1136: Konermann Siegmund Architekten, Hamburg

Anerkennung - Arbeit 1140: PPAG architects ztgmbh, Wien

Aus der Beurteilung des Preisgerichts zum Siegerentwurf:

"Ein filigraner, fast zarter gläserner 5-geschossiger Turm mittig auf einer Plattform und ein eingeschossiger Riegel entlang der Von-der-Heydt-Straße sind die einzigen wahrnehmbaren Elemente der Erweiterung des Bauhaus-Archivs. Alle Ausstellungsflächen werden auf einer Ebene unter der als Plateau mit eingeschnittenem Hof vollständig neu gestalteten Freiflächen angeordnet.

Die mit der Brückenrampe beginnende „promenade architecturale“ behält ihre Wirkung als freigestelltes, kompositorisches Element im erweiterten Ensemble und tritt darüber hinaus in Dialog mit dem neuen Zugangsturm. Hierbei erhält der Freiraum eine neue Prägung.

Das erklärte Ziel des Entwurfs, den Bestand zu stärken und gleichzeitig einen wahrnehmbaren, zeichenhaften Eingang für die abgesenkten Ausstellungsflächen zu schaffen, gelingt über diese klare und durchdachte Intervention. Gleichzeitig wird eine eindeutige Antwort auf die schwierige Adressbildung und Orientierung des Grundstücks gegeben.

Der Anspruch, ein einziges, als Gesamtfigur erleb- und bespielbares neues Ensemble für das Berliner Bauhausarchiv zu schaffen findet in diesem Entwurf eine überzeugende Übersetzung."

Statements:

Dr. Annemarie Jaeggi, Direktorin des Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung, Berlin: „Nach vielen Jahren der Bemühungen sind wir endlich am Ziel: Aus Anlass des 100. Gründungsjubiläums des Bauhauses erhält das Bauhaus-Archiv einen Erweiterungsbau. Mit Volker Staab gewinnen wir einen der versiertesten Architekten im Bereich des Museumsbaus. Sein intelligenter Entwurf bietet uns eine Bandbreite an Möglichkeiten, sowohl museal als auch kommunikativ, in den Stadtraum und in die Gesellschaft zu wirken. Das gesamte Team des Bauhaus-Archivs freut sich auf die zukünftige Zusammenarbeit mit ihm.“

Kulturstaatsministerin Monika Grütters: "Ich freue mich, dass Volker Staab, der sich in der Museumsarchitektur, wie z.B. Bayreuth und Münster, einen Namen gemacht hat, jetzt auch in Berlin einen überzeugenden Entwurf vorgelegt hat. Das Bauhaus-Archiv erhält ein aufregendes, einladendes, experimentelles Gebäude, das den Ansprüchen eines Museums im 21. Jahrhundert genügt. Es lässt viel Raum für Kreativität - ein würdiger Raum für die wichtigste Bauhaussammlung weltweit."

Senatsbaudirektorin Regula Lüscher: „Volker Staab schenkt uns einen Entwurf, der Furore machen wird. Er besticht durch seine Bescheidenheit und vervollständigt das landschaftlich angelegte Ensemble der Villa von der Heydt und dem Bau von Walter Gropius. Es wird eine offene flexible Museumslandschaft entstehen, die das Experimentelle der Bauhausidee weiter führt, einlädt sich zu treffen, auszutauschen und dabei die vielen Aspekte der Bauhausidee neu zu entdecken. Es entsteht eine nachts leuchtende Laterne als Signet auf dem neu entstehenden Platz, der einen Blick auf den Landwehrkanal frei gibt. Der tiefer gelegene Hof wird das Herz der Anlage sein und das Bestandsgebäude tritt so mit dem Neubau in einen Dialog.“

Tim Renner, Staatssekretär für Kulturelle Angelegenheiten:„Mit dem siegreichen Wettbewerbsentwurf wurde eine weitere wichtige Etappe bei der gemeinsam von Bund und Berlin auf den Weg gebrachten Sanierung und Erweiterung des Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung absolviert. Ich freue mich sehr, dass wir eine zukunftsweisende und angemessene Erweiterung für das Bauhaus-Archiv erhalten. Es entsteht ein einladendes, aufregendes Gebäude, das den Ansprüchen eines Museums im 21. Jahrhundert genügt und viel Raum für Interaktionen Kreativität und die weltweit größte Bauhaussammlung bietet.“

Geschichte Bauhaus-Archiv Berlin

Nach der Schließung des Bauhauses im Jahr 1933 hatte sich dessen materielles Erbe in alle Welt verstreut. So gründete der deutsche Kunsthistoriker Hans Maria Wingler 1960 das Bauhaus-Archiv mit dem Ziel, eine Sammlung zum Thema Bauhaus aufzubauen. Unterstützt wurde er von Walter Gropius und anderen ehemaligen Bauhaus-Angehörigen. Der Name „Bauhaus-Archiv“ war Programm, denn eine Musealisierung, verstanden als Aufbewahrung von etwas Abgeschlossenem, war zunächst nicht das Ziel. Vielmehr sollte die Sammlung als Ideenreservoir für etwas Fortwirkendes dienen.

1961 erhielt das Bauhaus-Archiv im Ernst-Ludwig-Haus auf der Darmstädter Mathildenhöhe sein erstes Domizil. Das Haus veranstaltete schon damals zahlreiche, von Katalogen begleitete Ausstellungen. Im Jahr 1968 trug es maßgeblich zur international stark beachteten Ausstellung 50 Jahre Bauhaus bei. Die Sammlung war inzwischen so stark angewachsen, dass man ein eigenes Museumsgebäude plante. Der Bauhaus-Gründer Walter Gropius lieferte die Entwürfe dafür. Doch nicht Darmstadt, sondern das Land Berlin fand sich schließlich bereit, die Institution zu übernehmen und ein passendes Grundstück sowie finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen.

In Berlin bezog das Bauhaus-Archiv zunächst 1971 in der Charlottenburger Schlossstraße sein Quartier. 1976 wurde der Grundstein für das eigene Museumsgebäude gelegt. Zahlreiche ehemalige Bauhaus-Angehörige aus aller Welt nahmen an diesem Festakt teil. 1979 erfolgte der Einzug. Das Bauhaus-Archiv, nun umbenannt in Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung, hatte von da an deutlich bessere Ausstellungs- und Wirkungsmöglichkeiten. Neben einer ständigen Ausstellung präsentierte es umfassende Sonderausstellungen zu bedeutenden Künstlern – wie Wassily Kandinsky, Paul Klee, Johannes Itten, Georg Muche oder Herbert Bayer – und zu den Architekten Walter Gropius, Marcel Breuer, Hannes Meyer, Ludwig Mies van der Rohe, die am Bauhaus unterrichteten. Auch spezifische Bauhaus-Werkbereiche – wie Keramik, Metall, Fotografie oder Reklame – wurden nun eingehender erforscht und vorgestellt.

Inzwischen gehört das Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung zu den international beachteten Museen. Dazu trugen nicht nur zahlreiche Gastausstellungen bei, sondern insbesondere auch jene, die das Bauhaus-Archiv Berlin unter seinem Dach zeigte. Neben den historischen Themen aus dem Umkreis des Bauhauses widmet sich das Bauhaus-Archiv Berlin zunehmend auch aktuellen Fragestellungen zur zeitgenössischen Architektur und zum Design. (Quelle: Bauhaus-Archiv, Berlin)

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