William und Kate

Blicke auf die Architektur einer Hochzeit ... oder so ähnlich

Eigentlich war es ja nur eine Hochzeit. Sicher, die wurde farbig im TV übertragen, auch im Internet gab es eine Reihe Live-Streams, die allerdings nicht immer die schönsten Bilder zeigten, dem Verbindungsaufbau (High Speed) sei Dank. Und ja, es schauten sich dieses Fest mehr Menschen an, als zum Beispiel die Hochzeit, auf welcher meine Frau mir ihr Ja-Wort gab … die wurde aber auch nicht im Fernsehen übertragen.

Manche Medien, allen vorne weg die seriöse Presse, weigern sich nun ganz kokett, über DAS Medienereignis, zumindest das am 29. April 2011, im Nachhinein noch zu berichten, und wir werden das auch nicht tun. Also nichts von den Geheimnissen berichten, die professionelle Lippenleser aus dem Fernsehbildern uns Analphabeten übersetzten. Nichts von den Schwierigkeiten beim Ringeüberstreifen, nichts von der gigantischen Brautkleidschleppe, nichts von Elton John, der in der Kathedrale gesichtet wurde, nichts von der Queen, die not amused gewesen sein soll, als sie das Brautpaar in die größte der verfügbaren königlichen Kaleschen hat einsteigen sehen (eine kleine hätte es auch getan, soll sie gemurmelt haben … sagen die Lippenleser, aber wahrscheinlich hat es sie nur geärgert, dass in dieser Kutsche vor einer Ewigkeit Lady D. vom Brautaltar in den Palast fuhr … die Folgen sind bekannt).

Wir schreiben auch nichts von der sichtbaren Aufgeregtheit desjenigen Prinzen, der später nicht König wird, nichts von der Menschenmenge entlang der Jubelstraße, die – der Pferde wegen? – mit Sand abgestreut schienen, nichts vom ewigen Prinzen Charles, der angesichts des QEIICC Queen Elizabeth II Conferenz Center, einem wunderbar hässlichen Gebäude der Siebziger direkt am Trauungsort seine Magengeschwüre gespürt haben wird, auch nichts über die Speisenfolge am intimen Fest am Abend, an welchem 300 geladene sowie noch einmal soviel nicht geladene Gäste auf das spezielle Wohl der Frischvermählten wohl anstießen – ich war nicht eingeladen, Elton John schon -, auch nichts darüber, welche Gründe dazu geführt haben, dass die Flittertage nun um Wochen verschoben wurden und nicht wie geplant … davon nichts.

Was bleibt dann übrig? Die Stadt London vielleicht, die als Kulisse für die Märchenhochzeit hat herhalten müssen, gelassen tat sie das, selbstbewusst mit ihrem architektonischen Mix aus gläsernen Gurken, backsteinernen Kunstgeneratoren und einem Kirchenbau aus dem 15. Jahrhundert, der die Bombardements in den Vierzigern glimpflich und glücklicher überstanden hat, als ein Schloss im damals verfeindeten Berlin. Hier – nicht in Berlin –, in den Mauern aus französischem Stein ging während der Trauung eine Kamera in die lichte Höhe der Vierung und ließ uns tief, ganz tief hinab schauen. Klein wirkten mit einmal mal die Protagonisten (die Royale Familie), allein das Weiß der gigantischen Brautkleidschleppe markiert hier die Position der Herzogin/Prinzen/Königin (Queen)/Herzogs/Prinzen Ch./etc. Mit der schieren Dimensionslosigkeit der gotischen Architektur schauten wir hinunter auf das menschlich Allzumenschliche. Und denen, die kaum Hornhaut auf der Seele haben wurde mit einmal mal bewusst, dass die die Geschichte atmende Architektur unserer Städte nur dann authentisch ist, wenn in ihr Hochzeiten, Todesfälle oder andere Dinge verhandelt werden, die von dieser Welt sind; und seien sie noch so klein und noch so sehr kostümiert. Be. K.

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