Potsdam geht wichtigen Schritt

Statt Wiederaufbau des Kirchenschiffs der ehemaligen Garnisonkirche soll ein Haus der Demokratie gebaut werden und das benachbarte Rechenzentrum erhalten bleiben

Wir schreiben das einmal auf unsere Fahnen: Das ewige Kritisieren hat Wirkung gezeigt, die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Potsdam hat sich gegen die komplette Wiederherstellung der Garnisonkirche ausgesprochen und damit auch für den Erhalt und die Weiternutzung des von Abriss bereits bedrohnten Bestandsgebäudes Rechenzentrum. Eine Entscheidung, die angesichts des Drucks einflussreicher Potsdamer, als mutig zu bezeichnen ist und hoffentlich eine Kehrtwende markiert in der Rückverwandlungsseligkeit, die die letzten Jahre die Stadtentwicklung dominierte.

In einer Pressemitteilung des im ehemaligen Rechenzentrum untergebrachten "Lernort Garnisonkirche im Kunst- und Kreativhaus Rechenzentrum" lesen wir: "Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Potsdam hat in ihrer letzten Sitzung am  Mittwoch (26. Januar) eine Änderung der bisherigen Planung für den Bereich der Plantage/ehemalige Garnisonkirche beschlossen. Während der Nachbau des Kirchturms der ehemaligen Garnisonkirche bis nächstes Jahr fertiggestellt wird, verzichtet man auf einen Wiederaufbau des Kirchenschiffs. Das Grundstück hierfür soll wieder in städtische Verantwortung fallen, um an dieser Stelle ein Haus der Demokratie zu errichten. Das Rechenzentrum soll als Gebäude wie auch als Cluster einer selbstverwalteten soziokulturellen Nutzung weitestgehend erhalten bleiben. Die drei heterogenen Bausteine bilden dann gemeinsam ein öffentliches Forum, das der Diversität der Positionen zu diesem seit drei Jahrzehnten heftig umstrittenen und umkämpften Ort Rechnung trägt.

Dieser Kompromiss ging ein bald einjähriger Dialog zwischen Stadt Potsdam, Stiftung Garnisonkirche und Nutzenden des Kunst- und Kreativhaus Rechenzentrum voraus. Dieser wurde im Sommer 2021 von der HPI School of Design Thinking Potsdam mitgestaltet. Während Stiftung und NutzerInnen des Rechenzentrums den Beschluss begrüßen, kritisierten die Vertreter der Potsdamer Initiative Mitteschön! und gewichtige Teile der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche Potsdam diesen scharf und sprachen von einer zweiten Sprengung der Garnisonkirche und undemokratischen DDR-Verhältnissen. Umgekehrt wurde der Beschluss auch von linksorientierten Initiativen und Parteien kritisiert, welche in ihm zu große Zugeständnisse an die Stiftung Garnisonkirche sahen.

Der Beschluss sieht vor, in einem nächsten Arbeitsschritt das Nutzungskonzept, das Raumprogramm und deren räumlich-bauliche Möglichkeiten zu konkretisieren, wofür u.a. mehrere Arbeitsgruppen gebildet und eine Machbarkeitsstudie beauftragt werden sollen. Erste architektonische-städtebauliche Ideen hierzu werden demnächst im Kunst- und Kreativhaus Rechenzentrum präsentiert. Die TU Berlin (Natural Building Lab) wird dort in einer Ausstellung ab Mitte Februar Entwürfe für die bauliche Weiterentwicklung des Kunst- und Kreativhauses Rechenzentrum vorstellen. Ab Anfang April wird dann die Universität Kassel (FG Architekturtheorie und Entwerfen) Entwürfe für das neue Haus der Demokratie für den Bereich des ehemaligen Kirchenschiffs im Kosmos im Rechenzentrum ausstellen."

So, und wohl nur alleine in dieser Weise kann ein spannender Ort bürgerlichen Diskurses über Stadt und Vergangenheit, über Chancen und Zukunftsrelevanz entstehen. Wie die drei Architekturen als Spieler ins Team eingebunden werden, muss die Zukunft zeigen, die Potsdamer jedenfalls sind mit dieser Entscheidung wieder zurückgekehrt an den Tisch zeitgenössischer Stadtplanung! Be. K.

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