„Im Gleichschritt: Der Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin im Nationalsozialismus“

Eine Ausstellung im Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin, noch bis zum 22. Februar 2024

Vielleicht sind die Zeiten gerade nicht danach, in der Vergangenheit zu graben und die dunklen Kapitel der Vereins- oder Firmengeschichte aufzublättern. Endlich, könnte man denken, sind die Jahre des Mittäter- oder wenigstens Mitläufertums doch nun Jahrzehnte passe und viele renommierte Institute aber auch die private Wirtschaft hat hier teils tief graben lassen, man könnte sagen: ohne Rücksicht auf (Gesichts)Verluste. Andererseits ist die Zeit genau immer richtig, vielleicht sogar in Zeiten, in denen immer lauter gefordert wird, doch endlich die Bücher zu schließen und Ruhe zu geben. Der Architekten- und Ingenieurverein zu Berlin-Brandenburg (AIV) und vier weitere baukulturelle Verbände (ARL, BDA, DASL und werkbund berlin) haben das nicht getan, sie haben die Auseinandersetzung mit der eigenen NS-Vergangenheit gesucht und die Ergebnisse nun vorgestellt. In einer Ausstellung und einer Publikation, die hier als PDF-Version anhängt.

Der Architekten- und Ingenieurverein zu Berlin-Brandenburg (AIV) hat eine lange und weitgehend gut dokumentierte Geschichte. Bis heute blieb jedoch die Tätigkeit des Vereins in der Zeit des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 und zur Wiederzulassung 1950 im Dunklen.

Aus dem Katalog, S. 24
Abb.: Geymüller Verlag

Aus dem Katalog, S. 24
Abb.: Geymüller Verlag

Deshalb hat der AIV-Vorstand beschlossen, gemeinsam mit dem Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin, das seit 1953 die Sammlungen des AIV bewahrt, diesen blinden Fleck seiner Geschichte in einem Forschungsprojekt und einer Ausstellung aufzuklären.

Finanziell gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt widmete sich ein Wissenschaftlerinnenteam der Herausforderung eines erinnerungspolitschen Projektes, zu dem der Verein für die Zeit vor 1945 über fast keine Unterlagen verfügt.

Noch bis bis 22. Februar 2024 werden in der Ausstellung* „Im Gleichschritt“ im Architekturmuseum der TU Berlin die Ergebnisse gezeigt.

„Im Gleichschritt: Der Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin im Nationalsozialismus“ Katalog bei Geymüller
Abb.: Geymüller Verlag

„Im Gleichschritt: Der Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin im Nationalsozialismus“ Katalog bei Geymüller
Abb.: Geymüller Verlag

Seit seiner Gründung 1824 enthielt sich der Architektenverein zu Berlin (von 1924 bis 1950 „Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin“) bis 1933 politischer Parteinahme. Mit der Machtübertragung an die Nationalsozialisten änderte sich dies: Die erste Vorstandswahl nach 1933 führte mit Konrad Nonn einen NSDAP-Funktionär an die Spitze. Der Verein schaltete sich in der Folge selbst gleich und kündigte 83 Mitgliedern, die nach 1933 als Juden verfolgt wurden, die Mitgliedschaft. Der AIV wurde 1938 als „Gaufachgruppe Berlin der Fachgruppe Bauwesen im NS-Bund Deutscher Technik“ der NSDAP eingegliedert. Viele Vereinsmitglieder beteiligten sich an der verbrecherischen Baupolitik und der mörderischen Baupraxis im Zweiten Weltkrieg.

Im Rahmen der Ausstellung stellen vier weitere baukulturelle Verbände (ARL, BDA, DASL und werkbund berlin) ihre Auseinandersetzung mit der eigenen NS-Vergangenheit vor.

Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin in der Universitätsbibliothek
Straße des 17. Juni 152

10623 Berlin

Öffnungszeiten: Mo–Do, 12–16 Uhr

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