Lucien Hervé: Gebautes Licht

Ausstellung im Pavillon Le Corbusier in Zürich

Von Anfang Mai bis Ende November zeigt der Pavillon Le Corbusier in Zürich Fotografien von Lucien Hervé. Die Arbeiten legen ihren Fokus auf das Werk des Architekten Le Corbusier in den Jahren 1949 bis 1965 und stellen es in einen Dialog mit den Bauten anderer Architekten, wie das Museum für Gestaltung Zürich mitteilt.

Le Havre, Frankreich, Architekt: Auguste Perret (1956)
Foto: Lucien Hervé

Le Havre, Frankreich, Architekt: Auguste Perret (1956)
Foto: Lucien Hervé

Für Le Corbusier war das Bild seines Werks von großer Bedeutung. Die Fotografie sei dabei im Mittelpunkt seines Interesses gestanden. Lucien Hervé habe den Architekten Ende 1949 zum ersten Mal getroffen. Le Corbusier, dem die minimalistische Sprache des Fotografen eine neue Dimension für die Verbreitung seiner Architektur eröffnete, hat ihm laut Museum damals gesagt: "Sie haben die Seele eines Architekten". Die beiden hatten gemeinsame Inspirationsquellen: die Volksarchitektur, die Antike und die Natur. Die humanistischen Werte Le Corbusiers habe Hervé motiviert, den Weg der Architekturfotografie einzuschlagen. Aber auch andere Architekten seiner Zeit engagierten Hervé, wegen seiner strengen Kompositionen, die in der modernistischen Vision des Bauhauses verankert waren und seiner Fähigkeit, die Bauwerke in ihren Details zu erfassen.

Universität St. Gallen, Schweiz, Architekt: Walter M. Förderer (1964)
Foto: Lucien Hervé

Universität St. Gallen, Schweiz, Architekt: Walter M. Förderer (1964)
Foto: Lucien Hervé

Dialog der Bauten

Die Ausstellung Gebautes Licht zeigt sowohl bekannte als auch bisher unveröffentlichte Fotografien aus dem Werk von Lucien Hervé. Auf diese Weise stelle sie einen Dialog zwischen den Fotografien der Bauten von Le Corbusier und denen anderer Architekten her. Die Gegenüberstellung von Architekturen aus unterschiedlichen Epochen oder Kulturen sei für Lucien Hervé eine typische Methode. Die ausgestellten Fotografien werden von Zitaten Le Corbusiers aus dem Buch von „Lucien Hervé: Le Corbusier. Der Künstler und der Schriftsteller“ begleitet. Ergänzt werden sie durch Originaldokumente, wie etwa Briefe zwischen Le Corbusier und Lucien Hervé, von dokumentarischen Fotografien sowie Publikationen.

Lucien Hervé, Unité d’habitation, Marseille, Frankreich (Architekt: Le Corbusier), 1949
Foto: J. Paul Getty Trust, Los Angeles / Fondation Le Corbusier, Paris

Lucien Hervé, Unité d’habitation, Marseille, Frankreich (Architekt: Le Corbusier), 1949
Foto: J. Paul Getty Trust, Los Angeles / Fondation Le Corbusier, Paris

Eine Reise durch die Epochen

Im Erdgeschoss des Pavillons können Besucher und Besucherinnen sehr persönliche Fotografien entdecken, sie zeigen Le Corbusier bei der Arbeit oder auch in Roquebrune-Cap-Martin (FR) am Strand. Im Obergeschoss trifft man auf den Eiffelturm, der für den Fotografen am Anfang seiner Reise eine wichtige Inspirationsquelle gewesen sei. Es folgen die Bauten von Architekten wie Ludwig Mies van der Rohe, W. M. Förderer, Jean Prouvé, Oscar Niemeyer, Jean Nouvel uvm., die ihm eine neue Ästhetik von Materialien wie Metall und Stahlbeton nahegebracht hatten. Im Untergeschoss schließlich laden drei Bilderserien zu einer Reise durch verschiedene Epochen ein. Lucien Hervé baute seine Bilder wie ein Maler auf: Er nutzte Kontraste und Volumen und verstärkte dadurch die Geometrie der Strukturen. Das Talent des Fotografen ermöglicht es, den Architekturen über ihre Räume zu begegnen, indem er ihre Rhythmen oder ihre Interaktion über das Licht hervorhebt. Auf diese Weise schafft er plastische Kompositionen, die manchmal bis in die Abstraktion gehen.

Der Eiffelturm war eine wichtige Inspirationsquelle (Paris, 1947)
Foto: Lucien Hervé

Der Eiffelturm war eine wichtige Inspirationsquelle (Paris, 1947)
Foto: Lucien Hervé

Lucien Hervé in Le Corbusiers gebautem Werk

Eine Auswahl an Fotografien von Lucien Hervé war bereits in anderen Bauten von Le Corbusier zu sehen, z. B. Maison La Roche (2007, 2014), Cité Frugès (2018), Villa Savoye (2019), Unités d'habitation de Marseille und Briey-en-Forêt (2022). Im Jahr 2024 bietet der Pavillon Le Corbusier in Zürich eine weitere Gelegenheit für eine bemerkenswerte Begegnung zwischen dem Architekten und seinem Fotografen.

Der Pavillon Le Corbusier wird seit seiner Eröffnung 1967 als Ausstellungsort betrieben, um das Werk und die Ideen Le Corbusiers einem breiten Publikum zu vermitteln. Auf rund 600 Quadratmetern und über vier Geschosse hinweg bietet der Pavillon vielfältige Ein- und Ausblicke. Seit 2019 wird der Pavillon durch das Museum für Gestaltung Zürich im Auftrag der Stadt Zürich als öffentliches Museum geführt.

Laufzeit: 3. Mai – 24. November 2024

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 12–18 Uhr, Donnerstag 12–20 Uhr, Öffnungszeiten an Feiertagen: pavillon-le-corbusier.ch/feiertage

Ort: Pavillon Le Corbusier, Höschgasse 8, 8008 Zürich

Kuratorium + Szenografie: Imola Gebauer, Kunsthistorikerin und Simon Marius Zehnder, Leiter Pavillon Le Corbusier

Publikation: Lucien Hervé: Gebautes Licht. Museum für Gestaltung Zürich (Hg.) / Imola Gebauer, Simon Marius Zehnder. Erhältlich in den Museumsshops und im eShop: eshop.museum-gestaltung.ch (CHF 10)

Veranstaltungen: pavillon-le-corbusier.ch

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