Pritzker Preis

Pritzker Preis 2025 geht an Liu Jiakun

Der Chinese Liu Jiakun ist der 54. Pritzker Preisträger seit seiner ersten Verleihung 1979 an Philip Johnson

In tatsächlich jedem Jahr seit 1979 wurde der Pritzker Preis vergeben. Mit 100.000 US Dollar dotiert, gilt die Auszeichnung als der Nobelpreis für Architektinnen. Im vergangenen Jahr ging er an den Japaner Riken Yamamoto, dessen vielgestaltiges Werk in Europa eher unbekannt ist. Die bisherigen deutschen Preisträger sind der Architekt Gottfried Böhm (1986) und der Architekt und "Gestaltsucher", wie er sich selbst gerne nannte, Frei Otto (2015, posthum). Nun also wieder eine Auszeichnung in den Osten (von hier aus gesehen) nach China, wohin wir Glückwünsche senden!

Liu Jiakun mit Pritzker Preis 2025 ausgezeichnet
Foto: The Hyatt Foundation/The Pritzker Architecture Prize

Liu Jiakun mit Pritzker Preis 2025 ausgezeichnet
Foto: The Hyatt Foundation/The Pritzker Architecture Prize
Die Pritzker-Hyatt Foundation mit Sitz in Chicago/USA gab heute bekannt, dass der 54. Architekturpreis an den Chinesen Liu Jiakun geht. Der Architekt lebt und arbeitet in Chengdu, Volksrepublik China. Der Pritzker-Architekturpreis gilt international als höchste Auszeichnung in der Architektur. „Architektur sollte etwas offenbaren – sie sollte die inhärenten Qualitäten der Menschen vor Ort abstrahieren, destillieren und sichtbar machen. Sie hat die Kraft, menschliches Verhalten zu formen und Atmosphären zu schaffen, ein Gefühl von Gelassenheit und Poesie zu vermitteln, Mitgefühl und Barmherzigkeit hervorzurufen und ein Gefühl der gemeinsamen Gemeinschaft zu kultivieren“, so Liu in einem aktuellen Statement. Durch die Verflechtung scheinbarer Antipoden wie Utopie versus Alltag, Historie versus Moderne oder Kollektivismus versus Individualität bietet Liu eine bejahende Architektur, die das Leben der einfachen Bürger zelebriert und die transzendente Kraft der gebauten Umwelt durch die Harmonisierung kultureller, historischer, emotionaler und sozialer Dimensionen bewahrt, so die Foundation. Er nutzt Architektur, um Gemeinschaft zu schaffen, Mitgefühl zu wecken und den menschlichen Geist auf ein höheres Niveau zu heben.

Pritzker Preis-Medaille aus Bronze (Vorderseite mit Motiven aus Arbeiten Louis Sullivans und die Rückseite mit den drei Vitruvschen Tugenden)
Foto: Hyatt Foundation

Pritzker Preis-Medaille aus Bronze (Vorderseite mit Motiven aus Arbeiten Louis Sullivans und die Rückseite mit den drei Vitruvschen Tugenden)
Foto: Hyatt Foundation

Er hätte seine Karriere als Architekt fast aufgegeben, als er 1993 die Architektur-Einzelausstellung von Tang Hua, einem ehemaligen Studienkollegen von der Universität, im Shanghai Art Museum besuchte. Der starke Eindruck, den das Werk von Tang Hua auf ihn machte, entfachte aufs Neue seine Leidenschaft für den Beruf und weckte eine neue Denkweise, dass auch er von der vorgeschriebenen gesellschaftlichen Ästhetik abweichen konnte. Er betrachtet diese transformative Erkenntnis – dass die gebaute Umwelt als Medium für den persönlichen Ausdruck dienen könnte – als den Moment, in dem seine Architekturkarriere erst wirklich begann. Und im intellektuellen Austausch mit Zeitgenossen, darunter die Künstler Luo Zhongli und He Duoling sowie der Dichter Zhai Yongming, mit denen er u. a. über den Zweck und die Kraft der Architektur debattierte.

Hu Huishan Memorial
Foto: Jiakun Architects

Hu Huishan Memorial
Foto: Jiakun Architects

Shuijingfang Museum
Foto: Arch-Exist

Shuijingfang Museum
Foto: Arch-Exist

In vier Jahrzehnten hat Liu zusammen mit seinem Team mehr als dreißig Projekte gebaut, vorallem in China. Das Spektrum der Bauaufgaben reicht von akademischen und kulturellen Einrichtungen bis hin zu öffentlichen Räumen, Gewerbegebäuden und Stadtplanung und wurde für die Gestaltung des ersten Serpentine Pavilion Beijing (2018) ausgewählt.

Songyang Culture Neighborhood
Foto: Arch-Exist

Songyang Culture Neighborhood
Foto: Arch-Exist

"Das Schreiben von Romanen und das Praktizieren von Architektur sind unterschiedliche Kunstformen, und ich habe nicht bewusst versucht, beides zu kombinieren. Allerdings besteht, vielleicht aufgrund meines doppelten Hintergrunds, in meiner Arbeit eine inhärente Verbindung zwischen ihnen – etwa der erzählerischen Qualität und dem Streben nach Poesie in meinen Entwürfen.“ Zu seinen schriftlichen Werken gehören "The Conception of Brightmoon" (Times Literature and Art Publishing House, 2014), das den Konflikt zwischen Utopien und menschlichem Leben untersucht, "Narrative Discourse and Low-Tech Strategy" (China Architecture & Building Press, 1997), "Now and Here" (China Architecture & Building Press, 2002) und "I Built in West China?" (Today Editorial Department, 2009).

Suzhou Museum of Imperial Kiln Brick
Foto: Arch-Exist

Suzhou Museum of Imperial Kiln Brick
Foto: Arch-Exist

Suzhou Museum of Imperial Kiln Brick
Foto: Jiakun Architects

Suzhou Museum of Imperial Kiln Brick
Foto: Jiakun Architects

Derzeit hat er eine Gastprofessur an der School of Architecture Central Academy of Fine Arts in Peking, China, innen, zuvor hatte er zahlreiche Lectures an der Cité de l’architecture et du patrimoine, Paris, dem Massachusetts Institute of Technology, Cambridge, Massachusetts, der Royal Academy of Arts, London) und weiteren führenden Institutionen in China gehalten.

The Renovation of Tianbao Cave District of erlang town 2021
Foto: Arch-Exist

The Renovation of Tianbao Cave District of erlang town 2021
Foto: Arch-Exist

West Village
Foto: Jiakun Architects

West Village
Foto: Jiakun Architects

Zu den Auszeichnungen gehörten der Far Eastern Architectural Design, Outstanding Award (2007 und 2017); ASC Grand Architectural Creation Award (2009); Architectural Record China Awards (2010); WA Awards für chinesische Architektur (2016); Bauen mit der Natur, Architecture China Award (2020); Sanlian Lifeweek City for Humanity Awards für öffentliche Beiträge (2020); und UNESCO Asia-Pacific Awards für die Erhaltung des kulturellen Erbes, neues Design im Kontext des Kulturerbes (2021). Liu praktiziert und lebt weiterhin in Chengdu, China, und stellt hier in unbebrochener Kontinuität in seinen Werken den Alltag seiner Mitbürger in den Vordergrund.

Jiakun Architects

Pritzker Preis

Jury

Die genaue Anzahl der Jurymitglieder variiert zwischen sieben und neun Personen, der Auswahlprozess wird vom Organisationskomitee des Pritzker Preises festgelegt.
Derzeit sitzen in der Jury: 
- Manuela Lucá-Dazio, Vorsitzende des Pritzker Architekturpreises (ohne Stimmrecht),
- Alejandro Aravena, Pritzker Preisträger 2016 sowie Gründer und Geschäftsführer von ELEMENTAL, Santiago/Chile, Jury-Vorsitz
- Hashim Sarkis, Architekt und Lehrender, Dean der School of Architecture and Planning, Massachusetts Institute of Technology/USA und Gründer von Hashim Sarkis Studios, Boston, Massachusetts, sowie Beirut, Libanon
- Barry Bergdoll, Professor für Kunstgeschichte und Archäologie an der Columbia University und ehemaliger Chefkurator für Architektur und Design am Museum of Modern Art, New York
- Deborah Berke, Architektin, Pädagogin und Dekanin der Yale School of Architecture
- Stephen Breyer, ehemaliger Richter am U.S. Supreme Court und seit 2011 Mitglied der Jury (Vorsitzender 2019 bis 2020)
- André Aranha Corrêa do Lago, Sekretär für Klima, Energie und Umwelt im Außenministerium der brasilianischen Regierung, Architekturkritiker und Kurator des brasilianischen Pavillons auf der Architekturbiennale in Venedig (2014)
- Kazuyo Sejima, Architektin, Mitgründerin von SANAA (Sejima and Nishizawa and Associates) und mit Nishisawa Pritzker Preisträgerin (2010) sowie, last but not least
- Anne Lacaton, mit Jean-Philippe Vassal Gründerin von Lacaton & Vassal, ebenfalls Pritzker Preisträgerin (2021)

Liste Pritzkerpreisträgerinnen seit Anfang (1979), hier chronologisch absteigend:

2024: Riken Yamamoto (Japan)
2023: Sir David Alan Chipperfield (England)
2022: Francis Kéré (Burkina Faso)
2021: Anne Lacaton & Jean-Philippe Vassal (Frankreich)
2020: Yvonne Farrell (Irland) und Shelley McNamara (Irland)
2019: Arata Isozaki (Japan)
2018: Balkrishna Doshi (Indien)
2017: Rafael Aranda (Spanien), Carme Pigem (Spanien) und Ramon Vilalta (Spanien)
2016: Alejandro Aravena (Chile)
2015: Frei Otto (Deutschland) (posthum) und Alejandro Aravena (Chile)
2014: Shigeru Ban (Japan)
2013: Toyo Ito (Japan)
2012: Wang Shu (China)
2011: Eduardo Souto de Moura (Portugal)
2010: Kazuyo Sejima (Japan) und Ryue Nishizawa (Japan)
2009: Peter Zumthor (Schweiz)
2008: Jean Nouvel (Frankreich)
2007: Richard Rogers (Vereinigtes Königreich)
2006: Paulo Mendes da Rocha (Brasilien)
2005: Thom Mayne (USA)
2004: Zaha Hadid (Großbritannien)
2003: Jørn Utzon (Dänemark)
2002: Glenn Murcutt (Australien)
2001: Jacques Herzog (Schweiz) und Pierre de Meuron (Schweiz)
2000: Rem Koolhaas (Niederlande)
1999: Norman Foster (Vereinigtes Königreich)
1998: Renzo Piano (Italien)
1997: Sverre Fehn (Norwegen)
1996: Rafael Moneo (Spanien)
1995: Tadao Ando (Japan)
1994: Christian de Portzamparc (Frankreich)
1993: Fumihiko Maki (Japan)
1992: Álvaro Siza (Portugal)
1991: Robert Venturi (USA)
1990: Aldo Rossi (Italien)
1989: Frank Gehry (USA)
1988: Oscar Niemeyer (Brasilien) & Gordon Bunshaft (USA)
1987: Kenzo Tange (Japan)
1986: Gottfried Böhm (Deutschland)
1985: Hans Hollein (Österreich)
1984: Richard Meier (USA)
1983: Ieoh Ming Pei (USA)
1982: Kevin Roche (Irland)
1981: James Stirling (Vereinigtes Königreich)
1980: Luis Barragán (Mexiko)
1979: Philip Johnson (USA) und John Burgee (USA)

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