Bildung braucht Raum – und zwar den richtigen

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Sebastian Jehle studierte in London und Stuttgart und schloss sein Diplom 1992 an der Universität Stuttgart ab. 1988–1989 sammelte er erste Praxiserfahrungen im Büro Behnisch & Partner und arbeitete 1992 als freier Mitarbeiter im Büro Prof. Dieter Herrmann und Knut Lohrer. Anschließend gründete er 1993 in Partnerschaft mit Rainer Hascher das gemeinsame Büro HASCHER JEHLE Architektur. Seit 2004 ist er Professor für Baukonstruktion und Entwerfen an der HFT Stuttgart.
Fleur Keller studierte an der Technischen Hochschule Graz und der Universität Stuttgart, wo sie 1997 diplomierte. Nach einer Mitarbeit bei Auer Weber Stuttgart trat sie 2001 in das Büro HASCHER JEHLE Architektur ein. Als Gründungsmitglied der DGNB Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen e. V. war sie 2009–2016 Mitglied des Fachausschuss der DGNB und ist weiterhin als DGNB-Auditorin tätig. 2006 wurde sie bei HASCHER JEHLE Architektur Assoziierte und leitete den Wettbewerbsbereich. Seit 2022 ist sie Prokuristin und seit 2024 Geschäftsführerin.
www.hascherjehle.de
Foto: Frank Wölffing

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Sebastian Jehle studierte in London und Stuttgart und schloss sein Diplom 1992 an der Universität Stuttgart ab. 1988–1989 sammelte er erste Praxiserfahrungen im Büro Behnisch & Partner und arbeitete 1992 als freier Mitarbeiter im Büro Prof. Dieter Herrmann und Knut Lohrer. Anschließend gründete er 1993 in Partnerschaft mit Rainer Hascher das gemeinsame Büro HASCHER JEHLE Architektur. Seit 2004 ist er Professor für Baukonstruktion und Entwerfen an der HFT Stuttgart.
Fleur Keller studierte an der Technischen Hochschule Graz und der Universität Stuttgart, wo sie 1997 diplomierte. Nach einer Mitarbeit bei Auer Weber Stuttgart trat sie 2001 in das Büro HASCHER JEHLE Architektur ein. Als Gründungsmitglied der DGNB Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen e. V. war sie 2009–2016 Mitglied des Fachausschuss der DGNB und ist weiterhin als DGNB-Auditorin tätig. 2006 wurde sie bei HASCHER JEHLE Architektur Assoziierte und leitete den Wettbewerbsbereich. Seit 2022 ist sie Prokuristin und seit 2024 Geschäftsführerin.
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Foto: Frank Wölffing

Bildung ist der Schlüssel zu einer guten Zukunft, für jeden Einzelnen und für die Gesellschaft. Und Bildung braucht Raum. Dabei geht es längst nicht mehr nur um funktionale Gebäude, sondern um Orte, die neue Formen des Lernens und Zusammenlebens ermöglichen. Angestoßen durch reformierte pädagogische Konzepte hat in den letzten Jahrzehnten ein Umdenken im Schulbetrieb stattgefunden. Der Ort Schule wurde neu definiert. Schulen waren nie reine Wissensvermittlungsstätten, aber die architektonische Prägung trug vor allem dieser Funktion Rechnung. Heute muss Architektur mehr als je zuvor Orte schaffen, an denen selbstständiges Lernen, eigenverantwortliches Handeln und soziale Kompetenzen gefördert werden. Orte, die nicht zu 100 % determiniert sind, sondern die Räume zur individuellen Aneignung anbieten.

Kommunikation und Offenheit prägen die neuen didaktischen Ansätze und spiegeln sich in der Architektur wider – so etwa beim von uns geplanten Neuen Gymnasium Bochum. Hier bildet eine mehrgeschossige, zentrale Halle das Herzstück der Schule. Rund um diesen wandelbaren Zentralraum gruppieren sich Aula, Mensa und Café und im Obergeschoss Selbstlernbereiche, Unterrichts- und Lehrerräume – alle begegnen sich hier. Die flexible Gestaltung fördert dabei die Aneignung des Raums durch die Gemeinschaft und stärkt die Identifikation der Schülerschaft mit ihrer Schule. Gleichzeitig hat sich die Halle zu einem beliebten Veranstaltungsort für den Stadtteil Wiemelhausen entwickelt und bietet der Kommune einen Mehrwert. Schüler-, Lehrer-, Elternschaft – das Gymnasium fand sehr schnell Akzeptanz bei allen Beteiligten und zeigt, wie architektonische Offenheit neue Synergien schaffen kann.

Es zeigt sich: Bildungseinrichtungen können weit über ihre primäre Funktion hinauswirken. Es geht darum, ganze Quartiere und Nachbarschaften partizipativ einzubeziehen und zu aktivieren. Offenheit – sowohl architektonisch als auch konzeptionell – schafft neue Gemeinschaften, stärkt die Zusammenarbeit und hilft, unnötige Doppelstrukturen abzubauen.

Ein weiteres Beispiel für diese Entwicklung ist das in diesem Heft detailliert vorgestellte Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium in München-Bogenhausen, dessen Schulgelände sich bewusst dem Quartier öffnet. Die Freianlagen schaffen einen Begegnungsort, der weit über den Schulalltag hinausgeht. Auch außerhalb der Schulzeiten wird das Gelände genutzt, was das Quartier und die Schule als Stadtteilzentrum zusätzlich stärkt. Die offene Gestaltung des Areals setzt auf Vertrauen und Respekt im Umgang mit den Räumen und zeigt, wie Freiräume das schulische Angebot und die Nachbarschaft verbinden und stärken können.

Beim Bildungscampus Gallus in Frankfurt wird das Konzept einer vernetzten Bildungslandschaft konsequent weitergedacht. Acht Bildungsbausteine werden zu einem Campus verbunden, der Funktionen kombiniert, Flächen und Räume gemeinsam nutzt und so die Zusammenarbeit zwischen den Akteuren fördert. Gleichzeitig öffnen sich die Flächen zu den angrenzenden Quartieren und schaffen eine räumliche und inhaltliche Verzahnung. Die amorph geformten Neubauten gliedern die fließenden Freiräume und definieren Wege, Plätze und Aufweitungen. Der Campus dienst als offene Bildungs- und Stadtlandschaft, die das Lernen und Leben im Quartier bereichert.

Stadtlandschaften dieser Komplexität zu entwickeln, erfordern den Willen und das Mitwirken vieler Beteiligter. Über das Gewohnte hinaus zu denken und neuen Ideen Raum zu geben ist notwendig, um den Herausforderungen einer Gesellschaft im Wandel Angebote gegenüberzustellen. Wirken Pädagogik, Architektur und Stadtplanung in dieser Weise zusammen, dann sind solche Projekte wichtige Impulsgeber für das Quartier und das gesellschaftliche Zusammenleben, weit über Alters- und Bildungsgrenzen hinweg. Bildung ist der Kitt, der eine diverse Gesellschaft zusammenhält. Daher ist es wichtig, ihr den richtigen Raum zu geben und den sozialen Zusammenhalt vor Ort zu stärken.

Fleur Keller und Sebastian Jehle
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