„Am Tacheles“ mit Grundsteinlegung
Grundsteinlegung am Tacheles, Donnerstagmittag, 19. September 2019. Prominenz war am Baufeld anwesend, auch Politprominenz. Auf Architektenseite war anwesend der Gründungspartner von Herzog & de Meuron, Pierre de Meuron. Der sprach davon, dass sich „die Stadt […] künftig nach innen entwickeln“ werde. Und, vielleicht mit Blick auf die Skeptiker in der Presse: „Stetiger Wandel gehört zu Berlin.“ Was wohl erklären soll, dass das ständige Bauen auf Berliner Grund nun mal eine Art von Naturgesetz ist.
Schaut man in die Vorgeschichte des Projekts „Am Tacheles“, für das die Schweizer 2014 mit ihrem Masterplan Stadt und Bauherrn überzeugen konnten, ist das Naturgesetzliche vielleicht nicht ganz so. Es geht, wie immer beim Bauen in diesem Maßstab, ums liebe Geld. Berlin hatte vor gut zwanzig Jahren das Haus („Tacheles“) und die Brache drum herum für rund 2,8 Mio. DM an die Fundus-Gruppe von Anno August Jagdfeld verkauft; mancher sagte damals schon „verschenkt“. Der Investor konnte mit dem Objekt nichts anfangen oder besser: Er wartete ab. Und verkaufte an die New Yorker Perella Weinberg Real Estate für 150 Mio. €. Das geplante und für 2023 zur Fertigstellung avisierte Mix-use-Projekt steht für ein Invest von rund 0,7 Mrd. € – nicht schlecht, wenn man auf den ersten Verkaufserlös schaut, den die Stadt Ende des letzten Jahrtausends zur Sanierung der Stadtkassen eingestrichen hat.
Ein Stück Stadt wollen Herzog & de Meuron in den Winkel zwischen Oranienburger und Friedrichstraße realisieren, also hochwertigen Wohnungsbau, Büro und Verkauf. Das ganze Programm entwickeln sie entlang einer Passage, die der historischen Friedrichstraßenpassage (eröffnet 1909) folgt. Das noch ürsprüngliche, bereits teilabgerissene Eingangsgebäude an der Oranienburger Straße, das vor seinem Abriss nach der Öffnung der Mauer besetzt und „Tacheles“ getauft wurde, soll nach B-Plan für kulturelle Nutzung erhalten bleiben. Das Zugeständnis an die kreative Szene, die sich dort ihren Platz erkämpft hat, wirkt allerdings ein wenig unehrlich, wenn, wie jetzt bekannt wurde, dort das Stockholmer „Fotografiska“-Museum einziehen soll, eine Institution, in der teure Großformatfotografie gezeigt und im Museumsshop im Buchformat vermarktet wird. Der Eintritt in Stockholm kostet 15 €.
Grün soll es nach Architektenauskunft am Tacheles aber auch werden, „wieder werden“ sollte man wohl schreiben, denn der „lost space“, mit dem die Schweizer so gerne arbeiten, war vor dem Bodenaushub ein wildgrüner Stadtraum. Begrünte Dächer und 150 neu zu pflanzenden Bäume sollen es richten, 150 Bäume, 150 Mio. € … Wenn das mal keine Koinzidenz ist! Be. K.