Argumente für die Masse

Dass mit der Diskussion der Studien des Club of Rome, die unter dem Titel „Limits of Growth“ Anfang der 1970er-Jahre ein Ende des als grenzenlos verstandenen Wirtschaftswachstums forderten, das Ende des Massenwohnungsbaus einherging, kann man so sehen. Möglicherweise aber ist das, was der Autor der hier vorliegenden, umfangreichen Untersuchung zum Massenwohnungsbau in West- und Ostberlin feststellt, nur der Hintergrund dessen gewesen, was bereits in dem Jahrzehnt zuvor heftig diskutiert wurde: Sind die Siedlungen der 1950er- und 1960er-Jahre noch zeitgemäß?

In jedem Fall: Die Untersuchung kommt zur rechten Zeit. Einer Zeit, in der Wohnraummangel beklagt wird und in teils abstrusen Hauruck-Maßnahmen beseitigt werden soll. Der Autor nimmt sich mit den Großprojekten Märkisches Viertel (1963–1976) und Marzahn (1977–1990) zwei Schwergewichte vor, in deren Baugeschichte er tief eintaucht. Vielleicht strengt die dichte Untersuchung auch an, doch sie ist in jedem Fall für alle die von Nutzen, die für die Wiederaufnahme des allerdings veränderten Massenwohnungsbau bisher auch aus dem Bauch plädierten. Planer, Investoren, Stadtbaudirektoren: lesen! Be. K.

Jascha Philipp Braun, Großsiedlungsbau im geteilten Berlin. Das Märkische Viertel und Marzahn als Beispiele des spätmodernen Städtebaus. Gebr. Mann Verlag, Berlin 2019, 456 S.,
39 Farb- u. 290 sw-Abb.,69 €, ISBN 978-3-7861-2803-8
x

Thematisch passende Artikel:

Professorin Messari-Becker in den Club of Rome aufgenommen

Professorin Dr. Lamia Messari-Becker von der Universität Siegen wurde in den Club of Rome aufgenommen. Die DBZ gratuliert zu dieser Berufung in den Kreis namhafter Wissenschaftler und ehemaliger...

mehr
Ausgabe 10/2023

Perspektivwechsel

Der Titel des Buches verheißt Düsteres: „Moderne Architektur: Eine Geschichte der planetaren Erwärmung“. Doch der Eindruck täuscht. Ja, es geht um den Klimawandel und welche Rolle die...

mehr
Ausgabe 12/2021

Durchaus polemisch

Was würden wir bloß ohne Streitschriften, ohne Polemiken, ohne Texte machen, die ein „J’accuse“ sind?! Von Émile Zola über Adolf Loos, Günther Moewes bis zu Daniel Fuhrhop mit seinem...

mehr
Ausgabe 03/2023

Krankenhausplanung im Fight-Club

Mehr als zehn Jahre lang trafen sich die damals noch getrennten Teams von Sue und Franz einmal im Monat spätabends mit anderen Architekturbüros unserer Generation und diskutierten unsere Arbeiten,...

mehr
Ausgabe 05/2023

Kreisläufe und Nachhaltigkeit. Begriffsklärungsversuche

Wer lesen kann, sei schwer im Vorteil, wird immer behauptet. Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit, denn wer lesen kann, muss das nicht zwangsläufig auch machen. Wer also lesen kann und nicht...

mehr